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Tagebuch Doc12
2010-10-15 07:47
Der weinende Clown - 85
Er hatte Sarah und Karsten abgeholt, den Jungen danach zu seiner Großmutter gebracht und nun waren sie auf der Autobahn in Richtung München. Sarah, zunächst etwas nervös, beruhigte sich schnell wieder, als Bruno ihr klar machte, dass dies kein normales Bewerbungsgespräch sei, sondern er Hans-Jörg Fitz seit seiner Schulzeit kenne und sie in jungen Jahren sehr viel gemeinsam unternommen hatten – speziell was das „Aufreißen“ von hübschen Mädchen betraf. Er erzählte ihr einige Episoden von gemeinsamen Disco-Besuchen, Partys und versicherte ihr, dass Hans-Jörg vermutlich sogar froh wäre, dass er – oder besser: sie beide die Aufgabe übernehmen würden.

Das Gespräch war dann auch ziemlich locker verlaufen, die Chemie hatte sofort gestimmt und die beiden Männer sprachen kaum über den Job, sondern ergötzten sich vielmehr an ihren Jugenderinnerungen, wobei sie sich in ihren Erzählungen gegenseitig zu übertreffen versuchten.
Als sie anschließend im Restaurant beim Essen saßen, meinte Hans-Jörg nur kurz: „Und?“
„Was und?“, fragte Bruno.
„Übernehmt ihr den Job jetzt? Ja oder ja? Ihr seid freie Mitarbeiter, ich bezahle euch pro Kolumne achthundert Euro, das macht also bei vier Ausgaben gut dreitausend Euro im Monat – aber gut müssen sie sein und sollten bei den Lesern ankommen.“
Sarah strahlte über das ganze Gesicht. „Klar machen wir das! Und wir werden uns gewaltig anstrengen, nicht wahr?“ Dabei sah sie Bruno von der Seite an.
„Den Teufel werden wir tun, mein Schatz“, erwiderte Bruno und meinte weiter: „Wenn wir Humor ins Spiel bringen sollen, dann ist Anstrengung völlig kontraproduktiv. Satiren entstehen selten durch Anstrengung, sondern müssen locker aus der Hand fließen.“
Fitz grinste. „Ihr werdet das schon machen, da habe ich absolut keine Angst.“
Er sah auf die Uhr. „Ich glaube, ich muss wieder in die Redaktion.“ Er beorderte die Kellnerin an den Tisch und bezahlte. Sie verließen das Lokal, verabschiedeten sich herzlich voneinander, Hans-Jörg nahm Sarah kurz in den Arm und drückte sie.
Dann begleitete er beide zum Auto, ein letztes kurzes Winken und sie waren wieder auf dem Heimweg.

„Ich kann es kaum fassen!“ Sie war aufgekratzt und übermütig. „Ich bin wieder im Rennen!“, jubelte sie.
„Alles wird gut“, brummte Bruno und lächelte. „Ich habe übrigens noch eine Überraschung für dich.“
„So?“
„Kannst du morgen Abend so richtig toll aufkochen?“
„Warum das denn?“
„Wir bekommen Besuch.“
„Von wem?“
„Gottfried.“
„Was? Wirklich?!“
„Ja. Ich habe gestern mit ihm telefoniert. Er kommt. Ist zufällig hier in der Gegend. Ich erzählte ihm von dir und er meinte, dann könnten wir uns ja bei dir treffen. Ich habe ihn zum Essen eingeladen.“
„Ist ja irr!“, stammelte sie überrascht und meinte nach einer Weile: „Hm – was soll ich kochen?“
„Kannst du Rindsrouladen machen?“
„Ist er die besonders gerne?“
„Weiß ich nicht. Aber ich mag sie.“
„Klar kann ich Rindsrouladen machen, kein Problem.“
„Gut, dann wäre das auch abgeklärt.“
„Erzähl mir mal mehr von ihm. Was ist er für ein Mensch?“, wollte Sarah wissen.
„Gottfried kann man nicht beschreiben – und wenn, dann nur sehr schwer. Er ist völlig anders als andere. Du wirst ihn ja selbst kennen lernen, danach kannst du dir dein eigenes Urteil über ihn bilden.“
„Das ist vielleicht eine ergiebige Aussage ...“, murmelte sie und schüttelte lächelnd den Kopf. „Manchmal habe ich fast den Eindruck, du kennst ihn selbst nicht so richtig.“
„Damit hast du vermutlich gar mal nicht so Unrecht“, entgegnete Bruno.

Eine kurze Pause entstand. „Mir ist nach Feiern zumute“, meinte sie.
„Können wir doch morgen.“
„Ich möchte aber heute Abend feiern – mit dir allein. Bei einer Flasche Champagner.“
Er grinste. „Das lässt sich bewerkstelligen, mein Schatz. Aber hoffentlich artet das nicht aus.“
„Und wenn schon!“ Sarah kramte ihr Handy aus der Tasche und wähle die Nummer ihrer Mutter.
„Wen rufst du an?“, fragte er.
„Meine Mutter. Vielleicht kann Karsten heute Nacht bei ihr bleiben.“

Sarahs Mutter meldete sich, sie erzählte ihr die Neuigkeiten. „Kann Karsten heute Nacht bei dir schlafen, Mama? Wir müssen noch in München bleiben“, log sie. „Wir holen ihn morgen Vormittag ab.“ Nach einigem Hin und Her war die Sache geklärt, Sarahs Mutter freute sich über den Erfolg und war damit einverstanden, Karsten noch eine Nacht bei sich zu behalten.
„Lügen darf man doch nicht!“, brummte Bruno und grinste schelmisch.
„Du hast Recht, sollte man nicht. Doch manchmal erleichtert man sich das Leben durch eine kleine Lüge immens – und so ab und zu eine sturmfreie Bude hat doch was, oder?“
„Hat was“, bestätigte er und nahm zärtlich ihre Hand.

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2010-10-15 07:47