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2008-10-26 12:30
Eau de Party
Feuchtigkeit und der Geruch scheint sich dadurch erst zu entfalten. Nässe. Wohltuend, reinigend, belebend. Shea-Butter-Duft. Du schließt die Augen.

Deine letzte Party ist ein halbes Jahr her und dass muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
Ein halbes Jahr kein Tanzen. Ein halbes Jahr keine viel zu laute Musik. Ein halbes Jahr so gut wie keinen Alkohol und nur wenig Gesellschaft. Dazu kommt noch, dass die letzte Party einfach scheiße war. Um dich herum Studenten mit viel zu viel Zeit und du gezeichnet vom Stress und unfähig ihn einfach abzuschütteln.
Gestern sollte es anders werden. Irgendwann muss man es einfach schaffen, den Schalter umzulegen. Die Arbeit, den Klausurendruck hinter sich zu lassen und wieder frei zu sein, zu leben, zu genießen.

Es ist voll, es ist heiß und die Schlange fünfhundert Meter lang.
Prosecco auf Eis. Wie in alten Zeiten. Weil es schmeckt, weil es billig ist.
Du nimmst einen Schluck, spürst das Prickeln und auch wenn du dich verändert hast, momentan ein ganz anderes Leben führst, erinnerst du dich, kannst es sehen.
Partys, Spaß, Überraschungen, Unvorhersehbarkeit. Prickelnd, glitzernd, heiß.
Es dauert keine Sekunde und die Vergangenheit hat dich wieder. Dein Blut pulsiert anders durch deine Adern, dein Blick verändert sich. Nicht mehr voll, nicht mehr zu viele Leute. Gerade richtig.
Gordi macht Annäherungsversuche, ergreift immer wieder deine Hand, zieht dich an seinen Körper. Immernoch unangenehm. Freundschaft und nicht Leidenschaft.
Eine Freundin von früher. Nicht früher, wie Michi-früher oder Chris-früher, sondern viel früher. Gordi-früher. Ein langes, interessantes Gespräch und ein Kratzen im Hals, weil die Musik einfach ohrenbetäubend ist. Über Jahre deine beste Freundin. Gemeinsame Erinnerungen, Anekdoten aus einer aufregenden Zeit. Pubertät. Erste Jungsgeschichten. Tief in dir spürst du, dass beste Freundinnen, egal ob vergangene, immer auf eine gewisse Weise beste Freundinnen bleiben werden.
Du tanzt und wie gut es tut, sich im Rhythmus der Musik zu bewegen, nur noch auf das Dröhnen zu hören und das Morgen, die Heimreise, das Studium zu vergessen.
Ein Blick nach rechts, Menschenmassen. Bekannt, unbekannt und in einer Lücke, er. Eure Blicke treffen sich, halten sich für Sekunden fest. Du schenkst ihm ein Lächeln.
Die Sekunden ziehen dahin, Minuten gehen ins Land. Wieder treffen sich eure Blicke. Zufall oder hat er darauf spekuliert, du nach ihm Ausschau gehalten. Durchdringend, erschütternd. Und was in der Vergangenheit begraben wurde, bricht sich Bahn. Erinnerungen blubbern an die Oberfläche, übersprudeln dich. Gut, hässlich, traurig, schön.
Du drehst dich um, tanzt ein bisschen mit dem feurigen Italiener mit dem du dich seit Juli einfach wieder ganz hervorragend verstehst. Ein paar zufällige Berührungen, aber keine Funken. Die Chemie, die zwischen euch einmal existiert hat gehört der Vergangenheit an, ist erloschen. Zurück bleibt der Hauch der Erinnerung. Süß, anheimelnd.
Wieder ein Blick zur Seite. Diesmal winkst du ihm zu. Denn du bist über die Vergangenheit hinweg, hast abgeschlossen. Michi kannst du nicht vergessen, Chris auch nicht so ganz, aber mit Andi war das von Anfang an ein bisschen anders. Seltsamerweise hast du ihm als erstes verziehen.
Ein letztes Mal treffen sich eure Blicke und dir ist klar, dass du dich diesmal nicht einfach wegdrehen kannst , denn er kommt auf dich zu, bahnt sich langsam einen Weg durch die Menge, die er überragt. Mit jedem Schritt werden die Erinnerungen deutlicher, klarer und als er vor dir steht, spürst du ein kleines wehmütiges Ziehen. Erinnerungen, nur Erinnerungen. Keine Hoffnung auf mehr, keine Sehnsüchte, keine Zukunftsszenarien. Andi ist vergeben und du hast es aktzeptiert. Nicht mehr dein, vielleicht niemals.
Küsschen links, Küsschen rechts. Smalltalk, der gegenseitig in die Ohren gebrüllt wird. Deine Hand auf seinem Arm, kleine Berührungen. Nicht beabsichtigt, aufgrund der Menschenmassen, um dich festzuhalten und nicht umgestoßen zu werden.
"Wo ist denn deine Freundin?" Smalltalk und nicht der Versuch in alten Wunden zu stochern, schlafenden Hunde zu wecken. Ehrliches Interesse, denn er war mal ein Teil von meinem Leben.
"Ich habe keine Freundin mehr."
Und bis zu diesem Moment hast du nicht gewusst, dass es auf einer Party auf welcher man sich nur mit Schreien unterhalten kann und seine eigene Stimme nicht mehr hört, so still werden kann.
Andi ist nicht mehr mit Melanie zusammen.
Ein Domino fällt und bringt eine Kette in Gang. Gedanken, die du verdrängt hast.
Und alles vergessen geglaubte ist nicht mehr vergessen.
Andi ist nicht mehr vergeben.
"Ich weiß, du hast mir schon einmal gesagt, dass du sie nicht heiraten wirst, aber irgendwie hatte ich doch immer damit gerechnet."
Und dass hattest du wirklich.
Smalltalk. Nur Smalltalk. Für mehr ist es einfach zu laut. Ein Freund der an ihn herantritt und ihn wegholt.
"Ich komme gleich wieder."
Der feurige Italiener, der dich fragt ob du mit nach Hause fährst. Du gehst, wirfst einen letzten Blick zurück, aber die Stelle an der Andi gestanden hatte ist noch immer leer.

Versuchungen entgeht man am besten, wenn man ihnen keine Chance gibt zu entstehen.

Um fünf Uhr liegst du in deinem Bett, vier Stunden später rufst du deine Emails ab.
Eine Email von Andi ist darunter.

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leben 

Kommentare

02:35 31.10.2008
http://www.smilies.4-user.de/include/Halloween/smilie_hal_089.gif
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20:56 26.10.2008
den inhalt würd ich jetzt ja noch gerne wissen
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unbekannt
15:25 26.10.2008
Schöner Text von Dir.

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13:51 26.10.2008
"Versuchungen entgeht man am besten, wenn man ihnen keine Chance gibt zu entstehen."
Ein extrem wahrer spruch

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12:52 26.10.2008
Wo warst du denn feiern?
Klingt an und für sich gut. Kommt auch drauf an, was er in der Mail geschrieben hat. Aber manche Dinge lässt man manchmal lieber in der Vergangenheit...
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12:45 26.10.2008
probier's!
falls es klappt, prima.
falls nicht, brauchst du später nicht zweifelnd + hadernd zurückdenken!
Good luck!
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2008-10-26 12:30