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Tagebuch c.
2010-08-19 20:57
Letzte Worte

So. Ich habe es hinter mich gebracht. Heute Nachmittag um vier, um genau zu sein. Folgendes habe ich geschrieben:

Ich verstehe es einfach nicht.

Ich verstehe es nicht, wie man andere Menschen so respektlos behandeln kann, dass sie einem nicht mal mehr ein einfaches „Nein“ wert sind.

Einfach in Schweigen zu verfallen und es auszusitzen, bis jemand die Geduld verliert und sich nicht mehr meldet, das ist feige und respektlos und absolut unreif.

Macht auch so den Anschein, als seist du nicht sonderlich konfliktfähig…und damit auch vielleicht nicht ganz unkompliziert…Aber das nur mal so am Rande…

Ja. Ich bin kompliziert. Aber das ist sicher nicht meine einzige Eigenschaft. Und ich stehe dazu.           

Bei dem, was ich mein Leben lang immer abgekriegt habe, von der Männerwelt im Allgemeinen und meinen Vater im Speziellen, habe ich auch ein verdammtes Recht darauf, kompliziert zu sein und Schwierigkeiten zu haben, mich auf jemanden einzulassen.

Außerdem bin ich nicht der Meinung, dass ich mich heutzutage noch auf meiner Vergangenheit ausruhe.

Ich hab wirklich hart an mir gearbeitet und wer mich länger kennt, bestätigt mir, was für Fortschritte ich heute im Vergleich zu früher gemacht habe und mache.

Und ich denke auch nicht, dass es vor meinem Hintergrund zu viel verlangt ist, wenn ich sage, dass ich für das letzte bisschen Sicherheit, das endgültige Los- und Einlassen, ein richtiges Treffen brauche.

Schade auch, dass du dich offensichtlich nicht an deine eigenen Worte halten magst.

Von wegen, Kontaktabbruch ohne die Chance auf ein richtiges Treffen ist unfair und kindisch…

Du bist wütend auf deinen Dad, weil er deine Ma immer ungerecht und wie den letzten Dreck behandelt hat?

Glückwunsch! Viel besser hast du es jetzt, wenn auch auf natürlich völlig andere Art und Weise, auch nicht hinbekommen, Mister Ich-Kann-Ungerechtigkeiten-Nicht-Leiden.

In meinen Augen wäre es echt noch respektvoller gewesen, wenn du mir ein „Verpiss dich, du nervst.“ geschrieben hättest.

Dann hättest du dir wenigstens noch die Mühe gemacht, dir diese vier Wörtchen noch abzuringen.

Aber einfach zu schweigen, das ist so was von das letzte. Echt. Das geht gar nicht.

Aber keine Sorge.

Ich werde dich nicht weiter zuspamen und bestalken.

Das war das letzte, was du von mir gehört hast.

Nur…ein für mich absolut unakzeptables Verhalten einfach unkommentiert hinzunehmen, das geht auch nicht.

Dazu noch etwas zu sagen hat auch was mit Selbstachtung zu tun.

Ja. Es ist lang geworden. Und es gibt bestimmt Leute, die es nicht nur zu lang, sondern viel zu emotional finden. Jedenfalls glaube ich, dass man dem, was ich geschrieben habe, anmerkt, wie sehr er mich verletzt hat.

Ich habe wirklich überlegt, was ich schreibe. Vielleicht wäre es besser gewesen, sachlich, kurz und bündig zu sein. Vielleicht hätte es eine kurze, sachliche Nachricht mit einigen pointierten sarkastischen Spitzen sein sollen. Vielleicht.

Aber letztendlich hätte ich mich dafür dann jetzt verbogen. So geht es mir. Warum soll ich mich da noch für ihn verbiegen oder versuchen, es zu verstecken oder so. Irgendwo…nee…

Und vielleicht richten diese Worte auch mehr aus als jede nadelfeine Spitze gegen ihn. Wenn nur die Hälfte von dem, was er mir geschrieben hat, ehrlich und ernst gemeint war, müsste er auch sehen, dass er Mist gebaut hat.

Es geht gar nicht darum, ob der Kontakt bestehen bleibt, ob wir uns noch treffen oder nicht, ob wir uns wieder lieb haben. Das ist ok, wenn es vorbei ist. Allein schon die jetzige Situation zeigt ja, dass es wahrscheinlich ohnehin schwierig geworden wäre. Aber es ist dieses Schweigen, dieses blöde, verdammte Schweigen, mit dem ich gar nicht klarkomme. Das hat getroffen. Das hat von allem wirklich am meisten getroffen.

