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Tagebuch Doc12
2010-11-16 06:34
Der weinende Clown - 115
Bruno griff nach einem Stück Brezel, strich sich etwas Senf darauf und murmelte: „Also deshalb ...“
„Genau – deshalb seht ihr euch sogar äußerlich ähnlich und deswegen fühltest du dich sofort mit Donatello verbunden, als du ihn sahst. Und darum verlief vieles in eurem Leben fast parallel.“
„Stimmt. Ich war im Krankenhaus an seinem Bett gesessen und plötzlich überkam mich ein warmes Gefühl der Zuneigung. Es war beinahe so, als hätte ich einen lang vermissten Freund wiedergefunden – einen Teil von mir.“
„Dem ist auch so.“
„Aber sag mal, weshalb musste ich mir dann erst die Mühe machen und ein Buch darüber schreiben und mir dabei fast den Arm verrenken? Ich meine, das wäre doch anders ...“
„Klar wäre das auch anders gegangen – doch weißt du, ich wollte, dass du schreibst, weil sich dieser Stoff sehr gut für einen Roman eignet.“ Gottfried schob sich lächelnd ein Stück Weißwurst in den Mund, kaute genüsslich und meinte weiter: „Außerdem musste ich dich beschäftigen, sonst hättest du dich eventuell noch selbst getötet und das, mein Guter, wäre so mit das Schlimmste, was du dir antun könntest.“
„Na ja – so schlimm wäre es wohl nicht gewesen. Ich nehme an, die Erde hätte sich auch ohne mich weiter gedreht – und ich wäre meine Sorgen los gewesen.“
„Stimmt, ja – die Erde hätte sich weiter gedreht. Ganz sicher sogar. Doch du wärst für lange Zeit in einer Schleife gefangen gewesen – und deine Sorgen hättest
du mit dir genommen.“

„In einer Schleife? Was soll das nun wieder heißen?“
„Ein Selbstmörder führt nach seinem Tod immer wieder die gleiche Tat aus – das soll es heißen – für eine sehr, sehr lange Zeit ...“
„Du meinst ...“
„Genau – das meine ich. Er bringt sich immer wieder selbst um – auf die gleiche Weise – als ruhelose Seele gefangen in einem fast endlosen Zeit-Raum-Kontinuum und es dauert sehr lange, bis die Erlösung gewährt wird.“
„Und weshalb?“
„Es ist die Strafe, die zur Einsicht zwingt. Keiner von euch hat sich das Leben selbst gegeben, so hat er auch kein Recht, es sich selbst zu nehmen. Denn mein Sohn, bedenke dies: Euer Leben gehört nicht euch, wie ihr so oft glaubt, sondern es ist euch nur geliehen – und es ist mit das Kostbarste, was man euch gegeben hat – auch wenn ihr so oft der Ansicht seid, das Leben eines Menschen oder Tieres zählt nicht viel. In diesem Leben werden euch Aufgaben gestellt, die es zu erfüllen gilt. Dies ist das Gesetz, das ist der Sinn und daran kommt keiner von euch vorbei. Erst dann, wenn ihr diese Aufgaben weitestgehend erfüllt habt, tretet ihr ab. Und wenn ihr eure Hausaufgaben nicht ordentlich gemacht habt, dann geht ihr in die nächste Runde. Erst wenn ihr in der Lage seid, bedingungslos zu lieben, seid ihr frei. Denn in der Liebe liegt der höchste Sinn des Lebens – sie erst ist es, die euch zu dem macht, was ihr seid: zu Menschen – zu meinen Geschöpfen nach meinem Ebenbild. Fehlt sie euch, werdet ihr zu seelenlosen Kreaturen, die sich außerhalb des Schöpfungsplanes stellen.“

„Na ja, dann habe ich mein Soll ja wohl erfüllt“, entgegnete Bruno mit einem süffisanten Lächeln.
„Du? Nein. Die Sexualität rechne ich nicht dazu, sie allein ist Trieb. Also brüste dich nicht damit, mein Freund! Erst dann, wenn sie mit wahrer Liebe gepaart ist, als körperlicher Ausdruck zur Liebe hinzukommt – erst dann findet alles mein Wohlwollen.“
„Du siehst das aber eng, lieber Gottfried ...“
„Durchaus nicht. Und zudem gibt es ja nicht nur die Liebe zu einem andersgeschlechtlichen Menschen – ich sehe das vielmehr global ...“ Nun war es an Gottfried, süffisant zu lächeln.

Bruno bekam langsam das Gefühl, dass dieses Thema für ihn sehr unangenehm werden könnte, deshalb versuchte er, abzulenken, indem er fragte: „Was passiert jetzt mit Donatello und mir?“
„Aha – das Thema wird dir unangenehm ...“ Gottfried grinste und antwortete: „Donatello und du? Ihr seid verwandte Seelen und euer momentaner Aufenthalt hier auf der Erde ändert nichts daran. Ihr gehört zusammen wie Tag und Nacht und ich habe nicht die Absicht, euch noch länger zu trennen, denn ihr leidet beide unter dieser Trennung, auch wenn es euch nicht bewusst ist – dennoch ist es so. Jedoch ist dieses Leiden nicht gerecht und unnütz – ihr seid gespaltene Seelen, genauso gespalten ist auch euer beider Leben.“
„Aber du hast meine Frage nicht beantwortet. Wie geht das nun weiter mit Donatello und mir?“
Ihr werdet ganz sicher wieder zusammenfinden – und der Anfang ist ja bereits gemacht.“
„Und dann?“
„Dann werdet ihr merken, dass ihr für immer zusammengehört.“
„Aber ich verstehe es nicht. Ich meine – Sarah und ich gehören zusammen – als Paar. Was hat Donatello dabei zu suchen?“
„Deine Verbindung mit Sarah ist etwas anderes. Sarah bietet dir gemeinsam mit ihrem Karsten eine Familie, in der du dich wohlfühlen kannst, die für dich da ist, und für die du da sein kannst. Du brauchst das, denn im Grunde deines Herzens bist du ein Familienmensch, auch wenn du es dir gegenüber nicht zugibst und glaubst, du wärst der einsame Wolf. Doch erinnere dich: Wie hast du dich früher, in deiner Jugend und später als junger Mann in deinem Elternhaus wohlgefühlt!? Es war deine Welt und du hättest es dir nicht besser vorstellen können. Wie auch
immer: Im Lauf der Zeit wirst du feststellen – und auch Sarah – dass Donatello zur Familie gehört, weil er zunächst einmal dein Freund, aber auch gleichzeitig die
andere Seite deiner Seele ist. Ihr seid wie eine Münze, die bekanntlich ja auch zwei Seiten besitzt. Donatello und du – ihr kennt euch genau genommen schon seit Jahrhunderten.“

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