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2010-11-04 00:40
Krisensituationen
Gelegentlich kommt mir bei der Beobachtung mancher Pärchen in meinem Bekanntenkreis der Gedanke, dass ich doch recht froh darum bin, selbst nicht in einer Beziehung „gefangen“ zu sein. Weil das, was ich sehe, mir so gar nicht erstrebenswert erscheint. Ich spreche von denjenigen meiner Freundinnen, die vermeintlich ihr „Ich“ für ein „Wir“ aufgegeben haben, sich völlig in das Leben des Freundes integrierten.

Ja, man schreibt viel Quatsch, so über das Jahr verteilt. Im Moment bin ich gewillt, das Ganze doch weitaus gnädiger zu betrachten. Vermutlich sind es in den meisten Zeiten eh nur Neid und Einsamkeit, die da beim Schreiben entsprechender Texte aus mir sprechen.

Aber es gibt eine Sache, auf die war ich immer stolz. Die lange Beziehungslosigkeit hat mich in vielen kleinen Dingen selbstständig gemacht. Kleinigkeiten, für die einige meiner Freundinnen gleich per Telefon die Hilfe des Freundes anfordern, kann ich selbst erledigen. Kleinere PC-Schwierigkeiten. Ich weiß mittlerweile, mit nicht mehr Hilfe als der aus Internetforen, wie man ein Betriebssystem aufspielt und den PC wieder benutzungsfertig macht. Ich komme mit verstopften Abflüssen klar, habe mal dieses U von meinem Waschbecken selbstständig ausgetauscht. Kleinigkeiten, viele Kleinigkeiten dieser Art kann ich aufzählen und ich finde es gut, wirklich gut, so selbstständig zu sein, um bei solchen Krisen nicht zu verzweifeln und sie selbst lösen zu können.

Aber dann gibt es auch wieder Krisen, in denen wäre es doch schön, wenn man zum Telefonhörer greifen, den Freund anrufen und um Hilfe bitten könnte.

Heute ist so ein Tag mit einer solchen Krise. Heute ist ein blöder Misttag.

Ich hatte heute einen kleinen Unfall im Badezimmer. Ich kam aus der Dusche und bastelte mir die Kontaktlinsen in die Augen, war gerade fertig damit, wollte aus dem Bad gehen, um mich anzuziehen, da rutsche ich auf dem nassen Badezimmerboden aus. Mein Bad ist winzig, da gibt es nicht viele Möglichkeiten, wo man sich in so einer solchen Situation reflexartig festhalten kann. Und ich rutschte so dämlich…Ich stand vor dem Waschbecken und irgendwie rutschen mit die Beine nach hinten weg, so dass ich nach vorne fiel…und griff natürlich instinktiv nach dem Waschbecken. Ende vom Lied: Ich landete auf dem Fußboden, das Waschbecken in meinem Wäschekorb. Wahrscheinlich war es ein Glück, dass der Wäschekorb unter dem Waschbecken stand. Der hat den Fall des Beckens abgebremst. Sonst hätte es mir vermutlich noch die Bodenfliesen zerdeppert.

Und da saß ich dann…in mein Handtuch gewickelt auf dem Fußboden meines Badezimmers und war erst einmal geschockt.

Dann habe ich mich aufgerappelt, mich anzogen und überlegt, was ich nun machen soll.

Es war halb zwei am Mittag und meine Wohnung war in dem Messie – Verhältnissen gleichenden Zustand, in dem sie sich nun mal manchmal unter der Woche befindet. Hausmeister anrufen und ihn in diese Wohnung lassen? Niemals! Mama und Papa anrufen? Bei dem Zustand der Wohnung und dieser Duschzeit (wach und auf war ich zwar eigentlich schon seit etwa acht, aber so eine späte Duschzeit wirft Fragen auf)? Niemals.

Was habe ich also gemacht? Erst einmal das Bad ausgeblendet und die Wohnung aufgeräumt. Später den Unglücksort inspiziert. Das Waschbecken konnte ich dann sogar ganz höchst selbstständig aus dem Wäschekorb befreien und ins Wohnzimmer schleppen. Und im Bad schweben jetzt die Armaturen mit einem Stück Restporzellan irgendwie halbwegs frei in der Luft, nur von den Eisenrohren, die mit den Wasseranschlüssen verbunden sind, gehalten. Der geneigte Leser kann versuchen, sich diese Bild auf Grund der hervorragenden Beschreibung meinerseits vorzustellen, muss es aber nicht.

Ich will eigentlich nur sagen: Das Problem ist mit dem Waschbecken auf dem Teppich noch nicht gelöst und ich bin nicht wagemutig genug, um mich nur anhand von Beschreibungen aus Internetforen an das Herumschrauben an Wasseranschlüssen zu wagen.

Also werde ich morgen doch jemanden anrufen müssen. Und das zu einer deutlich früheren Tageszeit. Ich meine, ob der Unfall nun heute Mittag oder morgen Früh passiert ist/passiert wäre, macht ja keinen so großen Unterschied. Ja, ich weiß, dass ich mir jetzt, wo ich die elterliche Hilfe erbitten muss, noch Gedanken um richtige und falsche Duschzeiten mache, ist nicht wirklich altersgemäß, aber das war auch nicht wirklich die Situation jetzt, um lebenslang eingeschliffene Verhaltensweisen von einer Minute zur anderen über den Haufen zu werfen. Oder wer weiß, vielleicht wäre es die perfekte Situation dazu gewesen und ich habe sie nur einfach vorbeiziehen lassen. Man weiß es nicht.

