Jetzt begann tatsächlich eine harte Zeit. Helmut, der inzwischen seine Meisterschule begonnen hatte, kam für ein ganzes Jahr nur am Wochenende nach Hause. So hatte Elvira die beiden Buben zu betreuen, den Haushalt zu führen, dazu kamen Arbeit und Studium.

Am schwersten fiel Elvira, wie immer schon, die Mathematik. Selbst am Wochenende, wenn Helmut daheim war, saß das Ehepaar über den Büchern. Elvira löste manchmal ihre Aufgaben während sie den Kleinen im Arm schaukelte. Zum großen Glück brauchte Jörg, der inzwischen in die Schule gekommen war, keinerlei Hilfe. Er war ein selbständiger kleiner Bursche. Viel später machten sich die Eltern oft Gedanken, ob der Junge, der oft einfach nur funktionieren musste, einiges an Zuneigung und Elternliebe entbehren musste.

Das Leben der jungen Schefflers war für eine lange Zeit nur noch Arbeit und Pflicht. Auch das Ehepaar hatte für sich selbst kaum mal eine Stunde. Weder Tanz, noch Sport, noch Kino waren möglich. Dirk war anfangs in der gleichen Wochenkrippe, wie damals sein Bruder. Die Großeltern kamen für seine Betreuung nicht in Frage. Elviras Eltern waren noch berufstätig und Helmuts Eltern gesundheitlich nicht dazu in der Lage. Elvira und Helmut trösteten sich damit, dass es sehr vielen Familien so erging und verdrängten im Alltag oft die Gefühle. Nach einem Jahr wurde in Wohnnähe eine neue Kinderkrippe gebaut und die junge Familie war endlich glücklich, auch ihren Jüngsten jeden Abend in ihrer Mitte zu haben.

„Endlich ist´s geschafft!“ Elvira hätte es in die Welt hinausschreien wollen. Sie hielt das Abschlusszeugnis mit der Note „GUT“ in ihren Händen. Jetzt würde sich endlich alles „normalisieren“. „Endlich hat Mutti mehr Zeit für Euch!“ Das war schon ein „Gewaltritt“ für die ganze Familie gewesen.

Jetzt noch eine besser bezahlte Stelle und die Familie müsste nicht mehr jeden Pfennig dreimal herumdrehen, bevor sie ihn ausgab.

Nur noch wenige Monate und Helmut hätte seinen Abschluß „Meister der volkseigenen Industrie“ in der Tasche gehabt. Aber es sollte wieder einmal ganz anders kommen.