Willkommen auf Tagtt!
Thursday, 18. April 2024
Tagebücher » Gustav_Landwehr » News, Bilder, Videos - Online
Tagebuch Gustav_Landwehr
 1939-04-29 hh:mm
Ich weiß ein treues Herz, das in Liebe für mich schlägt
Mit frohen Gefühlen bin ich in den Seminarunterricht gegangen. Eine angenehme Beschäftigung ist das bis jetzt noch. Wenn der Tag auch voll und ganz ausgefüllt ist, so hat die Paukerei der Vorschule doch ein Ende. In Kirchengeschichte haben wir mit der Reformationszeit begonnen und besprechen „Vater Luther“. In Neu Test. übersetzen wir den ersten Thessaloniker Brief. Das ist auch angenehmer, als sonst in Helen und Kargi suchen und nicht finden können. Selbst Alt Test, wo wir Propheten besprachen, war bisher ganz angenehm. Nebenbei möchte ich aber auch noch ein wenig Bibelstunde treiben. Die Jungs aus Gütersloh sind nun auch hier. Natürlich hat das Unruhe ins Haus gebracht. Alle paar Tage kommen auch noch Sachen von dort. Ein Geldschrank war dabei, der mehr als 10 Zentner wog. Bei solchen Gelegenheiten hat der T. immer viel Sorge und Mühe. Dann hören wir oft die Worte: Elend, und, es ist eine Not. Nur selten trifft man so pessimistische Menschen, wie ihn. Immer hat er Sorgen und stöhnt über Sachen, die nicht der Rede wert sind. Herm. hat mich am Mittwoch verlassen. Mit seiner Elisabeth wollte es nicht mehr recht klappen. Zunächst hat er sie mit Liebeserklärungen direkt überschüttet. Und nun, wo sie allmählich will, glaubt er, es ginge nicht wegen ihrer inneren Einstellung und des sozialen Unterschiedes. Sie ist nämlich Pfarrerstochter. Ob noch anderes zugrunde liegt, weiß ich nicht. Das arme Mädchen tut mir so leid. Damit sie sich nun nicht mehr so oft sehen, hat er vorgezogen ins Haus zu ziehen. Für ihn ist Gerhard Dittmer in die Ökonomie gezogen. Auf jeden Fall werden wir zwei gute Freundschaft halten. Angenehm ist vor allen Dingen, dass wir zwei Ravensburger ruhige Naturen sind. Bezeichnend war für Hermann, dass er alle Schubfächer im dicksten Dreck zurückließ. Ordnung war überhaupt immer eine schwache Seite bei ihm. Wir haben uns immer gut vertragen. So lange wir hier gewohnt haben, hat es kaum ein Geheimnis zwischen uns gegeben. Trotzdem, Freunde werden wir wohl nie werden. So vertraut werde ich mit Gerhard nie werden, über manches werden wir nie sprechen, worüber zwischen Hermann und mir ganz offen gesprochen wurde, und dennoch möchte ich sagen, werden Gerhard und ich gute Freunde sein. Von meiner Liebsten habe ich zwei Briefe erhalten. Schon bald hat sie ihrer Mutter alles gesagt, die natürlich sehr erstaunt gewesen ist und keine direkte Stellung dazu genommen hat, ohne mit ihrem Mann gesprochen zu haben. Aber sie hat ihrem Mann im Briefe Andeutungen gemacht, und nun muß Heidchen ihrem Vater einen Leichtbrief schreiben, wie sie es ausdrückt. Eigentlich sollte das ja ein Freudenbrief sein. Nie werde ich den Eltern zürnen können, auch nicht, wenn sie uns Schwierigkeiten in den Weg legen, denn sie sind die Eltern des liebsten Menschen, den ich kenne. Wir beide wissen, das es der größte Beruf ist, in Mission zu stehen. Trotzdem verstehe ich ihre Eltern, wenn sie für ihre Tochter einen anderen Weg ausgedacht haben. Wenn Heidchen so ganz anders denkt, dann wird das wohl zum größten Teil ein Segen der Großeltern sein. Auf jeden Fall wäre sie ohne selbige eine ganz andere. Wir sind beide noch jung und wollen die Dinge mit Ruhe sich entwickeln lassen. Eins wissen wir ja beide und werden es nicht vergessen, wir gehören uns und haben uns lieb. Ich weiß ein treues Herz, das in Liebe für mich schlägt, zu haben.

Kommentare

Noch keine Kommentare!
Kommentieren


Nur für registrierte User.

Gustav_Landwehr Offline

Mitglied seit: 02.09.2011
DE mehr...
Wirklich beenden?
Ja | Nein

1939-04-29 hh:mm