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Friday, 26. April 2024
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Tagebuch Gustav_Landwehr
 1939-06-06 hh:mm
Trennung von Heidchen-ein Opfer für die Mission
Sonnige, heiße Ferientage liegen hinter mir. Die Bauern sind eilig in der Heuernte. Auch wir haben heute zu vieren das erste Gras geschnitten. Schon Ostern hatte ich mich auf Pfingsten gefreut, aber ganz anders ist nun alles gekommen. Heidchen lud mich ein, am Abend vor Pfingsten zu ihr zu kommen. Vor vier Jahren erhielt ich am Abend vor Pfingsten Nachricht von Mutters Erkrankung. Nun folgte wieder ein trauriger Abend vor Pfingsten. Über alles, was uns bewegt, haben wir gesprochen, beide fühlten wir, es muß eine Scheidung stattfinden, und ich brachte nicht den Mut auf, es zu sagen. Hätte Heidchen aus irgendwelchen Gründen ein „Nein“ gesagt, wäre es mir sehr schwer geworden, nun aber war es viel schwerer. Dann sind wir am Abend des 2. Feiertages noch einmal zusammen gewesen. Und nun ging es nicht anders, wir mußten es sagen, es mußte sein. Heidchen denkt in allem viel zu viel an mich, und dabei ist alles für sie viel schwerer. Ich möchte sagen über einer Abschiedsstunde liegt immer etwas Heiliges. Es war mir besonders tröstlich, dass wir in völligem Frieden scheiden konnten. Wir beide haben es nicht so gewollt, und wenn wir uns noch einmal sehen sollten, dann können wir uns als Freunde begegnen, die sich einen Dienst getan haben. Ich mußte ihr sagen, daß das letzte halbe Jahr das schönste meines Lebens gewesen sei, und Heidchen sagte von sich das gleiche. Vielleicht tut Gott doch noch ein Wunder, wenigstens gebe ich die Hoffnung noch nicht ganz auf. Heute ist es wirklich gut, daß wir beide noch so jung sind, und ihretwegen kann und werde ich warten. Ich weiß selbst nicht recht, wie es dazu kam, aber ich mußte sie fragen, mußte ihr sagen, dein Leben muß weitergehen, wirst du auch je einen andern lieben können. Und sie antwortete mir, so lieb wie dich werde ich wohl nie jemand anders haben können. Das muß ich auch sagen, ein anderes Mädchen werde ich nie so lieb haben können. Dann mußte ich ihr noch versprechen, wenn ich einmal aufs Missionsfeld ziehen dürfe, ihr zu schreiben, ob ich ganz glücklich sei. Vielleicht fällt mir das einmal schwer. Und dann sollte ich ihr schreiben, wenn ich einmal in den Krieg müsse. Dann kam die Stunde des Abschieds. Lange standen wir vor der Tür, und beide sagten wir, wir müssen gehen und doch konnten wir nicht. Ich weiß nicht, wie oft wir uns noch umarmt haben. Einmal rannen ihre Tränen auf meine Hand, hätte ich ihr doch helfen können. Dann aber mußte geschieden sein. Wie und wann werden wir uns wiedersehen? Wir haben uns geliebt, so heiß man nur lieben kann, und unsere Liebe war rein, ohne jegliches Vorurteil. Und ich will glauben, daß Gott uns den rechten Weg auch weiterhin führt. Um der Mission willen muß ich dieses Opfer bringen. Und eins werden wir immer tun, füreinander beten. Ein ganzes Vergessen wird es wohl nie geben. Beneiden möchte ich sie, daß sie alles so glaubend hinnehmen kann. Fast möchte ich sagen, sie hat einen Segen auf mich ausgeübt. Immer werde ich mich ihrer in Dankbarkeit erinnern. Aber ihre Mutter, was ist nur mit ihr? Schon vorigen Herbst sagte mir Heidchen mit großer Dringlichkeit, bete für sie. Und diese Bitte hat sie im Laufe der Zeit öfters wiederholt. Irgendwas muß auf ihr lasten, sie drücken und nicht zur Ruhe kommen lassen. Heidchen sagte mir Ostern, frag auch mich nie danach. So will ich dem nicht länger nachsinnen. Vielleicht hätte ihre Mutter uns einmal Schwierigkeiten in den Weg gelegt, böse hätte ich ihr nicht sein können, denn sie ist Heidchens Mutter.
Am ersten Pfingsttag war die ganze Familie wiedereinmal zusammen. Martha und Paul hatten ihre Kinder mitgebracht. Leider mußte ich schon bald mit Julius zu Fritz Sundermeiers Verlobung fahren. Eine wirklich frohe Feier war das, nur meine Gedanken, wie weit waren die gerade von einer Verlobungsfeier entfernt. Mittwoch nach Pfingsten mußte ich zu Willy Schröders Hochzeit, zu der ich in dieser Lage und Stimmung nicht gern ging. Dementsprechend wird auch wohl mein Betragen gewesen sein. Wenn ich meine Tante Johanna nicht hätte, stände ich ganz allein. Sie versteht mich in allem gut, sehr gut, aber sie ist alt und ich bin jung. Schade, daß ich mit meinen Geschwistern nicht ein wenig mehr Gemeinschaft haben kann.

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