Willkommen auf Tagtt!
Saturday, 20. April 2024
Tagebücher » c. » News, Bilder, Videos - Online
Tagebuch c.
2010-08-23 19:00
Neustart

….die Tränen getrocknet, die Wunden geleckt, den Rausch ausgeschlafen.

Es geht mir nicht gut. Aber es geht.

Irgendwie geht es ja sowieso immer weiter. Und irgendwann wird alles besser. Außerdem muss man sich auch überlegen, welche Dinge es wert sind, mit voller Energie verfolgt zu werden und welche nicht.

Womit ich jetzt gar nicht sagen will, diese Episode mit dem Musiker wäre es nicht wert gewesen, erlebt worden zu sein oder dass ich mir nicht mehr wünsche, dass alles anders gekommen wäre/doch noch mal anders kommen könnte, aber nach diesem vergangenen Wochenende ist mir bewusst geworden, dass ich meine Energie einfach im Moment anderswo brauche. Das ist wichtiger, als sie jetzt noch weiter in ein ausgiebiges Trauern zu stecken.

Ich hab es am Freitag tatsächlich noch geschafft, wenigstens die Böden zu putzen. Meine Eltern trafen um fünf ein. Lange, lange bevor ich mich für ein Wiedersehen bereit fühlte. Aber wahrscheinlich würde ich mich noch heute nicht dafür bereit fühlen, wenn ich Aufschub bis heute gehabt hätte.

Mein erster Gedanke, als alle beide zur Tür hereinkamen, war: „Wow…ihr seht ja beide echt alt aus.“

Wenn man die Eltern relativ regelmäßig sieht, fällt es gar nicht so auf, wie sehr sie altern.

Der Freitag war schlimm. Der Gedanke war so präsent: „53 Stunden Dauerlächeln…Das stehst du im Leben nicht durch.“

Aber irgendwie geht ja irgendwann alles vorbei. Auch das.

Spätestens gestern Mittag war es mit meiner Ma wieder wie immer und ich musste mich nicht zusammenreißen, um mich normal zu benehmen und normal zu fühlen.

Aber irgendwie fühle ich mich gerade sehr im Zwiespalt.

Und das in erster Linie in Bezug auf meinen Vater. Die ewige „Hassliebe“. Auf der einen Seite war es auch schön, dass er wieder da ist. Auf der anderen Seite wäre es ohne ihn manchmal so viel besser.

Vielleicht bin ich im Moment ja übersensibel gewesen und auf Grund der aktuellen Geschehnisse bin ich ja sowieso nicht so super gut auf ihn zu sprechen, aber meine Ma bestätigte mir meinen Eindruck. Wann immer er in der Nähe ist, ist alles gleich viel angespannter, die Stimmung immer latent gereizt.

Seine Gegenwart sorgt dafür, dass ich das Gefühl habe, schwerer atmen zu können.

Das war schon immer so. Das ist jetzt vielleicht noch mehr so.

Gestern Mittag waren wir essen. Bei einem Italiener. Er nörgelte an allem herum. Essen war nix. Bedienung war nichts. Alles viel zu lange. Und wegen seiner Thrombose schaute er die ganze Zeit auf die Uhr und ging zwischendrin spazieren.

Da hat man immer so den Eindruck, dass ihm die Krankheit situationsbedingt auch schon mal gelegen kommt. Meine Ma meinte, in Frankreich hätte er ohne zu Murren viel längere Zeit am Tisch gesessen.

Er wollte eben nicht zum Italiener. Und man weiß es nicht, ob er Dinge, hinter denen er nicht steht, dann tatsächlich als schlecht empfindet oder ob er sie schlecht macht, um sie auch den anderen zu vermiesen. Das Essen war natürlich mies. Die Tomatensuppe zu sahnig. Ausgerechnet meinem Vater, der Sahne noch mit zwei Extraportionen Sahne isst. Das Hauptgericht war auch versaut. Ja, ja. War irgendwie klar, dass das so sein würde. Und wie gesagt, ich weiß es nicht zu beurteilen, meine Ma weiß es nicht zu beurteilen, ob er dann tatsächlich alles blöd findet oder ob er es „absichtlich“ blöd findet und es auch den anderen schlecht reden will.

