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Tagebuch MI
2008-06-18 17:50
Die Schwierigkeit der Umsetzung...
...eigener Ratschläge

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Eine Situation, zwei Sichtweisen. Ein großes Forschungsgerät, für das ich mitverantwortlich bin, funktionierte nach einem Umbau nicht. Bei dem Umbau war ich nicht beteiligt, mein Kollege N. hatte mich lediglich informiert, daß eigentlich alles wieder funktionieren müßte, ich solle aber sicherheitshalber alles checken.

Habe ich auch getan, so wie ich es immer tue nach einer Gerätepause, obwohl ich eigentlich einen Praktikanten zu betreuen habe und eigentlich gerade nicht so viel Zeit hatte. Zunächst schien alles in Ordnung zu sein. Es mußte einiges hin- und hergeräumt werden, aber das habe ich ohne Murren getan, obwohl es ja nicht ganz meine Angelegenheit war, denn sehr viele Leute haben da ihre "Spuren" hinterlassen.

Ich überließ das Instrument schließlich dem nächsten Interessenten, der es zur Messung einsetzen wollte. Nach einiger Zeit rief er mich an und teilte mir mit, daß sich der Detektor nicht bewegen ließe. Ich habe tagsüber viele andere Sachen zu tun, die Zeit, die ich für das Instrument habe, war eigentlich schon abgelaufen. Und ich hatte diesen Praktikanten. Doch da es derzeit keinen Hauptzuständigen für das Instrument gibt und ich in gewisser Weise der Flaschenhals bin, durch den alles muß, blieb mir nichts anderes übrig, als mich weiter zu kümmern. Letztlich ist das für mich auch so eine Art "Ehrensache".

Und macht mir auch Spaß, ich tue es gerne, es ist aber eben nicht mein einziger Job, auch wenn das für Gerät besser wäre, wenn sich endlich einmal einer voll dafür zuständig fühlen würde. Ich kümmerte mich also, konnte aber aus meinem Arsenal keine Lösung des Problems finden. Es ging schließlich auf Feierabendzeit zu, und so konnte ich auch keine Techniker oder Softwareleute mehr erreichen. Notgedrungen mußte das Gerät eine Nacht pausieren. Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, habe ich abends noch per Email zwei Mitarbeiter (Techniker, Software) für den nächsten Morgen bestellt.

Heute morgen konnten wir das Problem auch einkreisen, es stellte sich heraus, daß es tatsächlich an den Arbeiten der vergangenen Woche lag. Etwas verärgert war ich nun schon, daß ich das ausbaden mußte, was andere angezettelt haben. Aber wie gesagt: kann alles vorkommen. Und gehört auch mit zu meinen Aufgaben, in solchen Fällen das Gerät wieder zum Laufen zu bringen.

Dann kam N. hinzu - mir leicht überstellt, da letztlich zuständig für den ganzen Gerätepark -, und wollte wissen, was los ist. Für ihn sah es nun so aus, daß wir im Grunde viel Zeit verloren hatten. Denn wir hätten ja schon viel früher den Detektor testen können und hätten das Problem dann schon am Tag zuvor lösen können.

Als er das andeutete war ich kurz davor zu explodieren. Erst brockt er mir das ein, und dann kommt noch so ein Satz. Ich konnte es nicht glauben. Aber so sind die beiden Sichtweisen. Man kann beide verstehen, wenn man - wie es bei den Indianern heißt - einmal in beiden Mokassins gelaufen ist (oder sich zumindest vorstellen kann, wie das ist).

Geärgert hat es mich nun schon, daß, statt daß ich ihm verbal eins auswischte (Racheakt), ich selbst den Schlag einstecken mußte. So ist das Leben eben. Meine Wutmail, auch die in modifizierter, also entschärfter Form, habe ich denn auch nur geschrieben, aber nicht abgeschickt.

Das ist immer besser. Wenn ich eine Erfahrung gemacht habe, dann die: niemals Wutmails verschicken. Nie, niemals. Die kann man sich selbst zuschicken und später einmal darüber lachen. Man kann sie schreiben und dann abgespeichert für immer auf der Festplatte lassen. Aber man sollte sie nicht abschicken.

Als ich schließlich N. auf dem Weg zur Kantine noch mal begegnete, war ich froh, daß keine Email zwischen uns stand. Ich hatte einfach vor Ort den Moment verpaßt, in dem ich mich hätte äußern können. Mir fehlte es an Schlagfertigkeit, bzw. der Satz meines Kollegen hatte mich völlig überrumpelt. Und so etwas per Email nachzuholen macht alles nur noch schlimmer.

Es gibt etwas, an das zu halten sich zumeist als sinnvoll erweist: "Don't explain, don't complain." Auch wenns manchmal schwer fällt. In der Regel sprechen die Tatsachen für sich selbst, und wenn sie es tun, dann ist das tausendmal besser als jede nachträgliche Erklärung. Und wer sie nicht sehen will, wird sie auch dann nicht sehen, wenn man seine Schnauze reinreibt. "Don't explain, don't complain": ich habe diesen Rat schon oft gegeben. Heute war ich selbst damit an der Reihe.

MI

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