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Friday, 26. April 2024
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Tagebuch Schatten
 1918-06-02 hh:mm
Aufregende Woche durchlebt!

Wir haben eine aufregende Woche durchlebt! – Dienstag, den 28. Mai, begann die längst erwartete neue deutsche Offensive. Die Kämpfe begannen in Flandern, an der Lys, an der Somme und Avre. Der Hauptkampf entbrannte südlich von Laon, wo am Chemin des Dames die Hauptschlacht wütete. Die Truppen des deutschen Kronprinzen haben den Bergrücken in seiner ganzen Ausdehnung erstürmt und stehen nun an der Aisne.
Die französischen und englischen Divisionen wurden vollständig geschlagen.  – Donnerstag d. 30.5. wurde Soissons genommen, ein großer Erfolg, da diese Stadt ein Eisenbahnknotenpunkt ist! Auch die Nordwest Forts von Reims sind in unserer Hand. Unübersehbare Beute wurde gemacht, da die überraschten Feinde bei ihrer Flucht alle Vorräte von Munition, Lebensmitteln etc. in Ruhe ließen. Unsere Truppen haben die Marne erreicht; 45 000 Gefangene 400 Geschütze und tausende von Maschinengewehren wurden erbeutet! Der Durchbruch der Front ist 52 Kilometer weit. Über 3000 qkm. Boden ist dem Feinde abgenommen!! Gott sei Dank!! – Nun rät man vergeblich hin und her, ob Hindenburg nach Paris will? Die Hauptstadt Frankreichs wird seit 14 Tagen mit den neuen weittragenden Geschützen beschossen.- Wollte Gott, daß dieser neue Sieg das Ende des Krieges uns näher bringe. Wir hatten diese Woche jede Nacht Flieger über uns, welche von Dillingen zurückkommen. Glücklicherweise warfen sie hier keine Bomben ab, aber der nächtliche Schrecken ist unbeschreiblich.-

Die Knappheit der Lebensmittel ist schrecklich – fast schlimmer als 1916 – 17! Wir hatten diese Woche nicht genug Brod; nur für meinen Mann das Nötigste zum Kaffee etc. zu haben, aß ich morgens und mittags Erbsensuppe statt des Brodes;  am Dienstag war nur noch ein kl. Stückchen da und ich lief in die Druckerei, um unsere Arbeiter zu fragen, ob niemand wisse, wo ich eine Brodkarte kaufen könnte. – Sie waren auch alle in Brodnöten, aßen statt dessen Kartoffeln! Am Nachmittag brachte mir, zu meiner größten Freude, einer der bei uns arbeitenden Soldaten einen Laib Kommisbrot mit! Seit Jahren habe ich mich nicht so gefreut, wie über dieses Brot! Ach, wie ist Mangel so schwer zu tragen! Aber es war mir gelungen, meinem Mann Alles zu verheimlichen, er aß ahnungslos bis zum letzten Stückchen und als die Not am höchsten  - da war die Hilfe da! – Wer hätte in Friedenszeiten geglaubt, daß man einst um das tägliche Brod in Sorge sein müßte? Ich habe seit 7 Wochen kein Dienstmädchen, kann nirgends eines finden, Alles ist in den Fabriken! Totmüde von der Arbeit danke ich Gott, daß ich noch die Kraft habe, mich alleine durchzuschlagen. Jedenfalls macht die Ernährung  der Dienstboten augenblicklich die größten Schwierigkeiten.
Unser l. Sohn kommt uns nun krank nach Hause! Er hatte Fieberanfälle und hoffe ich, daß er nach den vielen Strapazen endlich Urlaub erhält.

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