Mein Vater und ich….die ewig schwierige Geschichte.

Ich weiß, dass ich ihn einerseits um jeden Gefallen bitten kann, wenn es ihm irgendwie möglich ist, wird er mir den Gefallen tun.

Er ist hilfsbereit. Zuvorkommend.

Da kann man nichts sagen.

Auch am Samstag…da holte er die reparierte Uhr für mich ab und brachte mit ein Parfümerie-Duschgel mit, als Dankeschön für das Putzen der Böden.

Also auf der einen Seite ist er wirklich lieb und er ist mein Vater und ich hänge natürlich an ihm.

Aber auf der anderen Seite erdrückt er mich. Ich kriege Beklemmungen in seiner Gegenwart. Er tut mir nicht gut.

Er hat mich 28 Jahre lang nicht immer gut behandelt und das hat Spuren hinterlassen.

Natürlich hat er immer nur auf meine Boshaftigkeiten reagiert…Ja, ja…Ich war ja eigentlich immer die Böse. Natürlich habe ich auch nicht alles richtig gemacht, niemand macht immer alles richtig, niemand ist fehlerfrei, aber ich bin das Kind in der Geschichte und das geht so schon ewig so….Nicht erst seit den letzten zehn Jahren…Und ob man mir da dann wirklich immer Boshaftigkeit unterstellen konnte? Ich weiß es nicht.

Aber es ist nicht nur unsere Vergangenheit. Es sind vielmehr Gegenwart und Zukunft. Denke ich daran, wird mir schlecht.

Ab jetzt ist er also pensioniert. Meine Ma muss ab nächster Woche wieder in die Schule. Dann hat er den ganzen Tag Zeit. Viel Zeit.

Auf meine scherzhafte Frage, was er denn zu machen gedenke, wenn er meine Ma nicht mehr den ganzen Tag lang ärgern kann, kam prompt: „Dann komme ich eben zu dir.“

Und ich fürchte, in diesem Scherz steckte viel zu viel Ernst.

Es nervt mich. Er nervt mich. Ich will ihn nicht ständig um mich haben.

Diese ständige Einbeziehung in seine Pläne.

„Du hast ja Zeit. Wir können ja dann demnächst mal wieder eine Städtereise machen. Wir können ja dann auch mal zwischen den Ferien zusammen nach Frankreich fahren.“

Bin ich undankbar? Ist das nicht eigentlich nett, wenn der Vater Zeit mit einem verbringen möchte? Ich fühle mich davon nur erdrückt. Ich will das nicht.

Er hat ganz bestimmte Vorstellungen von meiner Zukunft…Zeigte auch dieser „Dann-erlebe-ich-das-eben-auch-nicht-Kommentar“, den er da letztens in Bezug auf die Examensfeier abließ.

In der ersten Jahreshälfte suchten Freunde meiner Eltern einen Mieter für eine Wohnung in ihrem Haus. Die Leute sind die Hälfte des Jahres in Spanien und mit der Miete der Wohnung geht auch die Pflicht einher, Garten und Teiche in Schuss zu halten. Und mein Vater hätte es wirklich gerne gesehen, wenn ich dort eingezogen wäre. Er bedauerte es sehr, dass ich zu dem Zeitpunkt noch nicht mit dem Studium fertig war. Weil das ja echt so ein tolle Wohnlage war und groß und perfekt und alles.

