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Thursday, 28. March 2024
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Tagebuch staunistauni
 1986-08-30 hh:mm
Wiedersehen mit den ausgereisten Freunden

 

Im Sommer 1986 hatten Hansens, inzwischen in der Nähe von München wohnend, ihre Freunde und Schwester Christel mit Werner zu einem Treffen in ein ungarisches Thermalbad eingeladen. Außerdem fuhr noch die in der DDR zurückgebliebene Freundin von Maik, dem älteren Sohn der Hansens, mit. Ingeborg und Hermann wollten sich mit dieser Einladung bei Schwester, Schwager und den Freunden für die Hilfe beim Ausräumen der Dresdner Wohnung bedanken. Das war ein freudiges Wiedersehen! Elvira begrüßte die lieb gewordenen Freunde: „Seht Ihr gut aus! Und schlank seid Ihr geworden!“ „Glaubt aber nicht, dass uns die gebratenen Tauben in den Mund geflogen sind!“ entgegnete Hermann. Interessiert hörten die Dresdener den neuen Bundesbürgern zu, als sie über die steinigen Wege der letzten zwei Jahre berichteten. Durch ständiges Informieren und Eigeninitiative hatten sie den Neuanfang gemeistert. Von einer Gesellschaftsordnung in die andere überzuwechseln ist vergleichbar mit einem Sprung ins kalte Wasser. Entweder man ertrinkt – oder man rettet sich ans Ufer. Die vier Hansen schafften den besseren Weg. Sie hatten eine Doppelhaushälfte gemietet. Alle hatten sie eine Arbeit gefunden. Wie staunten die Sachsen, als sie hörten, dass selbst die Jungen schon ein eigenes Auto besaßen.

Hansens hatten in Ungarn ein ganzes Ferienhaus gemietet und riesige Essensvorräte mitgebracht. Besonders hatte die liebe Ingeborg an all die Dinge gedacht, die in der DDR Mangelware waren. So verlebten alle gemeinsam eine wunderschöne Woche. Auch Thoralf Hansen, der Bruder von Maik war dabei. An einem der wundervollen Abende verlobte sich Maik mit seiner Dresdner Freundin Karen. Alle hofften für die zwei, dass sie bald und überhaupt die Genehmigung zur Ausreise erhalten würde. Das Glück des Paares stand ganz in der Macht der Staatsorgane der DDR.

Das erste Mal in ihrem Leben genossen die Schefflers die Vorzüge eines Thermalbades. Unvergesslich blieb auch der Tag mit einem befreundeten Paar der Hansens aus Holland, der auf einem nahegelegenen Weingut seinen lustigen Höhepunkt fand. Wie befreit fühlten sich Elvira und Helmut in Gegenwart dieser Menschen.

Trotzdem schauten sie sich besonders im Thermalbad ängstlich nach Stasibeobachtern um.

Nach diesen wundervollen Tagen, in denen Schefflers die mitgebrachten Westzeitungen nur so verschlungen hatten, mussten sie nun wieder in die gestrenge DDR zurück.

Der Abschied war nicht leicht. Würde man diese Möglichkeit, sich in Ungarn zu treffen, weiterhin nutzen dürfen? Durch kleine Späße versuchten alle ihre Traurigkeit und Hilflosigkeit zu vertuschen.

Na, mal sehen, ob ihr mit eurem klapprigen Skoda die 1000 Kilometer schafft“ rief Werner Helmut im Spaß zu. Aber es kam wieder mal ganz anders. Nicht Helmuts Auto, sondern das von Werner bekam Schwierigkeiten. Und das am Sonntag! Der „beschimpfte „klapprige Skoda“ musste den „Lada“ abschleppen. Zum Glück fanden sie eine Werkstatt, welche die Batterie auswechselte. Nun konnte es weitergehen. Plötzlich machte dann doch der mit dem Abschleppen überforderte Skoda schlapp. Es hatte die Wasserpumpe erwischt. Mit einem unguten Gefühl und der Hoffnung, dass es das Auto noch bis Dresden schafft, fuhren sie weiter.

Es war inzwischen schon stockdunkel geworden, als plötzlich nur noch unbekannte Ortsschilder zu erkennen waren. Es war offensichtlich: Sie hatten sich verfahren. Sie hielten an, denn zu allem Unglück, war es der Karen auch noch schlecht. Dann ging die Horrorfahrt weiter. Helmuts Bremsen quietschten, darauf die von Werners Auto. Beinahe hätten sie ein großes Tier überfahren.

 

Genau Null Uhr Null zur Geisterstunde fuhren sie in die deutsche Grenzkontrolle an der die tschechisch-deutsche Grenze. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Da kaum Verkehr herrschte, hatten die Grenzbeamten Zeit und da es sich bei diesen um einen Mann und eine Frau handelte, wollten die zwei sich offensichtlich gegenseitig etwas beweisen. Die Autos wurden genau kontrolliert und die Damen und Herren einzeln befragt. Wahrscheinlich war es den Grenzern schon bekannt, dass die beiden Familien von einem Treffen mit „Ausgereisten“ kamen.

Helmut und Elvira gaben auf die gleichen Fragen völlig unterschiedliche Antworten. Erstaunlicher Weise ließ man ihnen aber sämtliche Mitbringsel. Nur aus einem Kalender wurde das Blatt des 17. Juni herausgerissen.

 

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