Vielleicht bin ich übersensibel. Meine tolle Frau Z, Bezugstherapeutin in der Klinik, sprach ja immer von meiner geringen Frustrationstoleranz. Ja, vielleicht könnte auch die ein bisschen mehr vertragen, aber ich finde, dass das Schweigen und Aussitzen jetzt doch Grund genug ist, um frustriert zu sein. Vielleicht bin ich da auch vorgeschädigt, weil es zeitlebens die Lieblingsbestrafungsmethode meines Vaters war und weil der Herr aus München und andere auch gerne mal in Schweigen verfielen. (Und die auch ohne, meiner Meinung nach, Drama als Begründung fürs Schweigen.)

Ich kann ja mit allem umgehen. Aber Schweigen geht gar nicht. Dafür habe ich nicht die geringste Geduld. Das…nee….Das geht einfach nicht.

Ich hab die Zeilen erst einmal vorgeschrieben und dann alle einzeln ins MSN kopiert. Ich habe mich für diesen Weg entschieden, weil so am sichersten war, dass er sie auf jeden Fall liest. Emails kann man löschen. Die Mails über die Seite, auf der wir uns kennen gelernt haben, kann man löschen. Aber wenn jemand im MSN online ist, dann kriegt er es mit. Und wenn er das Nachrichtenfenster nach jeder Nachricht schließt, da gibt es ja dann unten rechts immer dieses „Vorschaufenster“, das aufpopt und einen Teil der Nachricht zeigt.

Danach ging ich sofort raus. PC aus. Während ich die Nachrichten da kopierte und verschickte habe ich so gezittert. So sehr, dass das teilweise mit dem Kopieren nicht so auf Anhieb funktionierte und die Markierung immer wieder verschwand. Ich hab so gezittert. Mein Herz hat so sehr geschlagen. Vor Wut. Vor Enttäuschung. Vor Schmerz.

Danach kullerten gleich die Tränen. Und ich habe den Rasen gemäht. Um mich abzureagieren. War auch ganz gut so.

Ich finde, das einzige, wofür ich mich bei dem Sermon schämen müsste, eventuell, ist das mit seinem Vater. Das war einfach nur unfair und gemein. Aber das wollte ich auch sein. Ich wollte ihn auch treffen. In diesem Moment. Deswegen war es ok. In diesem Moment. Aber…Ja, so das einzige, wofür ich mich auf lange Sicht entschuldigen würde und müsste, ist wirklich der Vergleich mit seinem Vater. Das war nicht ok. Aber gut. Zur Entschuldigung wird es wohl nicht kommen.

Als ich eben zur Tankstelle fuhr, sah ich ein Reh. Hier in der Gegend, wo meine Eltern wohnen, beginnt relativ der Wald und ein Teil des Waldes ist Bundeswehrgelände, das zu unserer Kaserne hier gehört. Neben der Tanke ist auch Bundeswehrgelände. Da steht noch ein altes Militätkino, ich weiß gar nicht, ob es noch genutzt wird. Na ja, jedenfalls stand da heute vor dem Militärkino dann ein Reh. Ganz einsam und verlassen. Hatte sich wohl vom Wald irgendwie dorthin verirrt. Aber da ja alles eingezäunt ist, kann ja eigentlich nichts passieren.

So fühle ich mich gerade. Wie ein einsames, angeschossenes, trauriges Reh. Irgendwie.

Das ist echt….mit so was hatte ich nicht gerechnet. Nicht damit. Echt nicht.

Ich war so sehr mit dem Herzen dabei, wie schon lange nicht mehr.

Ich mag nicht von Verliebtheit sprechen, denn dazu fehlt der persönliche Eindruck, der ja doch auch noch mal unheimlich viel ausmacht.

Aber irgendetwas in der Art wird es doch gewesen sein.

Sonst hätte mein Herz nicht so vor Freude geflattert, wann immer er online kam.

Sonst wäre nie so eine richtige Welle an Zuneigung durch mich hindurchgeflossen, je nachdem, was er gerade schrieb.

Sonst hätte es mich jetzt auch nicht so getroffen.