Ich wäre im Leben nicht dort eingezogen. Allein schon, weil ich keinen grünen Daumen habe und ich die Verantwortung für Garten und Teiche nicht hätte tragen mögen. Aber auch so….Mit den Vermietern im selben Haus zu leben ist eine Situation, in die ich mich nicht unbedingt begeben möchte und wenn die Vermieter dann noch mit den Eltern verwandt sind, hat man ja keine ruhige Minute mehr. Da fühlt man sich ja, ob es so ist oder nicht, ständig beobachtet.

Aber glücklicherweise war ich ja noch nicht mit dem Studium fertig, als diese Option zur Diskussion stand.

Jetzt am Wochenende erfuhr ich von meiner Ma, dass mein Dad schon andere Pläne schmiedet.

Meine Eltern haben damals auf dem Grundstück meiner Ma gebaut, am Ende des Gartens des Elternhauses meiner Ma. Seit zehn Jahren lebt meine Oma nicht mehr dort und seitdem ist das Haus vermietet. Jetzt überlegt mein Dad schon, ob man die Mieter nicht rausschmeißen und das ganze Haus renovieren soll, damit ich da nach dem Studium einziehen kann. Nur eine Gartenlänge von meinen Eltern entfernt.

Mir ist so schlecht geworden, als meine Ma mir das erzählte.

Das geht echt gar nicht.

Das geht wirklich nicht.

Ja, und ich weiß, manch einer mag es genial finden, die Aussicht zu haben, mietfrei ein frisch renoviertes Haus zu bewohnen. Ist ja auch irgendwie nett. Aber ich habe dabei einfach nur das Gefühl, dass ich ersticke.

Es ist tatsächlich so, dass mein Vater mir körperliches Unwohlsein bereitet. So oft kommt er in den Raum und die Stimmung ist sofort gereizt und man ist eigentlich nur angespannt.

Ja, ich bin auch im Moment, gerade in Bezug auf ihn, extrem dünnhäutig. Aber es war auch schon früher so.

Ich fühle mich erdrückt. Ich kriege Beklemmungen.

Am Samstagabend saß ich erst mit meiner Ma draußen, blätterte Kataloge durch. Irgendwann war es zu dunkel und zu kühl. Mein Dad hatte sich schon früher nach drinnen zurückgezogen. Auch beleidigt, weil ich ihm seine Fragen zum Thema „Bloggen“ nicht zu seiner Zufriedenheit beantwortet habe. Der Sohn der Feriennachbarn hat sich jetzt oder will sich jetzt selbstständig machen. Irgendwas mit SEO strebt er wohl an. Und mein Dad will natürlich genau wissen, was er da macht, der Feriennachbarssohn ist eigentlich gerade frisch Diplompsychologe geworden von daher ist das, was er plant, ja doch nicht so ganz sein Fachgebiet. Und da stellt sich ja schon die Frage, ob das so eine kluge Idee ist. Keine Ahnung. So genau kenne ich mich da auch nicht aus. Und….wenn es ums Thema „Bloggen“ geht, bin ich ja sowieso immer extrem entscheidungsunfreudig, weil ich genau weiß, was mein Vater von dem halten würde, was ich hier tue. Da tue ich doch lieber ahnungslos und unwissend…

Na ja, wie auch immer, mein Dad war jedenfalls bei André Rieus Sommernachtstraum hängen geblieben. Und da saßen wir dann. VaterMutterKindundHund in trauter Viersamkeit vorm Fernseher und schauten André Rieu. (Eigentlich auch gar nicht das Ding meiner Eltern, aber ein französischer Freund steht total auf den Kram, André Rieu, Musikantenstadl, Heino und so weiter und da wollte er wohl wissen, was man daran findet. Ich weiß es nicht.)

Na, wie auch immer…Ich saß da auf meinem Sessel und fragte mich eigentlich nur „Was machst du eigentlich hier?“

28 Jahre alt, das Leben nicht annähernd gelebt, das Leben verschwendet mit dem ewigen Wunsch, den Eltern zu gefallen. An einem Samstagabend vorm Fernseher mit Eltern bei André Rieu.

