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Friday, 19. April 2024
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Tagebuch Schatten
 1918-05-19 hh:mm
Eine schwere Woche liegt hinter uns

Eine schwere Woche liegt hinter uns! Die schönen Vollmondnächte brachten erneute Fliegerangriffe! Jede Nacht wurden wir durch das Abwehrfeuer und die Fliegerbomben über Dillingen, Saarlouis, Lous, Völklingen, Saarbrücken – geweckt und in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch fielen 9 Bomben in Fremersdorf. Unsere Fenster zitterten und wir flüchteten in unser Papierlager, wo wir einige Stunden saßen. Es war ein Luftgeschwader, Engländer, in das Licht unseres Scheinwerfers geraten, als sie nach einem mißglückten Angriff in Dillingen, zurück fuhren. Um aus der Beleuchtung d. Scheinwerfer zu kommen und höher steigen zu können warfen sie die belastende Bomben ab. In Saarbrücken und Trier haben diese engl. Flieger vielen Schaden verursacht, am schlimmsten sollen sie jedoch in Metz gewütet haben.  Dort werden täglich in aller Stille eine große Anzahl Opfer der Militär- und Zivilbewohner beerdigt. Kürzlich folgte ein Geschwader einem aus Metz abfahrenden Zuge bis beinahe nach Saargemünd und warf während der Fahrt Bomben auf den Zug, welche den Speisewagen zertrümmerten und 14 Offiziere tödteten. Es vergeht kein Tag, an welchem man nicht von Flieger Greueln hört, wir haben ein unruhiges Leben! – Die Ernährungsverhältnisse werden täglich schlimmer. Die wöchentliche Fleischration beträgt jetzt 125 gr. pro Person. Mein Mann und ich haben für diese Woche ½ Pfund Fleisch erhalten! So knapp war es noch nie, wie jetzt! Aber G.s.D., wir haben bereits frischen Spinat und Salat im Garten, das hilft uns viel. Hätten wir nur mehr Brot, ich suche jetzt Kommisbrot zu kaufen, um besser auszukommen. – Unser l. Junge hatte mit s. Regiment an den Pfingsttagen wieder arge Kämpfe mitzumachen! Und wir glaubten ihn in „Ruhe“.  –

Im Westen erwartet man täglich den Ausbruch der Entscheidungsschlacht, die Spannung ist auf`s Höchste gestiegen! Wollte Gott uns doch bald ein Ende dieses schrecklichen Krieges geben! Die Sorge um unser Kind verzehrt uns. – Hier in der Rheinprovinz hat die Not der Zeit üble Früchte gezeitigt. Die Arbeiter, welche in den Fabriken pro Tag 5 – 8 Mark verdienen, verschleudern dieses Geld, kaufen Alles, was sie erhalten können zu unerhörten Preisen und der Kriegswucher wird täglich schlimmer. Da Kleiderstoffe nicht zu haben sind (außer solchen, von welchen der Meter 40 – 50 M. kostet) tragen die einfachsten Leute Seide und Sammt, weil man diese ohne Bezugschein erhält. So sieht man am Sonntag oft Bauernmädchen aus den umliegenden Dörfern in seidenen oder Samt-Kleidern, was einen komischen Eindruck macht. Es ist eine schwere, merkwürdige Zeit, in welcher wir leben!

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