Flügelkämpfe

Das Coming-Out mag für viele ein Freibrief sein, sich jetzt endlich die lang ersehnte Gucci-Handtasche kaufen zu können, um sie in der Öffentlichkeit zu tragen. Für mich bedeutete es, nie mehr lügen zu müssen. Wir kennen das doch alle. Diese kleinen Notlügen, wohin man fährt, was man gemacht bzw. nicht gemacht hat, wen man kennengelernt hat und vor allem wie viele „Frauen“ man kennen gelernt hat. Ähnliche Notlügen werden auch wohl verheiratete Ehepaare benutzen, wenn sie einander betrügen. Es ist nicht schwer, eine solch kleine Notlüge glaubhaft rüberzubringen, solange man nicht allzu viele Details erwähnt. Die Folge davon: ohne es zu merken wendet man seiner eigenen Familie und seinen eigenen Freunden den Rücken zu und lässt sie nicht mehr an seinem Leben teilhaben.
Zum Glück war und ist damit jetzt Schluss. Ehrlichkeit ist immer noch die beste Lösung. Allerdings nicht in allen Bereichen, wie ich feststellen musste, denn vielen Leuten scheint es lieber zu sein, eine Lüge zu hören, als sich mit der Wahrheit auseinanderzusetzen. Frauen zum bespiel: Wenn sie schön sind, dann wollen sie hören, sie seien klug. Wenn sie klug sind, dann wollen sie hören, sie seien schön.
Aber auch Männer können sich oftmals nicht mit der Wahrheit abfinden. Nehmen wir als Beispiel hierfür sexuell Zwielichtige Männer, von denen es besonders im WWW so viele gibt, wie Sand am Meer. Wir leben im 21ten Jahrhundert, dem Jahrhundert der sexuellen Revolution. Über alles kann heutzutage der Mantel der Bisexualität oder besser noch der Metrosexualität gelegt werden.
Feine Ausdrücke, die es einem Mann einerseits gestatten, seiner sexuellen Orientierung nachzugehen, ohne dass er sich andererseits mit der vollständigen Wahrheit auseinandersetzen muss. Ich enttäusche euch nur ungern Männers, aber in 80% der Fälle bedeutet Bisexualität nix anderes als: „Ich habe gerade herausgefunden, dass ich schwul bin, darf es aber noch nicht so nennen!“
Möglicherweise liegt es daran, dass es heißt, in der Liebe geht es darum Kompromisse zu schließen. Darum bringen sich alle in kompromittierende Situationen und nennen es dann „Erfahrungen sammeln“. Was auch immer dahinterstecken mag, ich glaube, dass man es erst herausfindet, wenn man sich selbst gefunden hat.

Doch was genau bedeutet Erfahrungen sammeln? Bedeutet es, herauszufinden, mit wie viel verschieden Partnern man in 24 Stunden Sex haben kann? Bedeutet es, seine Reize genau zu kennen, und sie auszuspielen? Bedeutet es, seine Reize auszuspielen, um etwas, dass man will, zu erreichen?
Ich für meinen Teil weiß nicht, ob mir alle Erfahrungen, die ich mache, mal etwas bringen werden, aber ich weiß, dass ich es irgendwann herausfinde.