Wie auch immer….Jedenfalls kam mir heute der Gedanke, dass ich in dieser sehr speziellen Krise doch viel lieber auf die Hilfe eines nicht vorhandenen Mannes an meiner Seite zurückgegriffen hätte. Ich wünsche mir gerade eine komplett andere Lebenssituation herbei…Ich beneide heute mal all diejenigen meiner Freundinnen, die inzwischen mit ihren Liebsten zusammen wohnen. Ich mag morgen nicht meinen Vater um Hilfe bitten. Aber dieses Wunschdenken ist müßig. Da ich alleine nicht das Geld zum Bezahlen möglicher Klempner- und Baumarktrechnungen habe, müssen Mummy und Daddy früher oder später sowieso benachrichtigt werden, selbst wenn ich mich erst einmal nur an den Hausmeister oder einen Klempner wenden würde.

Ich sagte, Wunschdenken sei müßig. Und trotzdem wünschte ich, ich könnte mich an irgendwen anders wenden. Freund. WG-Mitbewohner(in). Geschwister. Irgendwen. Warum? Weil ich mich davor fürchte, mir nun Vorträge über diese absolut überflüssige Geldausgabe anhören zu müssen. Weil ich mich davor fürchte, dass man mir nun wieder Unfähigkeit, Ungeschicklichkeit und meinen Körper vorhalten wird. Wobei das wahrscheinlich jedem passiert wäre, der so gerutscht und gefallen wäre wie ich. Angst habe ich trotzdem. Große, große Angst vor einem noch größeren Donnerwetter.

Ich fühle mich so schuldig. Dieses Gefühl, durch und durch schlecht und fehlerhaft zu sein, das nagt an mir. Ich habe so ein schlechtes Gewissen, weil ich ich sein muss, weil ich einfach nicht so sein kann, wie es vielleicht besser wäre für alle und jeden.

Ein klitzekleines Schlupfloch hat sich am Ende des Tages ja dann sogar doch noch aufgetan. Das Ding hat sich für das kommende Wochenende als Waschbeckenträger- und Monteur angeboten. Ich könnte natürlich das Angebot annehmen und alle meine Geldreste zusammenkratzen. (Muss ja kein Designerwaschbecken her….) Und wenn mir dann noch eine Möglichkeit einfiele, wo man das alte Waschbecken entsorgen könnte, bräuchten Mummy und Daddy nie von diesem kleinen Unfall zu erfahren. Verlockend. Aber ich werde das Angebot nicht annehmen. Ich möchte es nicht. Das wäre irgendwie seltsam.

Jetzt sitze ich hier und hoffe gleichzeitig, der morgige Morgen möge nie kommen oder ganz schnell hinter mir liegen. Mein rechter Arm hat einige Schnitte davongetragen. Vom Porzellan. Nicht weiter tragisch. Das geringste Problem.

Die eigentlichen Probleme sind eh anderer Art. Warum musste das ausgerechnet mir passieren? Es quält mich. Die Frage, das Geschehen. Und das ein kleiner Unfall so viel inneres Chaos auslösen kann, ist vermutlich sowieso das Kernproblem. Aber darum kümmere ich mich ein anderes Mal. Irgendwann einmal. Vielleicht.

Gerade fällt mir ein, dass ja morgen auch noch ihr Hochzeitstag ist. Vielleicht sollte ich lieber dann bis Freitag warten. Auf den einen Tag mehr kommt es auch nicht an. Denn morgen? Nee, eigentlich ist das nicht der passende Tag. Es braucht nicht noch mehr Katastrophen an einem Katastrophentag. Aber andererseits...Macht es wahrscheinlich auch keinen Unterschied. Ich weiß es nicht. Echt nicht. Ehrlich nicht.

Kommentare

09:42 18.11.2010
irgendwie hatte ich ja gehofft nach meiner pause hier positiveres bei dir zu lesen ...

wieso zum geier zweifelst du immer so an dir ?
dein verhältniss zu deinen eltern scheint mir echt .... unglücklich ... aber das wird sich ändern, denk ich, im laufe der jahre

diese "kleinen dinge" kann ich übrigens auch alle selbst, aber ich hab ne frau die es besser kann und schon allein deshalb greife ich da auch gern auf ihre hilfe zurück
und das mit dem waschbecken ? ernsthaft ... wer kann das schon selbst ? wie viele ehemänner können das ? heutzutage die wenigstens *denk ich.

klar, so gedankengänge kenne ich auch und ich weiss die sind net leicht abzustellen. aber wir wissen auch beide wie blödsinnig die sind, oder ?
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08:03 04.11.2010
mein freund könnte auch kein waschbecken reparieren....und viele andere dinge auch nicht. deshalb muss ich auch meine eltern in anspruch nehmen, wenn ich noch vor jahresende in einer wohnung ohne kisten und gerümpel leben will.
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unbekannt
01:08 04.11.2010
Irgendwie weiß ich nicht, was ich sagen soll... Deine Einträge klingen allesamt so resigniert irgendwie. Hab auch das Gefühl, du misst deine eigene Person sehr stark an anderen Menschen, dabei hast du das gar nicht nötig - denn gleichzeitig weißt du ja, was du kannst und wer du bist, und auch dass du niemanden "brauchst".
Das mit der Selbstständigkeit ist doch schön! Ich wünschte, ich könnte das so: PC-Probleme z.B. sind bei mir immer noch n echt rotes Tuch; das Ding ist mein Baby und ich hab zu viel Schiss davor, was falsch zu machen, deshalb lass ich lieber andere dran.


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2010-11-04 00:40