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Tuesday, 16. April 2024
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Tagebuch Heinz_Welk
 1944-10-10 hh:mm
Stuttgart
Du darfst ruhig weinen Herz, wenn dieser Name an dich dringt. Stuttgart hat verblüht. Wie welke Blätter im Herbst, wie kahle Bäume, so schauen die Ruinen. So stolz und so edel war das Wesen, welches aus dem Bilde dieser Stadt einst dem Fremden entgegen gesprungen ist. Da liegen die großen Steinriesen zertrümmert – ein furchtbares Bild – eine Anklage. Armes schönes Stuttgart!
Die Straßen sind freigemacht vom Schutt und der Asche. Durch sie schlängeln wir uns, durch die niedergemachten Straßenzüge! Ja, was sieht man da alles! Vom eigenen Standort fast überall, über die ganze Stadt hinweg. Mit Kalk steht an den Ruinen die neue Anschrift. Oft steht dabei „Alle leben“ oder „Wir leben“. Aber an sehr vielen Häusern steht nichts mehr geschrieben. Dort wird gebohrt, Steine splittern. Ein grauer, alter Mann sitzt neben den Arbeitenden und erwartet seine Toten. In manchen Straßen sieht man Menschen, in den Schutt hineingraben, einen Verkaufsstand errichten. Hier und da wird frisches Obst aus dem Schutt herausgegeben. Die Post hat Fahrzeuge aufgestellt, aus denen heraus Renten ausbezahlt werden. Und betrachtet man die Menschen selbst, so sieht man all das Schwere in ihren Augen. Die feine Harmonie ihres Wesens und das strahlende Sauber aus sich heraus haben die Stuttgarter aber nicht verloren.

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Heinz_Welk Offline

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1944-10-10 hh:mm