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Tagebuch Tyche
2006-08-12 15:54
Biergedächtnis
Untergründig schwillt in mir schon seit langem eine wahsinnige Angst mein in die Jahre gekommenenes synthetisches Hirn könnte bald nicht mehr meine, in es oftmals blindwütig eingetippte, Offline-Idendität verarbeiten. Da ich lange Zeit viel Zeit an Arbeitgeber verkauft habe und gleichzeitig wenig Zeit und Arbeit anderer bezahlt habe, war ich nun in der Lage ein multimediales Aldihirn zu bestellen, dass, so hoffe ich, mit seinem Arbeitsspeicher in Lage ist meine aufwändige Identitätsarbeit zu bewältigen. Nicht zuletzt die arrogante Ignoranz meines alten Synthetikhirns gegenüber der neuen Digicam bewogen mich nun zu diesem Schritt.

Kürzlich macht ich mich bei einem Menschen unbeliebt, weil ich ihm sagte, dass ich ihn kenne. Wir sind uns tatsächlich schon mehrmals begegnet, haben sogar einige Worte gewechselt und jetzt erklärte er mir, er fände mich unsympathisch, weil ich sagen würde, ich kenne ihn, er sich aber nicht an mich erinnern könne. Ja, es ist unhöflich von mir gewesen, denn ich hätte stillschweigend seinen Gedächtnisverlust übersehen dürfen, statt dessen, der Mann ist mir möglicherweise auch nicht unbedingt sympathisch, fragte ich ihn, ob er mich sympathischer finden würde, wenn ich ihn anlöge. Wir einigten uns darauf irgendwann einmal ein Bierchen miteinander zu trinken, was mich später, als ich einsam und nicht abgelenkt, zu der bangen Frage brachte, ob ich vielleicht hätte wissen müssen, dass Bier eine, die Gedächtnisleistung puschende, Substanz enthält.
Fürs nächste zufällige Treffen mit dem amnesischen Mann habe ich mir eine Als-Ob-ich-ihn-nicht-kenne-Strategie zurechtgelegt, die den Vorteil hat, dass ich heimliche Kenntnisse über mein Gegenüber geschickt für den Verlauf des Gesprächst verwenden kann. Dieses Fragment muss ich jetzt abbrechen, denn mehr Worte hat diese Ereignis meiner Ansicht nach nicht verdient. Bleibt die noch zu bestätigende Erkenntnis: Es gibt ein Biergedächtnis.

Viel, Viel schöner fand ich, dass A. mir mit ihrem Zeigefinger aufs Bein tippte, diese nonverbale Handlung mit dem Satz kommentierend, sie hätte gerade mal das Bedürfnis gehabt (mich zu berühren). Diese Geste hat einiges an Gewicht, so dass der Biergedächtnismann augenblicklich durch eine wuchtige und schwere Emotion aus meinem Gedächtnis geschossen wurde.

Wäre mein Drahtesel jemals auf die dumme Idee gekommen biologische Funktionen seines Besitzers auch besitzen zu wollen, dann hätte er in den letzten Tagen einige Kilo zugenommen, denn er stand sehr viel in einer dunklen Kellerecke und schmollte vor sich hin. Auch verdächtige ich einige sehr fürsorgende Nachbarn, dass sie versucht haben ihn zu füttern. Doch seine rein physikalische Konstitution wird ihn, egal was sie ihm reinschieben, immer einen grazilen schlanken Aluminiumkörper garantieren, der konstant 10 KG auf die Waage bringt, wenn nicht mal eine Schraube abfällt.

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leben 

Kommentare


unbekannt
18:28 12.08.2006
Das ist aber ein komischer Mensch gewesen,
bestimmt hat dieser ein Gedächtnisverlust
weil er ja soviel Bier konsumiert , mäßiges
Bier trinken führt nicht Verlust nur Schnaps .
Aber auch nur? Wer eine ganze Pulle am tag trinkt.
Schnell vergessen.


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2006-08-12 15:54