kläglicher Versuch
Nachdem ich mich ein paar Tage später wieder erholt hatte, begann auch schon die Klausurphase. Die meiste Zeit verbrachte ich an meinem Schreibtisch, doch von aktivem lernen konnte nicht wirklich die rede sein. Wir alle kennen das: man nimmt sich vor, zu lernen, doch fallen einem vorerst 100 andere Dinge ein, welche man noch zu erledigen hat. Unter anderem chatten selbstverständlich.
So lernte ich eines Abends Mike kennen, einen Medizinstudenten aus Mainz. Wie sollte es anders sein? Es kam, wie es kommen musste: Man tauschte Telefonnummern aus, war sich sympathisch, traf sich, hatte Sex und noch ehe man sich versah, steckte MANN in den Startlöchern einer Beziehung. Nicht, dass mir das was ausgemacht hat. Im Gegenteil, ich hatte Mike wirklich gerne. Wir konnten zusammen lachen, und surften in fast allen Punkten auf der gleichen Welle.
Wie sich jedoch ein paar Wochen später herausstellen sollte, hatte Mike ein winziges Problem mit Ehrlichkeit und ich hab ihn abserviert. So ist das halt. Sobald man denkt, alles könnte nicht besser laufen, verpasst das Leben dir einen gewaltigen tritt in die Seite.
Wieder einmal fiel mir ein interessantes Phänomen auf. In der einen Sekunde war ich am Boden zerstört wegen der grossen, bitteren Enttäuschung, doch in der nächsten schaltete sich prompt ein Gefühl ein, als wäre mir eine riesige Last vom Herzen genommen worden. Ich fragte mich, ob ich mir eingeredet haben könnte, Mike sei der richtige, oder aber war dieses Gefühl einfacher Selbstschutz gegen den Frontalangriff auf mein Ego?
Die Wochen darauf wurde ich mit einer Entschuldigungs-sms nach der anderen bombardiert, doch an meinem Entschluss änderte sich nichts. Sicher fiel es mir schwer, doch ich hätte uns beiden keinen Gefallen getan, wenn ich mich erneut auf diese Sache eingelassen hätte. Möglicherweise denke ich da etwas zu radikal, allerdings sehe ich keinen Sinn in einer Fernbeziehung mit gebrochenem Vertrauen. Sowas kann einfach nicht funktionieren.
Mittlerweile hatten die Semesterferien begonnen. Endlich raus aus allem. Abschalten, die Seele baumeln lassen, die Familie besuchen, alte Freunde wieder treffen und selbstverständlich auch jede Menge feiern.

Wie üblich lernt man bei diesen Gelegenheiten jede menge neue interessante Menschen und vor allem Menschen des männlichen Geschlechts kennen, ich hätte jedoch nicht erwartet, dass sich einer von denen als mein Professor erweisen würde. Die schwule Welt ist eben sehr klein
Ansonsten blieben die Semesterferien wirklich entspannt und es entwickelte sich nichts spektakuläres. Ich hätte mir auch wirklich gewünscht, dass alles so bleiben würde, doch 2 Wochen vor dem eigentlichen Semesterbeginn startete mein Wahlfach und ich durfte meine Gedanken schon wieder um medizinische Wunder kreisen lassen. Zum glück hab ich diese schnarchlangweilige zeit hinter mich bringen können und starte jetzt voller Erwartungen auf neue Ereignisse in das kommende Semester.