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Tagebuch Bunny_Hop
2005-11-01 13:17
Die Halloween-Nacht
Menschenmassen strömen in die S-Bahn, der Lärmpegel steigt. An jeder Tür ein Rotkäpchen, Bahnbeamte mit einem skeptischen Gesicht. Sie sind in der Minderheit. Jugendliche, junge Erwachsene, Freunde aus der Schule, die Clique, die beste Freundin neben dir. Flaschen werden herumgereicht, Wodka-Orange, Wodka Blutorange mit Cassis, Bier. Die Stimmung ist ausgelassen, die Party vor der Party. Der Blick schweift durch die überfüllte S-Bahn, lauter bekannte Gesichter, lauter junge Menschen und alle haben sie heute Abend ein Ziel.

All Area Party, zehn Euro Eintritt. Es lohnt sich nicht, denn es ist so voll, dass man kaum noch wo rein kommt. Zumindest nirgends wo die Musik gut ist. Wir wandeln von einer Disco zur anderen, Techno versus "einfach nur schrott". Also entschließen wir uns, sozusagen in den sauren Apfel zu beißen und uns einfach irgendwo anzustellen. Bei einem guten Club, auch wenn es Stunden dauern sollte.
Wir quetschen uns an der Seite rein und werden mit dem Pulk immer weiter nach vorne und in die mitte gedrückt. Meine Arme sind verschränkt an meinen Oberkörper gepresst, die Haare des Mädchens vor mir fallen mir ins Gesicht. Jemand tritt auf meinen kaputten Fuß, ich rolle mit den Augen. Zwei Leute werden reingelassen und sofort werde ich weiter nach vorne gedrückt, auch wenn es nicht weiter geht. Die Luft wird knapp. Ich hebe den Kopf und blicke in den Himmel, dunkel, weit und frei. Ich versuche zu verdrängen das ich unter Klaustrophobie leide. Denke nicht daran, dass ich weder nach vorne, noch zurück, noch zur Seite kann. Ich konzentriere mich auf das Atmen, ein und aus, ein und aus. Ich bin in der ersten Reihe angelangt und werde brutal gegen den Türsteher gequetscht, habe keine Chance gegen die Massen hinter mir.
Der Türsteher schiebt mich an sich vorbei und gewährt mir Einlass, er hatte wohl Mitleid mit mir.

Jetzt bin ich drinnen. Hitze, laute Musik und jede Menge Leute. Ich quetsche mich mit einer Freundin an der Hand zu einem ruhigeren Ort, mein Handy piepst. SMS von Dominik: "Wo bist du?"
Er ist in der gleichen Disco, wie ich und just in dem Moment, wo er meine SMS liest, läuft er an mir vorbei. Ein glücklicher Zufall, wir lächeln uns an, reden, meine Freundin verschwindet irgendwann.
Wir gehen an die Bar, holen uns einen Drink, setzen uns hin. Ich auf seinen Schoß, es ist sonst kein Platz mehr.
Manu ist da, mit ihm hatte ich mal etwas, es war eine jener Geschichten, die sich irgendwann im Sand verlaufen hat. Er schaut mich an, ein intensiver Blick, ich reagiere nicht darauf, denn ich gebe ihm die Schuld, dass es damals eingeschlafen ist.
Ich unterhalte mich mit Dominik, unsere Hände treffen sich auf seinem Oberschenkel, verschlingen sich.
So geht das den ganzen Abend, ich auf seinem Schoß oder neben ihm, wenn es denn möglich ist. Meine Hände in den seinen, seine Hand auf meiner Schulter, auf meinem Rücken, auf meinem Oberschenkel. Ich fühle mich wohl.
Aber da sind die anderen, da sind die Leute vom Judo, eine kurze Ex-Affäre. Ein Typ den ich abserviert habe, ich wollte damals keine Beziehung, er hat mich geliebt. Er sieht mich seltsam an und ich weiß, dass er meine Schwester gleich ausfragen wird.
Manu, der betrunken ist und wenn Dominik nicht da ist zu mir kommt und mich berührt. Ich entwinde mich ihm, es fühlt sich schon lange nicht mehr gut an.
Ich gehe über die Tanzfläche, meine beiden Jacken ineinander gesteckt über meine Tasche gelegt, festgeknotet. Ich folge Dominik, in einer Hand mein Drink. Plötzlich ein Zerren und Reißen, ich falle beinahe nach hinten um. Meine Jacke wird mir von der Tasche gerissen, doch ich habe keine freie Hand um danach zu greifen. Ich drehe mich um, Menschen, aber niemand mit meiner Jacke. Ich schaue auf den Fußboden, doch da ist sie nicht. Man hat mir meine beiden Jacken geklaut.

Freunde, die zu mir kommen und nach mir und Dominik fragen, seit ihr jetzt zusammen? Sieht bestimmt so aus, geht es mir durch den Kopf. In der Tat lächeln wir beide nur, ich wende mich zu ihm. "Siehst du, so geht das immer!"
Vielleicht wäre das der geeignete Zeitpunkt gewesen um über "uns" zu reden, aber ich habe plötzlich nicht mehr das Bedürfniss danach. Ich bin mir, was Dominik betrifft nun sicher. Freilich er ist vielleicht noch nicht so engagiert, zwecks Schüchternheit, aber das werden wir auch noch in den Griff bekommen.
Aber vorher gibt es noch etwas, was ich ihm unbedingt sagen muss. Eine Sache, die ich besser nicht verschweigen sollte. In den letzten Jahren ist es besser geworden, ich bin sexuell aufgeschlossener. Ja, ich würde sogar sagen, ich habe Spaß am Sex, ich kann Berührungen annehmen, berühre andere Menschen. Dennoch gibt es Momente in denen alles wie beim alten ist, in welchem sich nichts verändert zu haben scheint. Dass sind die Momente in welchen ich verängstigt in der Ecke meines Bettes sitze, vor meinen Augen das Bild eines jungen Mädchens am Strand. Auf meinen Lippen, der Geschmack von Bacardi-Cola. Der Geruch von ihm, Alkohol und Zigaretten. In mir Angst, Angst um mein Leben.
Meine Gedanken, die sich langsam von der ganzen Szenerie entfernen, der Geist der sich von meinem Körper trennt. Um das durchstehen zu können, was meine Kindheit von einem Tag auf den anderen beendet hatte.

Ich kann und darf es ihm nicht verschweigen, denn es ist ein Teil von mir. Ein Teil meines Lebens, verantwortlich für so vieles!

Tags

leben 

Kommentare

03:18 02.11.2005
na siehst du, es wird doch. aber warum haben sich eure lippen noch nicht berührt? sie waren sich doch schon so nahe ...
Good luck! :)
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2005-11-01 13:17