Der Moment gehört mir schon seit gestern, denn ich habe mich am Montag kurzfristig dazu entschlossen, daß ich am Mittwoch zum letzten Mal in dieser Woche im Büro bin. Da ich im Februar über 20 Plusstunden hatte und man mir die Stunden abgeschnitten hätte, habe ich mir gestern und heute je einen Gleittag gegönnt. Ich habe also jetzt ein langes Wochenende. Bis jetzt habe ich es auch nicht bereut, diesen Schritt gewagt zu haben. Was andere können, kann ich erst recht. Und wer weiß, vielleicht haben sich die Gemüter wieder beruhigt, wenn ich am Montag im Büro bin. Sollte dem nicht so sein, ist mir das auch egal. Ich werde auch nichts mehr sagen oder fragen, weil ich ja doch nur blöde Antworten bekomme. Und wenn die Jungs meinen, sich wie im Kindergarten benehmen zu müssen, dann kann ich das auch. Dann wollen wir mal sehen, ob man dann immer noch zicken muß. Ich kann mir schon vorstellen, wie das abläuft, aber das ist mir dann auch egal. Vom Streik im ÖPNV habe ich zum Glück nichts mit bekommen. Ich weiß also gar nicht, ob ich in den letzten beiden Tagen den Bus um 5.45 Uhr hätte nehmen können. Das wird auch micht der letzte Streik gewesen sein. Wenn nicht gerade die Busse und Straßenbahnen streiken, streikt die Bahn irgendwann wieder. So was ist einfach nur noch nervig.

Diese Woche war wirklich ereignisreich, wenn ich das mal so sagen darf.. Am Mittwoch hatte mein Vater den Termin beim Nephrologen. Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Seine Nieren arbeiten noch nur zu 30%. Damit kann er noch fünf bis sechs Jahre leben, wenn das so bleibt. Wenn er mehr trinkt und seine Ernährung umstellt, kann man das etwas aufhalten. Arbeiten die Nieren nur noch zu 20%, muß er an die Dialyse. Ich hoffe natürlich, daß der Fall nie eintritt, aber ändern kann man es auch nicht, sollte es so weit kommen. Daß seine Nierenwerte in der letzten Zeit schlechter geworden sind, hat sein Hausarzt immer schon gesagt. Wenn ihm das vorher schon aufgefallen ist, warum ist er früher nie auf die Idee gekommen, ihn zum Nephrologen zu schicken? Die Frage kann wahrscheinlich nur Arzt selbst beantworten. Doch jetzt geht alles seinen Gang und das ist die Hauptsache. Und was das Umstellen der Ernährung angeht, so habe ich mich dazu bereit erklärt, dabei mitzumachen. Schaden kann es mir nicht, denn auch ich habe mir selbst ein Ziel gesetzt, das ich bis Anfang Juni erreichen will. Ob mir das gelingt, weiß ich zwar nicht, aber es wäre ein Versuch wert. Augen zu und durch.

Es kommt vor, da habe ich das Gefühl, im falschen Film zu sein. Und das Gefühl hat sich seit Dienstag noch verstärkt. Daß ich Post bekomme, ist normal. Aber dann gibt es auch die Post, mit der rechnet man so gar nicht. Mir schrieb jemand, dessen Handschrift ich nicht kannte. Und als ich die Karte gelesen habe, war ich einfach nur sprachlos. Diese Karte war von meinem ehemaligen Schulfreund- Er wollte mal schauen, wie es geht und ob ich noch krank bin. Ich und krank? So ein Blödsinn. Aber dafür gibt es eine einfache Erkärung: ich habe besagten Schulfreund am 19.01. bei WhatsApp blockiert, weil ich es einfach leid war, jeden Tag seine Nachrichten beantworten zu müssen. Ich habe nichts dagegen, daß man sich schreibt, aber wenn das jeden Tag sein muß, ist mir das zu viel. Das habe ich ihm aber auch mehrfach gesagt. Und dann gehen die Diskussionen los: er schreibt jeden Tag mit seinen Kollegen und von denen hat sich noch nie jemand beschwert. Die freuen sich immer, wenn sie Nachrichten von ihm kriegen. Das mag ja alles sein, aber ich kann nur für mich reden und ich finde das nicht okay. Und wie seine Kollegen das empfinden, ist mir so was von egal. Das mag jetzt egoistisch sein, aber das ist dann nicht mein Problem. Mir ist klar, daß ihm das nicht paßt, aber man kann auch mal eine andere Meinung akzeptieren. Doch muß ich akzepieren, jeden Tag auf seine ganzen Nachrichten antworten zu müssen? Nein, das muß ich eben nicht. Frage ich ihn, wie er darauf kommt, daß ich krank bin, antwortet er damit, daß er Menschenkenntnis hat. Und darauf soll ich noch was erwähnen. Das kann keiner von mir verlangen. Ich bin irgendwann auch mal am Ende meiner Kraft.

Es tut mir schon irgendwie leid, daß ich diesen Schritt machen mußte und das ist mir auch ganz bestimmt nicht leicht gefallen, ihn wieder zu blockieren, aber was sollte ich denn machen? Ich bin nun mal nicht der Typ dafür, der 24/7 das Smartphone in der Hand hat und schreibt, als gäbe es kein Morgen mehr. Ich kann doch wohl noch selbst entscheiden, wie ich meinen Feierabend und meine freie Zeit gestaltet. Ich muß ihn doch nicht um Erlaubnis fragen, ob das okay ist, wenn ich zu Bett gehe. Wenn mir danach ist, meine Soaps zu gucken, dann mache ich das, auch das sit meine Entscheidung. Ich muß auch nicht 35mal in der Woche zu Netto laufen, nur weil es Sixpack Cola im Angebot gibt. Wenn man sich so was jeden Tag anhört, bekommt man schon mal einen Brechreiz. Da wird mal nicht gefragt, wie es mir geht und wie mein Tag im Büro war. Er erinnert mich daran, daß ich Feierabend machen darf. Das kann man mal machen, aber wenn dieser Spruch täglich kommt, finde ich das nicht mehr lustig. Vielleicht bin ich da auch altmodisch, ich weiß es nicht. Auch wenn ich nicht ständig mein Smartphone in der Hand habe, kriege ich schon Dinge mit, die für mich wichtig sind. Und so wie ich ihn kenne, würde er mich jetzt schon damit nerven, daß am Dienstag und Mittwoch wieder der ÖPNV streikt. Daß ich diese Info aus den Nachrichten habe, ist unwichtig. Es ist sowieso total schädlich, jeden Tag in die Glotze zu gucken.