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Saturday, 20. April 2024
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Tagebuch staunistauni
1965-03-16 hh:mm
Endlich - nach schwerer Geburt - Ein Stammhalter ist da!


Genau am ausgerechneten Geburtstermin meldete sich mitten in der Nacht das Baby.

Die Fruchtblase ist geplatzt!“ schrie Elvira angstvoll durch die Nacht. Helmut bekam so einen Schreck, dass er gleich über das Fußteil des Ehebettes sprang, den Schrank aufriss und seine Jacke rausholte. Er rannte an die Telefonzelle und rief den Krankenwagen, denn ein eigenes Auto gab es erst zehn Jahre später. Elvira saß hilflos bis er wiederkam auf ihrem Bett und wusste nicht, ob sie sich bewegen durfte, ohne gleich das Kind zu verlieren. Dann kam Helmut und bald darauf der Krankenwagen. Der werdende Papa fuhr noch mit bis zum Krankenhaus, weiter durfte er nicht. Jetzt machte der Krankenwagen vor den riesigen Toren des Diakonissenhauses Halt. Noch nie hatte Elvira in einem Krankenhaus gelegen. Sie folgte der Schwester durch die langen düsteren Gänge und ihr wurde es dabei immer erbärmlicher. Die Nachthebamme ging heim und es kam die Schichtablösung. „Bei dieser Hebamme werde ich nun sicher mein Kind bekommen“, so dachte die Ungeduldige. Die Wehen hatten noch nicht eingesetzt und so nahm man sich Zeit mit ihr.

Später durfte sie baden und bekam eine Spritze, nun begannen die Wehen, aber leider, sie hörten wieder auf. Dann gab es wieder eine Spritze, es war inzwischen Mittag geworden, Elvira war ziemlich schlapp, denn sie hatte in den letzten dreißig Stunden kaum geschlafen und nichts mehr gegessen. Jetzt begannen die Wehen auf einmal wie verrückt, sie wusste nicht mehr wie ihr geschah. Es war kaum noch auszuhalten, doch es ging leider nicht vorwärts.

Da kam zum Glück zur Ablösung um vierzehn Uhr die robuste Hebamme, Frau Dose, die sich fast schon im Rentenalter befand. Sie erkundigte sich kurz nach dem Stand der Geburt und war mit dem Verlauf unzufrieden. Der Muttermund hatte sich kaum geöffnet, das Kind steckte im zu engen Becken fest. „Was rein ist, muss auch wieder raus! Halt dich am Kopfende des Bettes fest und schreie, Mädchen! Wir fahren jetzt in den OP und holen Dir das Kind!“ Elvira war so froh, denn sie konnte wirklich nicht mehr. Bis dahin hatte sie alles ohne einen Mucks ausgehalten, aber jetzt war es vorbei. Noch nie und nie wieder in ihrem Leben hat sie eine so schwere körperliche Anstrengung vollbringen müssen. Als sie in die Narkose fiel, sah sie einen Sternenhimmel über sich und hörte auf- und abschwellende Signale.

Nach dem Erwachen zeigte man ihr kurz das schreiende Baby. Seit konkret 14.35 Uhr hatten Elvira und Helmut einen Sohn. Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Die junge Mutter konnte es kaum erwarten, bis der Papa zu Besuch kam. Er brachte einen Strauß gelber duftender Freesien in einer kobaltblauen Vase mit.

Die jungen Eltern freuten sich gemeinsam, schauten sich in die Augen und hielten sich ganz lange an den Händen. Dann wurde das winzige Baby gebracht. Sie sahen immer wieder ihren kleinen Sohn an und konnten das große Glück nicht fassen, dass aus ihrer Liebe ein neuer kleiner Mensch entstanden war. Sie hätten noch ewig so verweilen können. „Kannst Du verstehen, dass junge Leute keine eigenen Kinder haben wollen?“ fragte Elvira zärtlich ihren Mann. „Ihnen entgeht das tiefste Gefühl, was ein Mensch durchleben kann“, flüsterte ihr der junge Papa ins Ohr. Dann schwiegen sie wieder und tauschten nur glückliche Blicke und genossen die ersten Minuten als junge Familie, bis die Krankenschwester an das Ende der Besuchszeit erinnerte. Am liebsten wäre Elvira am gleichen Abend mit Helmut und dem kleinen Jörg nach Hause gefahren.

In der Nacht ließ dann das Narkosemittel nach und es setzten ziemlich starke Schmerzen ein. Als sie am nächsten Tag erfuhr, dass man bei ihr durch vier Schichten schneiden musste, um das Baby herauszubekommen, wunderte sie das nicht mehr. Auch die nächsten Tage und Nächte waren von starken Schmerzen geprägt. Schmerzmittel wollte man ihr wegen der Muttermilch nicht geben. Sie schlief im Krankenhaus sehr wenig und war sie dann endlich eingeschlafen, kam um vier Uhr die Nachtschwester zum Fiebermessen. Sobald aber die Babys auf dem fahrenden Bett gebracht wurden, vergaß Elvira alle Schmerzen und Müdigkeit. Auch nach vierzehn Tagen Krankenhausaufenthalt war die junge Mutter noch ziemlich traumatisiert von der schweren Geburt.

 

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