Erinnerung an östliche Musik
wir damals noch in den plütterigen russischen Quartieren lagen, war uns oftmals die Eigenart russischer Hausmusik komisch angekommen. 15- bis 20-mal konnten diese Menschen eine Melodie sehr schnell, nach einem absoluten Schema hintereinander singen. In einem taumelnden Tram und ungeheurem, beinahe tierischem Temperament wurde so lange gesungen bis alle Singenden erschöpft waren. Immer war der Abschluss das Lied: „Auf der Wolga trägen Fluten!“. Diese schwermütige Melodie versetzte die Menschen in melancholische Schwermut und kaum einmal blieben die, über die schwierigen Gesichter kullernden Tränen, aus. Balalaika, Zither-Gitarre, Ziehharmonika und Geige waren die unter dem Volke üblichen Musikinstrumente. In großen Städten fand man vereinzelt auch Bechstein Flügel. Überall, auch in der kleinsten Bude, war aber ein Grammofon. Neben alter russischer Volksmusik fand man alte deutsche und neue englische Schlager. Überall dort, wo Musik gespielt wurde, war für die Menschen Feiertag. Dann waren die Frauen bunt gekleidet und die Männer hatten ihre weißen Hemdblusen mit gesticktem geschlossenen Kragen, breitem schwarzen Gurt und schwarzer oder dunkelblauer Überfallhose mit Juchtenlederstiefeln an.