So sieht ein Albtraum aus.

So möchte ich mein Leben nicht verbringen.

Aber ich habe das Gefühl, dass es genau darauf hinauslaufen wird, wenn ich jetzt nichts unternehme.

Ich muss da raus. Am besten eher gestern als heute.

Ich habe echt das Gefühl zu ersticken.

Ich habe das Gefühl, erdrückt zu werden.

Ich habe das Gefühl, mich befreien zu müssen. Mit einem gewaltigen Befreiungsschlag.

Ich muss hier einfach weg.

Ich muss endlich anfangen, ich zu sein. Unabhängig von meinen Eltern.

Und eigentlich habe ich auch das Gefühl, mich von meinem Dad trennen zu müssen.

Eigentlich will ich im Moment nicht wirklich viel mit ihm zu tun haben. Eigentlich merke ich, dass es mir nicht gut tut.

Es ist eben nur immer der Gedanke an meine Ma….Sie will ich nicht alleine lassen. Ich frage mich immer, was mit ihr ist, wenn ich erkläre, dass ich nur noch, höchstens, einmal im Monat vorbeikommen möchte. Eigentlich würde ich am liebsten im Moment komplett darauf verzichten und allerhöchstens ein Telefonat einmal pro Woche dulden.

Da bin ich ja dann doch wieder zu sehr die fürsorgliche Tochter, die ich mein Leben lang war. Die Frage ist ja, was gesunder Egoismus ist und ab wann man eine rücksichtlose Ego-Schlampe ist. Ich habe irgendwo doch ein zu schlechtes Gewissen dabei, wenn ich jetzt durchsetze, was MIR meiner Meinung nach am besten täte.

Zumal ich es ja, wie alles, auch alleine machen muss. Niemand da, der mich unterstützt, der mir dabei den Rücken stärkt, der mir den Halt und die Sicherheit gibt, die ich dazu bräuchte. Jedenfalls niemand, von dem ich all das annehmen möchte. Nicht mehr. Tja. Futsch. So geht das.

Und so kreisen meine Gedanken im Moment darum, wie ich am besten von meinen Eltern loskomme. Die ewige finanzielle Abhängigkeit, mit der sie mir auch heute noch ein schlechtes Gewissen machen können und mich so leicht als undankbar hinstellen können, die nervt mich.

Am liebsten würde ich weg. Alles hinschmeißen. Hier. Und noch mal irgendwo völlig neu anfangen. Aus eigener Kraft. Ohne ihre Unterstützung. Ich will ihre Hilfe ja gar nicht, weil sie mich damit viel mehr erdrücken als helfen. Sie können nicht loslassen. Er kann nicht loslassen. Und ganz im Ernst….nach all den Jahren Reflektion und Gesprächen mit anderen glaube ich ja fast, dass es ihm gar nicht so wirklich recht wäre, wenn ich irgendwann mal mein eigenes Geld verdiene und damit aus der finanziellen Abhängigkeit heraus bin. Er hält es mir glaube ich auch schon ganz gerne vor. Ich glaube, er will es gar nicht anders.

Auch mit dem Auto, was ich ja zum Examen bekommen soll, mit dem frisch renoviertem Haus, was jetzt schon hinter meinem Rücken im Gespräch ist, hält er mich eher fest als dass er mich loslässt. Schafft neue Abhängigkeiten, neue Gründe, dankbar sein zu müssen.

Manchmal widert es mich einfach nur an.

Dann kommen die Gedanken an das, was nun schon von drei Seiten einmal angedeutet wurde.

Vater-Tochter-Verhältnisse.

Der Auswanderfreundin rutschte der Satz letzte Woche etwas salopp heraus. „Vielleicht steht dein Vater ja in Wirklichkeit auf dich.“

So oder so ähnlich habe ich es wie gesagt schon von mehreren Seiten gehört.

Auch von der therapeutischen.

