Reizmagen - wenn einfach alles reizt
Quälend erinnere ich mich an das letzte halbe Jahr meiner Ausbildung. Nun, so ein bisschen flau im Magen war mir ja schon seit Längerem. Dann übergab ich mich eines Abends jedoch wirklich stundenlang und hatte danach wirklich jeden Tag furchtbare Krämpfe im Bauch, insbesondere im Darmbereich, die mir das Leben wirklich zur Hölle machten. Irgendwann konnte ich wirklich nicht mehr den tapferen Indianer spielen, der keinen Schmerz kennt, und bin zum Internisten gegangen.

Die Situation in der Schule empfand ich als ziemlich unerträglich, natürlich konnte die Sache auch psychische Ursachen haben. Der Arzt nahm meine Schmerzen auf die leichte Schulter und wollte mich verabschieden mit den Worten: essen Sie mehr Tomaten und schlafen Sie mal richtig aus. Ich habe ungläubig geschaut und dann angefangen zu kämpfen: also, meine Gedanken kreisen nur noch darum, ob ich mich jetzt gleich übergeben werde oder nicht. Ich habe immer in Schüben diese Krämpfe, die mir fast die Luft rauben. Ich flehe Sie an, ich mache alles was Sie wollen, aber geben Sie mir was, damit ich mal wieder runterkomme und vierzehn Tage zur Ruhe komme.

Mein Statement hatte Erfolg - ich bekam Omeprazol verschrieben. Wie ich schnell im Internet heraufand ist dieser Wirkstoff (zusammen mit der Weiterentwicklung Nexus) das meistverschriebenste Medikament in Deutschland. Also, das mit den Magenproblemen ist ganz offensichtlich die Volkskrankheit Nummer Eins. Dafür hört man aber recht wenig darüber. Das Medikament ist großartig. Es lindert ziemlich flott die Schmerzen und man kann sich absolut sicher sein, dass man sich trotz vorher allergrößtern Übelkeit sich nach der Einnahme nicht wird übergeben müssen. Das war für mich damals eine riesige Hilfe. Die Sache bürgt natürlich einige Gefahren. Sollte man eine Lebensmittelvergiftung haben ist es vom Körper ja eine lebenswichtige Maßnahme sich zu übergeben, damit man die Erreger loswird. Deshalb darf man die Tablette nicht nehmen. Und bei Daueranwendung blüht einem eventuell die Abhängigkeit.

Die Lebensqualität war jedenfalls dank der Tabletten wieder von absolut null auf erträglich verändert. Dann begann eine ausführliche Untersuchung, unter anderen eine Gastroskopie (die berühmte Magenspiegelung, bei der man einen Schlauch schlucken muss), Blut, Urin und Kot. Ergebnis: ich bin kerngesund. Der Arzt diagnostizierte dennoch eine Krankheit: den Reizmagen. Ich wurde aufgeklärt: nach dem Prinzip der Ausschlussdiagnose komme dieses Ergebnis zu Stande. Wenn nichts festgestellt werde, dann müsse es eben der Reizmagen sein. Klingt irgendwie wenig vertrauenserwecken.

Selbst in Berlin war es schwierig einen echten Fachmann auf dem Gebiet zu finden. Als ich fündig wurde sagte der zu mir: a) wir können wissenschaftlich nicht erklären, wie die Krankheit ausgelöst wird, b) wir haben kein Gegenmittel, c) es gibt nur individuelle Lösungen und das bedeutet, dass sie ab sofort ein Ernährungstagebuch führen müssen, indem ganz genau verzeichnet ist, was sie wann gegessen haben und ob dadurch Schmerzen ausgelöst wurden. So finden wir heraus, was ihnen nicht bekommt. Diese Nahrungsmittel müssen Sie dann konsequent für mindestens ein Jahr lang meiden. Danach könnte es sein, dass sie es in kleinen Mengen wieder vertragen. Unter dem unverträglichen Nahrungsmittel wird mit Sicherheit etwas sein, was Sie ihr ganzes Leben lang bisher immer sehr gerne und recht viel gegessen haben. Das sei typisch. Warum Sie dann das Nahrungsmittel plötzlich nicht mehr vertragen, wissen wir nicht.

Die Aufklärung war wunderbar. Ich wurde ernst genommen und auch nicht so bescheuert abgekanzelt, wie bei meinem ersten Arzt. Und was dazu kam: der Mann hatte mit all seinen Prognosen Recht. Als Jungfrau-Sternzeichen fällt es mir ja nicht so schwer konsequent zu sein. Wenn ich mir was vornehme, dann ziehe ich das auch durch. Also habe ich fortan sehr streng ausschließlich das gegessen, was mir bekommt. Keine fettigen Sachen mehr, keine Schokolade, kein Alkohol, vor allem kein einziges bisschen Milch (Milch und Schokolade sind übrigens ganz typisch für den Reizmagen). Das gemeine ist, manche Substanzen sind in Fertigprodukten enthalten und ich wunderte mich dann warum ich wieder Schmerzen bekam, obwohl ich doch nichts falsch gemacht zu haben schien. Denkste, die Substanz war in diesem Fertigprodukt mit verarbeitet. Also habe ich überhaupt nicht mehr in Restaurants gegessen, alles zu Hause selbst gekocht und eisern durchgehalten.

Heute geht es mir wieder prächtig, Ich kann auch wieder in Restaurants essen gehen. Achte aber darauf, es nie zu übertreiben und dies höchstens einmal in der Woche zu machen. Immer wenn ich nun doch mal wieder Schmerzen, die aber längst nicht zu vergleichen sind mit der damaligen Situation (vielleicht noch zehn Prozent davon), denke ich wie traumatisiert sofort an die damalige schlimme Zeit, hinterfrage mich, was ich wohl falsches gegessen haben könnte und schwöre mir, diesen Fehler nun aber wirklich nie mehr wieder zu machen.

Und die Moral von der meinen Leidensgeschichte: das wichtigste im Leben ist die Gesundheit. Nur leider weiß man das erst zu schätzen, wenn man krank ist. In diesem Sinne wünsche ich euch allzeit gute Gesundheit.