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Tagebuch Doc12
2010-10-16 09:19
Der weinende Clown - 86
Samstag.
Sie hatten die Zeit miteinander sehr genossen, waren erst spät am Vormittag aufgestanden, Sarah wollte die Wohnung auf Vordermann bringen, Bruno bekam einen langen Einkaufszettel und war von ihr zum Einkaufen geschickt worden. Anschließend sollte er Karsten abholen. Obwohl er vorgab, sehr in Eile zu sein, ließ sich Sarahs Mutter nicht davon abhalten, ihn zu einer Tasse Kaffee zu nötigen.
Zögernd ließ er sich breit schlagen, was er jedoch schon nach kurzer Zeit bedauerte, denn die alte Dame war sehr neugierig und versuchte, ihn nach allen Regeln der Kunst auszuquetschen. Sie wollte reden, erzählte ihm ihre Probleme und Sorgen, die sie sich vor allem um ihre Tochter machen würde und wie froh sie wäre, dass Sarah nun wieder einen Mann an ihrer Seite hätte. Er kam kaum zu Wort, nickte nur ab und zu verständnisvoll, was sie vermutlich als Aufmunterung zum Weiterreden betrachtete. Schließlich waren gut anderthalb Stunden vergangen, in denen sie ihm fast ihre ganze Lebensgeschichte anvertraut hatte.

Bruno sah auf die Uhr. „Ich glaube, wir sollten jetzt gehen – Sarah wartet sicher schon auf ihre beiden Männer.“ Zu Karsten gewandt, meinte er: „Fahren wir, junger Mann?“
„Machen wir die Düse“, antwortete der Junge.
Bruno musste lachen.
„Der Junge hat manchmal eine Ausdrucksweise – schlimm! Woher er die bloß hat?“ Sarahs Mutter schüttelte den Kopf.
„Von mir sicher nicht – ich vermute eher, er sieht zu viel fern. Aber das Problem werden wir auch noch in den Griff bekommen“, entgegnete Bruno.
„Hoffentlich. Diese Fernsehprogramme sind oft der allerletzte Mist. Besonders die Privatsender bringen häufig Sendungen, die sind so was von dämlich, oberflächlich und hohl, dass es kaum zu fassen ist. Erst neulich habe ich eine Talkshow gesehen, in der ein junges Paar ganz offen seine schmutzige Wäsche ...“
„Ich weiß – ich kenne diese Art Sendungen – und mir wird regelmäßig schlecht dabei. Normalerweise sollte man dafür die Gebührenzahlungen an die GEZ einstellen. Es ist eine Unverschämtheit, den Leuten für diesen Schund auch noch das Geld aus der Tasche zu ziehen“, unterbrach er sie.
„Anscheinend sehen die Leute das gerne.“
„Ich nehme es an, sonst würde es nicht gesendet. Es ist aber nur ein weiteres Indiz für den moralischen Verfall unserer Gesellschaft“, antwortete er.
„Wir können nichts daran ändern“, stellte sie resignierend fest.
„Könnten wir vielleicht schon, aber wir tun es nicht. Doch darüber sollten wir ein andermal reden. Wir müssen jetzt wirklich los.“
„Mit Ihnen kann man sich sehr gut unterhalten“, meinte sie, drückte ihm die Hand und nahm Karsten zum Abschied in den Arm. Bruno packte den Jungen auf den Rücksitz, schnallte ihn an und sie fuhren los.

Als sie zu Hause ankamen, hatte Sarah bereits bei ihrer Mutter angerufen. Sie war in Sorge über Brunos langes Ausbleiben gewesen.
„Na endlich!“, sagte sie, als sie die Wohnung betraten.
„Entschuldige Schatz, aber deine Mutter ist eine Quasselstrippe. Sie hat mich fast zwei Stunden aufgehalten.“
„Ich weiß. Aber man kann ihr das kaum verübeln. Sie ist viel allein. Und wenn sie dann zufällig ein Opfer findet, das ihr zuhört, wird sie gnadenlos. Ich kenne das“, meinte sie lachend. „Dann werde ich für heute Abend mal das Essen vorbereiten.
Und was macht ihr in der Zwischenzeit?“
„Wir könnten eigentlich ins Kino gehen“, schlug Bruno vor und sah Karsten dabei an.
„Au ja, toll! Ins Kino! Ich war noch nie im Kino!“ rief Karsten und machte dabei fast einen Luftsprung.
„Moment, junger Mann! Wir müssen erst schauen, ob was Passendes gespielt wird.“
Bruno schnappte sich die Tageszeitung und suchte die Seite mit den Kinoanzeigen.
„Die Schöne und das Biest läuft gerade. Wäre das was? fängt in einer halben Stunde an.“
„Super!“ Karsten war vor Freude schier aus dem Häuschen.
„Na gut, dann geht mal“, meinte Sarah. „Wann kommt dein Freund Gottfried denn überhaupt?“
„Er wollte so um halb sieben herum da sein.“
„Dann solltest ihr bis spätestens um halb sechs wieder zu Hause sein.“
„Schaffen wir locker“, sagte Bruno.
„Schaffen wir locker“, wiederholte Karsten altklug.
Zu Sarah gewandt meinte Bruno: „Übrigens steht heute in der Tageszeitung ein Artikel über Helmut und Loki Schmidt. Den solltest du lesen. Darüber schreiben wir unsere erste Kolumne.“

„Über Helmut Schmidt? Den Altbundeskanzler?“
„Ja. Steht gleich auf der ersten Seite. Titel: Viel Rauch um nichts. Weil Altkanzler Helmut Schmidt und seine Frau Loki in einem öffentlichen Gebäude qualmten, ermittelt jetzt der Staatsanwalt.“
„Haben die keine anderen Probleme?“, schimpfte Sarah.
„Wer? Die Schmidts?“
„Nein. Die Justizbehörden.“
„Sollte man eigentlich annehmen.“
„Gehen wir jetzt, Bruno?“, bettelte Karsten.
„Okay Sportsfreund, gehen wir.“ Beide verabschiedeten sich eilig und verließen die Wohnung.

Kommentare


unbekannt
10:24 16.10.2010
mh....

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2010-10-16 09:19