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Friday, 26. April 2024
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 1878-07-10 hh:mm
Soll ich, oder soll ich nicht ...

Soll ich, oder soll ich nicht – vergessen all mein Weh’ u. Ach! – Leider ich kann es nicht, denn es gemahnt mich zu stark daran; aber ich will heute nicht klagen, nicht jammern das alte Lied, sonst wird’s zur Gewohnheit, und selbst den dauernden Schmerz mußt du ertragen erlernen.

Darum zur besseren Sache sich gewendet, die Laune gewandt, wenn auch gezwungen, und fort mit allen Bitterkeiten des Lebens, fort von mir und andern in das Getriebe ihres Lebens geschaut.

Ein Mädchen in Strenge fromm u. sanft u. gut, doch ziert es schon der Sommer ihres Sein’s, will, ach, so gern, vermählet sein. Zwar nahte früher oftmals schon der eine und der andere sich, zu freien die junge Holde, doch da that die Wahl so weh und stets wollt’ hoh’res man erstreben; und wohl die Ungenügsamkeit auf Kosten eitlen Nobelsein’s mag viel u. ganz die Lieb ersticket haben.

Moral hat freilich nicht gelitten, die steht voran, doch ohn’ Verdienst, denn so oft aus Lieb’ nur wird gesündigt.

Und nun in Kürze, wie stets heute? – Jedermann gefällt hat er nur nicht den Ehering am Finger, die Lieb hat sich vergrößert, wenn auch nicht idealisiert – sie beglückt heut diesen und weil hier kein Erfolg in nächster Aussicht stehet – morgen jenen oh, armes, liebes Herz – du trägst kein Schuld an allem, ein Glück nur kleines trägst du doch. Es ziert so schön die Jungfrau dich mit aller Anmuth schönem Wesen. Sei klug daher, u. hoffe baue. Die Götter wollen dir nichts übles. Oft wird unmögliches war, gerade wenn mans nicht erhoffte und mögliches vereitelt durch sich selbst.

Gestern habe ich den Schah von Persien Naser al-Din im Volksgarten auf einem kurzen Augenblick gesehen. Ich habe Lust ihn mit mir zu vergleichen, wenigstens in den Gegensätzen. Also: Beide Sterbliche. Der eine von hochadeliger Geburt, der andere von bäuerlicher, der eine älter der andere jünger. Der eine Macht u. Geld, der andere dagegen arm und abhängig. Der eine voll Ansehen – der andere ungekonnt. Bei dem einen das Glanz u. Tugend, was bei dem anderen Gemeinheit wäre. Im Übrigen lies die Geschichte u. leite dir ab – wie Recht u. Sitte so verschieden in der Menschheit sind.

 

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