Arbeit. Leben.
Das Semester hat wieder angefangen. Ich bin schon gleich in Streß geraten: ist es okay, daß ich nicht vorhabe, mich mit Stunden vollzuladen und unverständliche Seminare zu besuchen? Andere arbeiten sich schließlich auch tot und fühlen sich ganz toll dabei.
An der Straßenbahnhaltestelle sprechen zwei Frauen darüber, daß die eine arbeitslos ist. "Probier doch mal über soundso eine 1-Euro-Job zu bekommen", sagt die eine, "dann kannst du wieder bei uns arbeiten." "Das wär schön", sagt die andere. Die Frage nach der Arbeit war die erste Frage, die die beiden Frauen sich bei der Begegnung gestellt haben. Aber warum? Es zeigt sich ja schließlich im Gespräch, daß anscheinend beiden nicht die Arbeit an sich wichtig ist, sondern das "bei uns", der Kontakt - vom Geld mal abgesehen, klar.
Ich bin so naiv und denke, daß alles schon irgendwie geht. Wer weiß, was sie im Leben will, kann auch in jeder Situation daran arbeiten, das zu erreichen. Bloß bin ich am Semesteranfang wie so oft nicht mehr sicher. Ich glaube nicht an richtig oder falsch - aber ist es vielleicht falsch, wie ich lebe? Ich glaube gar nicht an irgendwelchen übergeordneten Sinn des Lebens - aber hat das denn einen tollen Sinn, wie ich lebe?
Es ist schwierig, überzeugt zu sein, wirklich. Und anstrengend, ein ewiges Projekt zu sein, selbst das eigene.

Dennoch bin ich heute durch den Park gelaufen, hab mit tollen Leuten gesprochen und ein paar liebe Mails bekommen. Die Sonne hat geschienen, es war warm. Mein Liebster hat mir geholfen, als ich durcheinander war und geschrien habe. Er hat mit mir, obwohl er gar keine Zeit hatte, versucht, die Struktur meiner Hausarbeit zu ordnen im Gespräch.
Das meine ich damit, alles geht irgendwie. Die Sonne, die Menschen, die Bäume, Gespräche, Gedanken ordnen, lesen, schreiben,....
...all das ist wichtig. Wenn ich das habe, dann kann ich darauf aufbauen. Dann brauche ich nicht die ideale Karriere oder den teuren Computer oder das, was sie repräsentieren.
Leben will ich. Mich und anderes bewegen: zaubern.
Ich muß mich daran immer wieder erinnern, wenn mich alles verwirrt.