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Tagebuch Sommer
2016-07-01 19:25
Auf Kriegsfuß

Daß ich damit eines Tages richtig liege, hätte ich nie im Leben gedacht, aber irgendwann ist ja immer das erste Mal. Dieses erste Mal war dann heute. Daß Ekel Alfred mit einem langen Gesicht durch die Gegend läuft, daran habe ich mich schon längst gewöhnt. Für mich ist das schon so normal wie Zähneputzen, denn immerhin ertrage ich das seit fast neun Jahren. Daß er sauer war, weil Chef ihm seine Sachen auf den Tisch gelegt hat, kann ich verstehen. Dagegen will mir nicht in den Kopf, was seit gestern im Büro abgeht. Da ist sein Gesicht noch länger und er redet noch weniger als sonst. So weit, so gut. So richtig bewußt wurde mir das, weil ich wegen einer Sendung was wissen wollte. Was auch eigentlich kein Drama war, wenn der Kollege einfach nur meine Frage beantwortet hätte. Er maulte mich an, was er jetzt mit dem Schein sollte. Er hätte mir das Teil auch kommentarlos zurück geben können, aber irgendwie hat er das nicht gemacht. Er hätte mir das Teil auf den Schreibtisch legen können, aber er hatte wohl seine Gründe, genau das nicht zu machen. Und wie der Zufall es will, habe ich vom Kollegen einen Einlauf bekommen. Er wollte wissen, warum ich ihn nicht genug unterstütze. Ich würde mich um Sachen kümmern, die nicht so wichtig sind. Genau das ist er nicht von mir gewöhnt und er hat jetzt ein anderes Bild von mir. Wenn das so ist, dann wundert es mich, daß er bis jetzt immer große Stücke auf mich gehalten hat. Was das angeht, wäre ich so wie unser Abteilungsleiter. Was er auch verstehen kann, weil dieser kaum was macht. Dieser Vergleich ist einfach nur geil. In seinen Augen telefoniere ich ständig und war zu oft draußen bei den Jungs. Er sitzt  jeden Tag 10 Stunden im Büro und reißt sich den Arsch auf, worauf er keine Lust hat. Und wie ich mir das vorstelle, wo wir in der nächsten Woche noch eine Person weniger sind. Das sind echt harte Worte, die mir an der Stelle zu denken geben. Was soll ich denn machen? Mir Erbsen in die Schuhe packen und nach Lourdes pilgern? Ganz bestimmt nicht. Wenn Ekel Alfred das so scheiße findet, daß ich die Papiere raus bringe, kann er das doch machen. Dann soll er auch dafür sorgen, daß drei Eimer unter meinem Schreibtisch stehen, denn er findet es garantiert nicht gut, wenn ich zwischendurch mal aufs Klo gehe. Die Eimer kann er dann aber leer machen. Viel Spaß dabei. Da ich gerade im Thema bin, kann er auch dafür sorgen, daß ich ab und zu was zu essen und trinken kriege. Wenn ihm das alles nicht reicht, kann er gucken, was die Jungs gepackt haben und mir die Arbeit auf den Tisch schmeißen. Das dürfte doch ganz in seinem Sinne sein.

Was soll es bringen, wenn ich am Wochenende in mich gehe und mich am Montag dann doch um den Export kümmere? Nichts. Das Bild, das Ekel Alfred lange Zeit von mir hatte, ist zerstört, also kann ich mich voll und ganz der Vertretung widmen. Wenn ich ehrlich bin - und das sollte ich an der Stelle sein - könnte sich Ekel Alfred seine Worte auch zu Herzen nehmen. Das macht er eh nicht, von daher muß ich mir nicht den Kopf darüber zerbrechen. Auch wenn er irgendwann mal bestimmt hat, wer was macht, muß das noch lange nicht heißen, daß das die nächsten anderthalb Jahre auch so sein muß. Er geht doch auch zu den Jungs und holt sich die Aufträge für Spanien. Da dürfte es wohl nicht zu viel verlangt sein, auch mal in die anderen Körbchen zu gucken. Wenn ich das richtig verstanden habe, werden die Aufträge für Spanien nur einmal in der Woche verschickt. Ich weiß also nicht, warum er deswegen so ein Faß aufmacht. Ich glaube nicht, daß es ihm auffallen würde, wenn ich 15 Stunden im Büro sitze und mir meinen Arsch bis zur Halskrause aufreiße. Es wäre ihm bestimmt egal, wenn ich eines Tages im Strahl kotze. Mag sein, daß ich jetzt ungerecht bin, aber das bin ich nun mal, wenn ich noch weiter darüber nachdenke. Ich kann mich an Situationen erinnern, da habe ich mich während meiner Vertretung auch noch um den Export gekümmert. Da war auch noch alles gut und seine Meinung von mir war noch eine ganz andere. Tja, jetzt stehe ich da und weiß nicht mehr weiter. In meiner Verzweiflung habe ich meiner Kollegin eine SMS geschrieben und habe ihr erzählt, was abging. Ihre SMS war nett geschrieben, aber ein wirklicher Trost war es nicht. Zumindestens nicht für den Moment. Ich vermute, daß Ekel Alfred richtig los legt, wenn Chef wieder arbeiten kommt. Er wird sich auch darüber beschweren, daß ich nicht so viel gemacht habe wie sonst. Dann soll er  doch. Vielleicht hat er ja einen Abgang dabei. Ich vermute, daß er davon besser aufs Klo gehen kann. Davon werde ich garantiert nicht sterben. Wenn doch, kann Ekel Alfred froh sein, daß er mich nicht mehr sehen muß. Das kann auch vom Vorteil sein. Ich mache das zwar eigentlich nicht so gerne, aber ich kann meinem Chef ja stecken, was heute so abgegangen ist. Ich weiß nicht, wie ich das verdränge. Es funktioniert irgendwie. Wenn ich dazu komme und ich ganz viel Lust habe, kann ich mir am Wochenende in mich gehen und mir seine Worte noch mal durch den Kopf gehen lassen. Ob ich aber zu einem Ergebnis komme, steht auf einem anderen Blatt. Ich werde so tun, als sei alles normal. Wie es in mir aussieht, hat den Kerl nicht zu interessieren.

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2016-07-01 19:25