Und dann fallen mir so Sachen ein…

Mittlerweile kriege ich schon einen Würgereiz, wenn ich die Kopfhörer auf seinem Schreibtisch sehe und klar ist, dass er sie mal wieder benutzt hat.

Seit letztem Herbst ist das so. Ich meine, es ist ja an sich nichts Neues. Aber als ich ihn da so halb erwischte…was man noch sah, war doch verstörend, wenn man es denn richtig gesehen hat.

Aber man muss ja gar nicht mal in die Richtung denken. Schon anhand der Dinge, die wirklich klar sind, kann man sagen, dass das Verhältnis ungesund ist.

Eng, liebevoll und fürsorglich zwar vielleicht auf den ersten Blick für Außenstehende. Aber auf den zweiten Blick von viel zu viel Druck und Erwartungen und Abhängigkeiten geprägt.

Was mache ich jetzt? Die Frage stelle ich mir nun.

Wenn Eltern sich trennen, hat das nichts mit den Kindern zu tun. Da versucht man dann, die Kinder möglichst unbeteiligt zu lassen und für sie die größtmögliche Normalität zu erhalten.

Wie ist es, wenn man sich als Kind von seinen Eltern, von einem Elternteil gerne trennen möchte?

Ich meine, Scheidung heißt ja letztendlich, dass man sich nicht mehr versteht, sich nicht mehr gut tut und lieber eigene Wege gehen möchte. Scheidung heißt ja nicht unbedingt, dass man nie wieder miteinander zu tun haben muss. Wenn Kinder im Spiel sind, geht das ja auch gar nicht anders, dann ist man trotzdem ein Leben lang miteinander verbunden.

So funktioniert es, wenn sich Eltern trennen.

Wie kann es funktionieren, wenn man sich von seinem Vater trennen will? Zu mindestens temporär? Was ist dann mit meiner Ma? Wie kann sich dieser Kontakt gestalten? Was ist mit dem Hund? Wie sieht so etwas praktisch aus? Wie macht man das?

Fragen über Fragen, die mich beschäftigen.

Eine Lösung habe ich noch nicht gefunden.

Ich will jetzt eine Änderung. Ich will nicht noch warten. Warten, bis das Studium zu Ende ist. Ja, das ist der vernünftige Weg. Dann kann man ja in Ruhe irgendwo anders einen Job suchen. Viel Raum zwischen uns bringen. Bei meinen Fächern kann ich es mir sowieso nicht leisten, mich auf meine Gegend hier zu beschränken, da muss ich schon bundesweit gucken.

Aber ganz im Ernst…Bis es mal so weit ist, geht noch locker ein halbes Jahr ins Land. Und dann ist es noch schnell gegangen.

Und nur mit mehr Raum dazwischen wird sich auch nichts ändern. Nicht grundsätzlich. Nicht wirklich. Auch da würde man sich wieder ein Bein ausreißen, um mir zu helfen. Umzug. Wohnungssuche. Wahrscheinlich würde man mir sogar die halbe Wohnungseinrichtung spendieren.

Wieder ein Grund, dankbar sein zu müssen. Wieder nichts alleine geschafft.

Und…er hat ja jetzt viel Zeit…Ich könnte mir vorstellen, dass dann sein Freizeitplan viele, viele Besuche bei mir vorsehen würde. Ist ja dann perfekt, wenn man auch keine Hotelkosten mehr zahlen muss.

Nein, ich glaube nicht, dass ich noch länger warten kann. Ich habe schon so viel Zeit verstreichen lassen. Ich will nicht mehr auf ein irgendwann hoffen, wenn die Umstände anders sind und somit alles viel besser werden kann.

Ich will jetzt etwas anders haben. Und ich fürchte, dafür bedarf es radikaler Maßnahmen.

