Mit der ersten Tochter ihres Vaters hatte Elvira, besonders nach seinem Tod, ziemlich regen Briefwechsel. Da Ilse direkt im Grenzgebiet wohnte, durfte man jahrelang nicht in die 500 Meter-Grenzzone. Mit den allgemeinen Reiseerleichterungen wurden auch diese Bestimmungen gelockert. Ilse lud nun ihre Halbschwester und deren Mann zu sich ein. Es gab nur ein Problem, die erste Frau von Alfred Schrader, Annemarie, lebte noch und wollte niemanden von dieser „Sippschaft“ sehen. „Wenn D i e kommen, nehme ich mir das Leben“ hatte die alte Frau gedroht. Doch Ilse setzte sich durch.

Nun standen Elvira und Helmut, an den Wachtposten gut vorbeigekommen, vor dem stillgelegten Bahnhof, in dem die ihr völlig unbekannte Halbschwester mit ihrer Familie seit deren Rauswurf aus Schlesien lebten. Sie klingelten und trauten ihren Augen nicht, da kam Ilse wie ein Abbild des gemeinsamen Vaters mit ihrem Mann und den inzwischen erwachsenen Kindern heraus. Helmut und Elvira waren gefangen von dieser verblüffenden Ähnlichkeit. Sie wurden freundlichst aufgenommen und bewirtet und nach einer gewissen Zeit überzeugte sich Annemarie von weitem, dass Elvira ihrem Vater auch ja nicht ähnlich sähe. Beruhigt setzte sie sich zu der lustig plaudernden Gesellschaft. Es gab natürlich viel Gesprächsstoff und beim Abschied wurde ein Wiedersehen zu Helmuts 50. Geburtstag im Mai 1989 in Dresden vereinbart.

Bis dahin Zeit überstürzten sich die familiären Ereignisse der Schefflers. Jörg und Martina kamen aus dem Urlaub zurück und verkündeten, dass sie noch im Herbst heiraten wollten und dass sie dann den Ausreiseantrag auf alle drei erweitern würden.

Nun hatten die Schefflers wieder zwei glückliche Söhne. Die Sache mit der Ausreise nahmen sie noch gar nicht ernst. So etwas dauerte, wenn es überhaupt dazu käme.