self-control
Es gibt viele Leute, die Sonntage nicht mögen. Warum? Eigentlich verbindet man mit Sonntagen doch immer faule Tage im Bett, na zumindest ist das ein weitverbreitetes Klischee. In der Tat ist es aber meistens so, dass der Gedanke am nächsten Tag wieder arbeiten bzw. in die Schule zu müssen, für viele ein Grund ist den Sonntag nicht mehr ganz so rosig zu sehen. Ich muss momentan nicht mehr in die Schule und ich muss Sonntags meistens arbeiten, bei mir sieht das also ein bisschen anders aus.
Ich muss auch sagen, dass ich die meisten Sonntage oder das was davon übrig war zuhause verbracht habe und zumeist auch alleine. Sonntag war mein Tag.
Das ist er derzeit natürlich noch immer, aber man kann seine freie Zeit auch anders planen. Das mit ihm war bis vor kurzem, eigentlich bis vorgestern noch richtig unverbindlich. Sozusagen ein Abkommen, ein Zusammenschluss um Spaß zu haben. Gestern wollte er sich dann mit mir treffen, nicht so mehr oder weniger zufällig auf einer Party, sondern vorsätzlich. Eine Verabredung, ein Date, eigentlich ein verlockender Gedanke, hätten wir diese Datingphase nicht bereits vollkommen übersprungen. Unser Verhältnis ist um einiges intimer als gemeinsam Eiscreme löffeln...
Dann dürfte es für dich aber doch kein Problem sein ihn zu treffen, geht es dir durch den Kopf. Ist es aber und zwar ein gewaltiges!
Denn du willst deinen Spaß haben, aber eine Beziehung? Natürlich hast du das niemals ausgeschlossen, wie denn auch, momentan ist er es der dich zum Lachen und zu vielen mehr bringt.
Und momentan siehst du all das in einem riesigen Scherbenhaufen vor dir liegen, warum will er sich mit dir treffen, ihr seht euch doch eigentlich sowieso jeden Tag, nur eben nicht vorsätzlich fügst du ein wenig kleinlaut hinzu. Ist der Unterschied wirklich so gewaltig, dass du es nicht tolerieren, nicht einfach drauf eingehen kannst?
Ja, stellst du ein bisschen überrascht für dich fest und teilst ihm mit, dass du für ein Date keine Zeit hast. Er reagiert nicht beleidigt, nimmt es einfach so hin und du bist froh darüber.
Zwei Stunden später, ungefähr zur gleichen Zeit wie die geplante Verabredung, trudelst du bei einer Freundin ein. Ein kleiner Grillabend mit der Clique. Du begrüßt alle, nimmst dir eine Flasche Becks und lässt dich in einen Stuhl fallen, es ist der Stuhl neben Seinem. Er sieht dich an wie immer, ihr unterhaltet euch wie immer, lacht.
Die Unterhaltungen gehen quer über den Tisch, mal zwischen Einzelnen, mal ist die ganze Gruppe beteiligt.
"Hey, wie läufts jetzt mit deinem Mädel?", fragt ein Kumpel.
Überraschenderweise geht die Frage an Ihn, ich verschlucke mich an meinem Bier.
Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück, lacht und meidet meinen Blick auffällig. "Immernoch kein Fortschritt?"
Zum Glück hatte ich in diesem Moment mein Bier schon abgestellt. "Nein, ich glaube sie ist noch nicht so weit." Das ist dann der Moment in welchem er sich zu mir dreht und mir dieses Lächeln zuwirft, ein nachsichtiges Lächeln.
Ein Lächeln, dass ich selbstverständlich erwidere, allerdings ist mein Lächeln nicht nachsichtig.
Ein paar Bier für ihn und für mich ein paar Gläschen Wein später, erhebe ich mich, verabschiede mich und gehe. Vor dem Tor stecke ich mir eine Zigarette an, gehe dann aber einfach weiter, warte nicht auf ihn. Er holt mich erst fünf Minuten später ein, kommt ein bisschen außer Atem neben mir an. Wortlos gehen wir weiter und wieder ist es seine Hand, die zu mir hinüber schwingt.
Als wir später, gleich nachdem meine Wohnungstür zugefallen war, übereinander herfallen, schmeckt sein Kuss nach Verlangen, aber da ist auch etwas anderes. Wut stelle ich überrascht fest und bin noch viel erstaunter, als ich die Wut auch in meinem Bauch fühle.