Auf vier Rollen
Schon wieder ist ein Wochenende vorbei.
Ich sollte wirklich öfter schreiben, über das, was sich hier so abspielt. Auch wenn es vielleicht für Außenstehende weniger interessant ist – einfach für mich, für später, um diesen Wahnsinn irgendwie zu dokumentieren.

Ich war viel unterwegs, mit Ben und Marek und ein paar Jungs aus dem Skatepark. Vielleicht klingt es ja komisch, wenn ausgrechnet ich das sage, aber man kann doch schon eine Menge Action in Bochum erleben – wenn man mit den richtigen Leuten zu tun hat. Na jedenfalls bin ich fix und fertig....…
Der Skatepark ist ein prima Ort, um neue Kontakte zu knüpfen. Vorausgesetzt natürlich, man hat ein paar Tricks drauf oder kennt den ein oder anderen Skater. Da die ganze Sache für mich Neuland ist, habe ich in dieser Hinsicht schlechte Karten. Aber dann ist da ja noch Ben. Und Ben kennt Marek und die beiden kennen noch viele andere Jungs, die ich gestern zum Teil auch kennen lernen durfte. Irgendwie sind die alle viel lässiger als die Leute, mit denen ich bisher zu tun hatte. Ob das wohl an den Drogen liegt? Na auf alle Fälle habe ich viel gelacht und eine Menge Spaß gehabt, und ich kann mit Recht behaupten, dass ich mich nicht so dumm angestellt habe, wie ich anfangs dachte. Ben hat mir das alte Board geliehen, was er früher selber von einem Kumpel bekommen hat und das seit dem irgendwie etwas eingestaubt bei ihm Zuhause im Zimmer lag. Mit diesem Teil habe ich also meine ersten Versuche gestartet, angefangen bei der korrekten lockeren Haltung, über das Rollen bis zum „Ollie“, der mir dann doch noch etwas schwer gefallen ist. Aber das wird schon, sagt Ben.
Ich denke, dass ich eine neue Beschäftigung gefunden habe. Im Skatepark spielt sich ja nur ein Bruchteil ab von dem, was in der Szene los ist, denn in der Stadt gibt es noch so viele Parks, Treppen, Geländer und Plätze, auf denen die Jungs ihr Ding machen, das ist echt unglaublich. Aber bis ich solche Sachen reißen kann, wird wohl noch ein wenig Zeit vergehen müssen. Und ich brauche ein Board, ein tolles, mit dem ich richtig durchstarten kann. Und das Geld dafür.

Meine Mutter ist übrigens auf die glorreiche Idee gekommen, meinen Vater eine Woche auf Kur zu schicken, damit er seinen Frust und seine Aggressionen abbauen kann und vielleicht mal sein kleines Problem in den Griff bekommt. Ich wäre zwar eher für ein AA-Treffen, aber so weit wären wir dann doch noch nicht, sagt sie. Ob es funktioniert, wage ich zu bezweifeln. Bisher hat sie ihm den Vorschlag noch nicht unterbreitet. Ich frage mich, wie er darauf reagieren wird. Heute morgen hat sie außerdem seine ganzen Whiskeyflaschen im Ausguss entleert. Das ist allerdings keine gute Idee, finde ich. Aber mutig von ihr. Wahrscheinlich versucht sie es wieder mit der Vorbild-Tour, und dass er doch mehr Rücksicht auf uns Kinder nehmen solle. Vernünftig wäre es ja schon…….
Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie es sich entwickelt.

Die letzten Tage in der Schule waren ausgesprochen langweilig. Ich komme mit dem Stoff nicht hinterher, stelle immer wieder fest, dass ich Chemie hasse, und würde lieber arbeiten gehen, irgendwas Produktives machen, anstatt meine Zeit zu verschwenden. Wenn ich doch nur schon was hätte, etwas sicheres, eine Lehrstelle oder eine Möglichkeit Geld zu verdienen! Ich ertrage wohl keinen weiteren Freitag mehr, keine weiteren Chemie- und Biologiestunden unter der Terrorherrschaft von Frau Herzberg, wo einem das Pausenklingeln wie das schönste Geräusch der Welt vorkommt. Es reicht mir einfach!

Glücklicherweise ist morgen Feiertag. Somit fällt wenigstens die Doppelstunde Chemie für diese Woche weg.

Jetzt gibt es Essen.