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Thursday, 28. March 2024
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Tagebuch Schatten
 1918-12-25 hh:mm
Der traurigste Weihnachtsabend...

Der traurigste Weihnachtsabend meines Lebens ist vorüber! Gott sei Dank! ---
Zum fünften Male begingen wir das Weihnachtsfest allein, ohne Kind, ohne Christbaum, ohne Gaben! Ich besuchte am hl. Abend wie alljährlich den Gottesdienst und sah dort den Weihnachtsbaum der Heimatlosen! Wie aus einer fernen glücklichen Zeit klangen die alten Weihnachtslieder, die wir nie, nie wieder so sorglos singen werden, wie vor diesem schrecklichen Kriege, dessen trauriges Ende unser Volk und Land für unabsehbare Zeit in Not und Jammer führt. ---
Mein einziger Wunsch war, daß wir am Weihnachtsabend keine französische Einquartierung haben möchten und er wurde mir, zu meiner größten Freude erfüllt! ---
Aus Metz erhielten wir die Nachricht, daß die internierten Deutschen, darunter mein Schwager, Dr. Z., wieder freigelassen wurden. Sie verlassen fast alle diese Stadt, deren Einwohner an einem fanatischen Haß gegen Alles Deutsche und die Deutschen, welche sie Bosches nennen, leiden.

In den Metzner Schulen wird täglich vor Beginn des Unterrichts die Marseillaise gesungen und jedes Kind muß den Schwur aussprechen: Je suis franzais et resle franzois.
In Elsaß und Lothringen wird nun mehr französisches Geld geduldet und das deutsche Geld zum halben Wert angenommen,---
Hier bei uns ist immer noch Postsperre, was namentlich für die Zeitungen sehr schlimm ist, die auswertigen Abbonnenten erhalten die Ztg.  nicht, das längst bestellte Druckpapier kommt nicht über den Rhein, ebenso keine Lebensmittel, sodaß diese Schikanen der Franzosen uns geradezu in die Hungersnot treiben. Dieses elende Volk spielt sich hier auf, wie im Kriege, nimmt und stiehlt, wo es nur kann – und das soll „Waffenstillstand“ sein. Der Kommandant herrscht hier, wie ein König! Da sich faulenzende junge Männer in der Stadt herumtrieben, erließ er eine Bekanntmachung, des Inhalts, daß er derartige Leute, die ohne Arbeit herumständen, nach Belgien oder Frankreich senden werde, dort gebe es Arbeit genug! ---

Nun sollen am 19. Januar die Wahlen für die neue Regierung sein! Dabei darf kein Wahlaufruf in die Zeitung, der Kommandant streicht Alles derartige! So muß also jede Partei, von Mund zu Mund Stimmen sammeln, und es gehen auf diese Weise viele Stimmen verloren. So suchen die Franzosen uns systematisch zu Grunde zu richten --- denn wenn die „Roten“ zur Regierung gelangen, ist  Deutschland verloren --- und das wollen diese rachdurstigen Feinde! --- Die kath. Priester und Wahlmänner entfalten hier eine fieberhafte Tätigkeit und suchen ihre Stimmen für einen demokratischen Kandidaten zu sammeln! Alles ist besser, als Sozialdemokraten, doch haben leider in Anhalt, Dessau und Braunschweig die „unabhängigen“ Roten, die schlimmsten Roten, bereits gesiegt! Dies sind schlechte Aussichten für die Zukunft. ---

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