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Tagebuch Schatten
1919-01-05 hh:mm
Ohne Hoffnung sind wir in das Jahr 1919 eingetreten!
Ohne Hoffnung sind wir in das Jahr 1919 eingetreten! Gott helfe, daß es besser werde, als wir erwarten! Nach 5 Jahren des schrecklichen Krieges müssen wir jetzt noch schlimmere Zeiten durchleben! Mit Jammer im Herzen sieht der ruhige Beobachter, wie dieser Krieg das deutsche Volk gewandelt hat! Wo ist der früher weltbekannte deutsche Charakter geblieben? Keine Treue, keine Wahrheit, keine Ehrlichkeit ist mehr zu finden, keine Autorität wird anerkannt! Die Jugend befindet sich in einem Zustand der Verrohung, wie man ihn früher nicht ahnte! Kein Recht gibt es mehr, kein Gesetz! Die Volksmassen sind voll Haß, Neid und Mißgunst, niemand will arbeiten und dabei in Hülle und Fülle leben! Die Löhne und Teuerungszulagen steigen täglich, die Arbeiter leben nur vom Besten und die Prinzipale opfern ihre Ersparnisse aus besserer Zeit, um diese Menschen zu befriedigen! Dabei herrscht eine allgemeine Unehrlichkeit, die unerhört ist; Diebstahl ist keine Sünde und keine Schande mehr. Jeder stiehlt – ein ehrlicher Mensch ist jetzt eine Ausnahme, wie es früher ein Dieb gewesen! Es gibt keine Dienstmädchen mehr, nur Bedienerinnen und Bürodamen! Die Mädchen hungern lieber zu Hause, als einen Dienst anzunehmen! Da hier, durch das zurückgekehrte Militär, viele Arbeitslose waren, schaffte der Bürgermeister Arbeitsgelegenheit, indem er Wegebauarbeiten anordnete und durch öffentl. Aufruf Arbeiter suchte. Es meldete sich – niemand! Dagegen stehen von morgens bis abends Burschen und Männer, die Hände in den Hosentaschen, vor dem Rathaus, führen aufrührerische Reden, verhetzen die Arbeitenden und verbreiten ihre sozialdemokratischen Ideen! --- TagsKommentare |
Schatten OfflineMitglied seit: 11.08.2010DE mehr... 1919-01-05 hh:mm |