New day
Ich schaue mir den Film Wimbledon an und auch wenn der Film irgendwie vollkommen typisch für einen Liebesfilm ist, so geht er mir dennoch unter die Haut. Mehr als andere desselben Genres. Vielleicht ist es die Kombination mit dem Sport, vielleicht ist es die absolut geniale Kameraführung, die einen quasi dazu zwingt sich in die Personen hineinzuversetzen. Und vielleicht ist es die Intensität der Liebe, die einem so unter die Haut geht. Als ich mich nach dem Film für die Party umziehe, weiß ich, dass ich Manuel heute wieder sehen werde. Ich bin mir so sicher!
Ich gehe auf die Party, ich unterhalte mich und stelle einmal mehr fest, dass ich mich in dem alten Kreis meiner Freunde nicht mehr so zurecht finde, wie vielleicht früher einmal. Ich nicke Chris zu und blicke ihm kein einziges Mal hinterher und realisiere, dass ich ihn einmal mehr hinter mir gelassen habe. Ich grüße Michi, meinen Hot-Spot Meister und stelle fest, dass mir seine Blicke heute nicht unter die Haut gehen. Der Teil in mir, der sich immer gefreut hat ihn zu sehen, ist seltsam stumm. So wende ich mich ab und unterhalte mich mit anderen Schulkameraden, die ich schon allzu lange nicht mehr gesehen habe. Irgendwann sehe ich dann Manuel das erste Mal und lange nachdem ich ihn bemerkt habe, sage ich kurz "Hallo" und auch nur, weil ich quasi in ihn hineingelafuen war. Es ist ein komisches Gefühl ihn wieder zu sehen, aber da ist kein Schmerz und kein Bedauern und auch keine Freude. Er ist ein Kapitel meiner Vergangenheit, unerfreulich und einfach vorbei!
Andi ist betrunken und ohne seine Freundin da, wir unterhalten uns, sitzen gemeinsam auf einem Stuhl. Er wärmt mich.
"Woa, meine Freundin wird sich bestimmt wieder voll aufregen, wenn ich ihr erzähle, dass ich dich gewärmt habe."
"Warum erzählst du es ihr dann?"
"Weil ich ihr immer alles erzähle!"
Ich kann darüber nur den Kopf schütteln. Versteht mich nicht falsch, ich bin ein ehrlicher Mensch und ich bin auch für Offenheit in einer Beziehung, aber die Sache gestern war harmloser als harmlos und so vollkommen irrelevant. Man könnte jetzt natürlich argumentieren, dass er ihr die Sache dann ja wohl auch erzählen kann, wenn sie denn so harmlos war. Ich bin eher der Meinung, dass die Sache einfach so belanglos war, dass ich sie niemals jemanden erzählen würde, vor allem nicht jemanden von dem ich weiß, dass er sich darüber aufregt. Und sie wird sich darüber aufregen, denn schließlich bin ich die böse Ex.
Aber ganz egal, soll er doch tun und lassen was er will!
Andi ist mir vielleicht nicht gleichgültig, er wird es vielleicht niemals sein, aber auch das mit Andi ist Vergangenheit. Es gab da diesen verrückten einen Moment, als er seine Hände auf meine Schultern gelegt hatte und wir uns direkt in die Augen geschaut haben. Ein Moment der Stille, der Erregung, der Liebe, ein Moment der Erinnerung und das ist es dann auch wieder. Andi ist Vergangenheit, wir sind ein längst übermaltes Bild, schon lange nicht mehr Realität.
Ich verabschiede mich früh, nicht nur weil ich am nächsten Tag arbeiten muss, sondern vor allem, weil ich genug habe. Ich habe mit meinen alten Kameraden gesprochen und festgestellt, dass ich über alle meine Männer hinweg bin. Ich habe festgestellt, dass es auf der Party niemanden mehr gibt, der mich interessiert, mit dem ich mich weiter unterhalten möchte und so bin ich nach Hause gefahren.
Und jetzt bin ich wirklich alleine, alleine, weil es in meiner Umgebung keine Männer mehr gibt, an welche ich Gedanken verschwenden könnte. Und auch wenn das jetzt ein bisschen traurig klingt, ich finde es wahnsinnig gut Denn vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben, habe ich keinen Liebeskummer, vergehe mich nicht in sehnsüchtigen Gedanken und habe keinen Typen im Hinterkopf mit dem ich mir einen gemeinsame Zukunft ausmale oder nur unseren ersten, zweiten, dritten Kuss. Zum ersten Mal in meinem Leben sind meine Gedanken frei von allen Männern und zum ersten Mal seit Jahren, seit den Anfängen in meiner Beziehung mit Chris, blicke ich nach vorne ohne Ballast aus der Vergangenheit.