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Tagebuch Stern
2005-05-08 21:27
Schluss
Die folgende Zeit ging ich durch die Hölle.
Nach diesem Vorfall saßen wir ne ganze Zeit lang in dem muffigen Zimmer und haben geredet. Es sind auf beiden Seiten Tränen geflossen. Doch es war einfach nicht mehr das. Da war ein anderes Gefühl. Ihn anzusehen tat weh. Und ich fühlte mich gedemütigt.
Mein Charakter hätte normalerweise von mir verlangt ihn mit eisigen Blicken und Ignorieren bestraft. Hätte ihm mit allem gezeigt wie wertlos er neben mir ist. Wie viel ich wert bin. Doch ich gebe zu , ich hatte etwas Angst. Angst vor seiner Unberechenbarkeit.
Wie gesagt er tat mir leid. Er ist nicht so. Nicht in Wahrheit. Seine Seele ist zerrissen und verwundet noch aus seiner Vergangenheit.
Doch es konnte einfach nicht sein , dass ich so darauf Rücksicht nehmen musste. Er entschuldigte sich mehrmals. Er weinte. Doch etwas war unwiederbringlich in mir vorgegangen.
Der nächste Tag war ein Feiertag. Ich dachte an meine Familie , die jetzt gemeinsam den Tag verbrachte. Alle würden da sein. Alle würden Spass haben. Nur ich würde fehlen. Weil ich den Tag in einem muffigen Hotelzimmerchen absaß mit einem Freund von dem ich nicht wusste was in ihm vorging.
Er versuchte die Normalität aufrecht zu erhalten. Er behandelte mich wie ein rohes Ei. Er spürte die Distanz , die ich aufgebaut hatte.
In dieser Zeit wollte ich nichts anderes als schlussmachen. Später am Vormittag gingen wir dann aus dem Hotel. Wir liefen an eine Bushaltestelle. Ich setzte mich hin und schwieg. Jetzt war ich frei. Die Wände des Zimmers waren weg. Er spürte , dass die Normalität nicht entstehen konnte und sprach mich darauf an , was mit mir los wäre. Ich blitzte ihn nur böse an. Wenn er das nicht wusste ! So etwas Ähnliches sagte ich dann auch. Und dann traf er den Nagel auf den Kopf: "Gib es doch zu. Du willst nicht mehr. Du liebst mich gar nicht mehr. Du willst die ganze Zeit doch Schluss machen ,nur weißt du nicht wie du's anfangen sollst , weil du Angst vor mir hast." Die Antwort kostete mich Überwindung. "Ja." Ich musste es mehrmals wiederholen , bis er meine Absicht begriff. "Ja."
Wider Erwarten liefen Tränen aus seinen Augen. Er ging hinter das Haltestellenhäuschen. Ich hörte dass er weinte. In Gedanken ermahnte ich mich , nicht nachzugeben. Er sagte er wolle sich umbringen ,wenn er mich jetzt wirklich verlieren würde. Ich erwiderte nur kalt , er solle nicht versuchen mich unter Druck zu setzen es ändere nichts an meinen Gefühlen. Ich erklärte ihm alles. Führte ihm ausführlich vor Augen ,was er mir da angetan hatte. Dass ich soetwas nicht verdient hätte. Ich sah ihm an , dass er begriff , dass es Dinge gab , die er nicht einfach mit seiner schlimmen Kindheit entschuldigen konnte. Dass es keinen Freibrief für ihn gab. Und das Schlimmste: er sah ein , dass er es nicht verdient hatte , mich zurückzubekommen.
Wir landeten schließlich auf den Stufen vorm Bahnhof. Ich versuchte seinen ununterbrochenen Tränenfluss zu ignorieren. Ich wollte stark bleiben. Inzwischen hatte er mich mehrmals bekniet und mich angefleht nicht fortzugehen. Ich hatte ihm mehrmals versichert , dass er mich zum Teil für immer verloren haben würde , ganz gleich ob ich ihm noch eine Chance geben würde oder nicht.
Er begann zu verstehen. Er versprach mir es nie wieder zu tun.
Was sollte ich auf dieses Versprechen noch geben? Mein Verstand hatte schlussgemacht. Doch etwas in mir wollte nicht , dass ich auch zu einer Person wurde , die ihn verließ und ihn alleine zurückließ. Ich hatte geschworen , ich würde ihn befreien von seinen Sorgen. Ich wollte nicht aufgeben. Ich gab ihn nicht auf.

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liebe 

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2005-05-08 21:27