Nicht einfach nur Umstände ändern, sondern ganz klar sagen: „Das will ich, das will ich nicht.“

Ich muss nicht unbedingt hier sein, um mein Studium zu beenden. Ich könnte es laufen lassen und mich schon um ein neues Leben anderswo bemühen. Das würde es zwar noch mehr in die Länge ziehen. Aber darauf kommt es auch nicht mehr an.

Es ist nur ja leider so, dass Praktika so schlecht bezahlt sind, wenn sie überhaupt bezahlt werden. Kann man davon leben? Und wenn nicht, gibt es andere Möglichkeiten zur finanziellen Unterstützung?

Fakt ist ja auch, dass die Abhängigkeit in Sachen Krankenversicherung bleibt, solange ich an meiner Uni eingeschrieben bin und das Studium nicht beendet habe. Blödes Versicherungsrechtgedöns.

Also doch lieber ein kompletter Neustart? Irgendwie ist es ja auch blöd, in jeder Hinsicht neu zu starten und dann noch so eine Altlast wie ein zu beendendes Studium mit sich herum zu schleppen.

Aber….zu mindestens für den Arbeitsmarkt bin ich ja mittlerweile auch nicht mehr die Jüngste…Sollte da nicht Vernunft vor Wunsch gehen?

Dann wiederum habe ich so viele Jahre lang versucht, so zu sein, wie ich sein muss.

Mein Vater nannte meine Therapie, zu der er mich drängte, die aber dann nicht die Ergebnisse brachte, die er sich erhoffte, immer einen lächerlichen Selbstfindungstrip. Und meine „Depressionen“ habe ich mir eh nur ausgedacht, um meine Faulheit zu entschuldigen und anderen ein schlechtes Gewissen zu machen.

Aber…vielleicht sollte ich endlich mal tatsächlich mit der Selbstfindung anfangen. Ich sein.

Ich bin nicht glücklich.

Ich bin schon so lange nicht glücklich.

Seit mindestens 15 Jahren schon komme ich mit mir nicht klar.

Seit mindestens 15 Jahren überlege ich immer nur, wie ich sein muss, um richtig zu sein.

Das ist viel zu lange.

Viel zu lange.

Ich habe mich selbst schon zu lange unglücklich gemacht auf diese Weise.

Habe mir auf diese Weise von mir selbst so vieles verderben lassen.

Weil ich zu viel Angst hatte.

Weil ich letztendlich zu viel Angst davor hatte, ich zu sein und als „Ich“ nicht gemocht zu werden.

Weil ich zu viel Angst davor hatte, alleine zu sein. Einsam. Ohne alles.

Dann lieber unglücklich und so wie es war, aber wenigstens den Anker, den Fels, die Kette, die Fessel „Eltern/Vater“.

Ich wollte es nie wieder so weit kommen lassen…Vor zwei Jahren…das war so ein Schock. Filipe…

Und auch wenn das jetzt alles ein bisschen was anderes war, die Situationen sind nur mäßig vergleichbar gewesen und ich habe mich dieses Mal schon so viel besser angestellt als damals noch, war es doch nicht genug.

Ich bin wieder an meinem eigenen Ballast gescheitert.

Das will ich nicht mehr. Ich will ihn endlich loswerden. Mich davon befreien. Ich muss hier einfach raus. Und ich muss jetzt damit anfangen. Und nicht erst, wenn ein fernes Irgendwann eingetreten ist.

 

Kommentare


unbekannt
19:47 23.08.2010
Jemand, der darüber nachdenkt, ob er eine "rücksichtlose Ego-Schlampe" ist, wenn er was für sich tut, ist genau das NICHT.
Und ich spreche aus eigener Erfahrung, wenn ich dir sage, dass die Leute dich erst recht dann mögen, wenn du DU bist.


Kommentar löschen
Soll der Kommentar wirklich gelöscht werden?
Löschen | Abbrechen

Kommentieren


Nur für registrierte User.

c. Offline

Mitglied seit: 05.06.2010
DE mehr...
Wirklich beenden?
Ja | Nein

2010-08-23 19:00