Es war….es passte einfach so gut. In so vielen Dingen. Aber das war es nicht. Es passt sicher auch mit anderen Menschen gut.

Und ja, er gefällt mir. Das, was ich auf den Fotos sah. Optisch ist er voll mein Typ und auch objektive Beobachter würden ihn glaube ich schon in der Regel als ganz schnuckelig bezeichnen. Aber das war es auch nicht. Es laufen noch mehr Leute auf dieser Welt herum, die optisch mein Typ sind.

Oh Gott, an der Stelle kommen die Tränen schon wieder geflossen…

Es war...Wie meine Freundin es so schön formulierte….er krempelte die Ärmel hoch und zog sich seine Boxhandschuhe an, als ich ihm erzählte, wie mein Vater manchmal mit mir umgeht.

Es war dieses: „Ich bin stark für dich. Ich stelle mich vor dich. Ich beschütze dich. Ich gebe dir Halt. Du bist nicht mehr alleine.“

Das war es. Genau das….Das war der Grund dafür, warum ich mir für ihn den Arsch aufgerissen habe, Dinge gemacht habe, die andere vielleicht niemals gemacht hätten, nicht in der Situation, das war mein Antrieb dafür, so wenig kompliziert wie nur möglich zu sein.

Dieses Versprechen. Konkret geäußert von ihm mit dem Worten: „Ich hoffe sehr, dass bei unserem Treffen alles gut geht und das mit uns dann immer noch passt. Denn wenn es passt, dann möchte ich dich da gerne soweit es geht im Positiven herausziehen.“

Genau das macht es jetzt dummerweise auch so schmerzhaft, weil er nun ja, ob nun gewollt oder nicht, doch genauso mit mir verfährt wie mein Vater.

Echt….das war es….Damit hatte er mich. Und er hätte echt alles von mir haben können. Nach einem Treffen. Wirklich alles.

Natürlich gibt es andere, die mir vielleicht auf ähnliche oder bessere Weise Halt bieten könnten. Das Ding schlug letztens einmal vor, doch mal mit meinem Dad zu sprechen, wenn ich das möchte. Aber das Ding…Vor einigen Wochen, kurz nach unserem ersten Treffen, als ich dem Ding gerade vom Musiker erzählt hatte, wollte er wissen, warum der Musiker genau an erster Stelle steht. Ich erzählte ihm das. Auch das mit ihm, meinem Vater, dem Halt, der Stütze. Das Ding weiß also, dass ich so etwas schätze. Ob er sich daran erinnert, weiß ich nicht. Aber für mich ist es nicht mehr so spontan.

Das vom Musiker, das war so spontan und wirkte so echt, so ehrlich.

Das ist echt…eine verdammte Scheiße ist das, echt.

So. Wenn ich den Eintrag gespeichert habe, werde ich mich doch mal wieder einloggen. Ich gehe nicht davon aus, dass er noch etwas geschrieben hat. Und selbst wenn…Das war gar nicht das Ziel. Es ist besser, wenn es vorbei ist. Dafür ist einfach jetzt gerade zu viel schon kaputt gegangen. Das ist schon ohne ein Treffen viel zu belastet, als dass es noch gut gehen könnte.

Es tut mir nur so leid. Es tut nur so weh. Weil es echt…das war schon irgendwie etwas. Da hing so viel an Hoffnung dran. Für mich. Jedenfalls. Irgendwie hat er da, eine Zeit lang jedenfalls, echt eine Lücke bei mir ausgefüllt und zwar so richtig komplett.

Ich wünschte, ich könnte das Heulen sein lassen. Früher oder später werden die Tränen versiegen. So ist es ja immer. Aber gerade jetzt…Ablenkung ist alles. Oder so. Scheiße. Echt. So eine Scheiße.

Es wäre nicht halb so schlimm, wenn es anders geendet wäre. Ja, es wäre immer noch schlimm, natürlich, darüber mache ich mir keine Illusionen. Aber dass es ausgerechnet so enden musste….Nee, das hätte nicht sein müssen, echt nicht.

 

Kommentare


unbekannt
21:46 19.08.2010
Das war stark..!
*drückdich*


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21:07 19.08.2010
*liebdrück* ich finds toll, dass du so ehrlich und emotional warst. und ich hoffe, es tut bald nicht mehr so weh.
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c. Offline

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2010-08-19 20:57