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Thursday, 28. March 2024
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Tagebuch Schatten
 1918-06-15 hh:mm
Es sind schwere Zeiten

Der Flieger-Unfug wird täglich schlimmer, wir sind fast jede Nacht auf der Wanderschaft nach unserem Papierlager, wo wir uns am sichersten fühlen! Es sind schwere Zeiten, diese knappen Monate! Nun ist die Brotration auf 3 ½ Pfund pro Woche u. Person verkürzt – das ist sehr knapp und es ist ein trauriges Gefühl, sich immer im Stillen fragen zu müssen, darf ich noch ein Stückchen Brod heute essen, oder reicht es nicht bis zum Ende der Woche! Das Fleisch wird immer weniger und soll für die beiden nächsten Monate ganz wegfallen! Wovon soll man dann leben?? Seit Wochen fiel kein Regen, die Saaten und Gärten leiden unter der Trockenheit! Wir haben nicht viel im Garten und die Bauern verkaufen nichts; sie geben ab, wozu man sie zwingt, das Übrige essen sie selbst! Eier gibt es gar keine, das Stück kostet 60 Pf, Butter fehlt hier ganz, gute Fußgänger holen sie in Lothringen, das Pfund zu M. 12.—

Wir haben Gott sei Dank, genug Kartoffeln, da wir, ohne Mädchen, viel weniger brauchten. Gute Suppe, Gemüse und Kartoffelspeisen genügen ja zur Nahrung, aber älteren Leuten fehlt das Fleisch, sowie Eier und Fett doch sehr.- Noch ist das Ende dieses schrecklichen Krieges nicht abzusehen, trotz aller Siege, und langsam, aber sicher, tritt eine allgemeine Verarmung ein! Man hat kein überflüssiges Kleidungsstück mehr, alte Kleider werden gewendet u. gefärbt. Die Behörde sammelt Herrenkleider, mit der Drohung, daß bei Allen, die nicht freiwillig einen Anzug abliefern, zwangsweise derselbe eingezogen wird. Auch wir sandten einen Anzug an die Sammelstelle und haben hierüber eine Bescheinigung , sodaß man später bei uns keine Kleider mehr verlangen darf. Besonders mangelt es an Unterkleidung und man bekommt weder Unterhosen noch Unterjacken mehr zu kaufen. Die neuen, aus Papierfaser angefertigten Sachen sind nicht warm und sehr teuer. – Wenn die Trockenheit noch lange dauert, giebt es eine schlechte Ernte und dann wird ein Hungerwinter für uns kommen! Wir klagen jedoch nicht, denn was sind unsere kl. Leiden gegenüber den riesengroßen Anstrengungen und Entbehrungen, die unsere Truppen aushalten müssen! Die Sehnsucht nach Frieden wird immer größer, Gott gebe daß dieser heiße Wunsch bald erfüllt werde.

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1918-06-15 hh:mm