Wie gut, dass die endlich um ist!

Bekannterweise fängt die ja auch schon im September an, sobald die ersten Weihnachtsmänner die Osterhasen aus dem Supermarktregal ablösen.

Der Entschluß, dass alle umziehen, wegziehen und hin und her ziehen, wurde damals nicht nur fix gefaßt, sondern sogar noch fast schneller in die Tat umgesetzt.

Der helle Wahnsinn schlug am 22.11. zu, als wir mit 12 Mann bei meinen Eltern gefühlte 12.749 Stufen rauf und runter hechteten, um 378 Umzugskartons, 584 Bananenkisten, 1.226 blaue Müllsäcke und 37.597 einzelne Bretter in die neuen Wohnungen zu schleppen.

Ich kann und werde es wohl bis an mein Lebensende nicht verstehen… das reinste Chaos! Nach keine-Ahnung-wievielen-Umzügen sollte es doch mit jedem besser organisiert sein?! Stattdessen wird´s jedes Mal schlimmer. Mann, Mann, Mann.

Die hätten sich mal ein Beispiel an meiner Schwester nehmen sollen. Ihr Zeug stand säuberlich aufgereiht im ehemaligen Zimmer, alles verpackt, nicht ein Kleinteil stand so rum.
Gut, ein Zimmer. Meine Mutter hatte die anderen 4… aber auch 30 Jahre mehr Erfahrung!?!

Ich hab vorher am Telefon noch groß getönt „Ich pack nicht EINE Kiste! Wenn noch irgendwas so rumsteht, geh ich wieder!“ [Alles Erfahrungswerte!]

Morgens gegen neun kamen wir alle in der alten Hütte zusammen, ich starte durch in die Küche… die noch komplett stand – voll, versteht sich.
Lauter Kram, wohin man sah und mittendrin aussortierter Müll. So Uralt-Konserven und sowas. Mittendrin auf dem Fliesenboden. Hinter einer Kommode, die vorher im Flur stand, lehnten drei oder vier Umzugskartons an der Wand. Kein Hinkommen. HERRJE!

Was hab ich wohl gemacht?
Kisten gepackt.
Alle 4 und noch n paar blaue Müllsäcke.
Platz geschaffen.
Küche auseinandergeschraubt.
Werkzeug war aber eingepackt.
Keiner wußte, wo.
Wie gut, dass ich meine Eltern kenn.
Ich hatte meinen Akkuschraubschraub nämlich dabei!

Gegen 9:30 packt Mama ihren Mantel und ihre Tasche und… ich frag sie fassungslos, wo sie denn JETZT hinwill??! „Na, Brötchen kaufen. Wir müssen doch was zum Mittagessen kriegen. Und n bisschen was einkaufen, in der neuen Wohnung ist ja nur Kaffee…“
Häh?!
Mittag??? Um halb zehn??? Und dass in der neuen Küche noch nichts steht, ist ja auch kein Wunder – steht ja noch alles HIER in der Küche!

Um 11:00 ist sie dann mit der ersten Tour zum Einkaufen und so… wollte dann in der neuen Wohnung bleiben und aufbauen.
Alleine.
Die Kleiderschränke im Schlafzimmer.
Ja sicher.

Die zweite Tour bin ich mit meiner Schwester und ihren Freunden gegen 14:00 in so ´nem winzigen Twingo gefahren, um Schlafzimmerschränke aufzubauen. Mama hat zugeguckt. Sie hatte ja kein Werkzeug.

Aber den absoluten Oberklopps hat sich mein „kleiner“ Bruder gerissen: stolze 18, besitzt ein Schwert, mit dem er nachts durch irgendwelche Wälder streift und hat grundsätzlich von allem eine Ahnung und sowieso immer Recht.

Der packt tatsächlich (seine) 5 Rucksäcke, meint, der Rest könne auf den Müll und hockt stundenlang auf der Wendeltreppe, die in sein altes Zimmer hoch führt, um uns bei der Maloche zuzugucken!

In der neuen Wohnung konnte er dann sein Zimmer nicht einräumen, weil ja sein Teppich noch nicht lag. Also hab ich schnell Teppich zugeschnippelt. schon doof!

Die letzte Tour hat mein Papa dann [schon gegen 23:00 Feierabendzeit] machen müssen, weil der Spacko seine Matratze natürlich nicht in den Wagen geschmissen hatte… seine Ausrede: „Ich wußte ja nicht, dass die auch mit soll!“

KLATSCH!

Wenn ich nicht seit Jahren meine eigenen [genau solche!] Erfahrungen mit diesem Spinner machen müsste, würd ich jetzt sagen „die übertreibt doch maßlos!“

Meine Eltern sind so weit, dass er nicht mitziehen sollte. Er ist ja schließlich sowas von erwachsen, da kann er ja dann auch alleine wohnen.

Zur Vorgeschichte: er ist so oft NICHT zur Schule gegangen, dass ein Mitzählen jeden überfordert hätte… Schule ist scheiße, Leute sind alle scheiße, Lehrer sind alle scheiße… usw.

3 Monate vor Schuljahresende hat er sich dann jeweils hingekniet und n richtig gutes Zeugnis hingezaubert. Dummerweise ist er nämlich wirklich so intelligent, dass das bis auf ein Jahr wiederholen funktioniert hat – UND bis auf die 10. Klasse! Als es dann nämlich wichtig wurde, hatte er darauf keinen Bock mehr und hat seine Versetzung in die Oberstufe bei Saturn an der PS3 verspielt.

Und da er ja volljährig ist, hat meine Mutter ihn geschickt: „Geh zum Amt, geh zum Bund, geh zur Kindergeldkasse, geh… geh… geh!“ Er ist dann zu Saturn gestiefelt und hat gezockt oder so.

Als ich zu Besuch da war, meinte sie so am Rande, er könne in der Gosse verrecken, das wär ihr mittlerweile so egal! Papa wollte ihm den Schlüssel wegnehmen.

Ich hab also kurzerhand den nächsten Tag in der Firma angerufen und Bescheid gesagt, ich müsste mich mal um wirklich wichtige Dinge kümmern und bin mit ihm zum A-Amt gehechtet.

Er kommt 10 min zu spät.
Nach 45 min in der Schlange unten am Empfang, übernehme ich das Quatschen: „Das ist mein Bruder, 18, meine Eltern haben ihn rausgeschmissen, die reden nicht mehr mit ihm. Er pennt jetzt auf meiner Couch in meiner winzigen Wohnung. Wo können wir ihn also lehrstellensuchend melden und eine Wohnung beantragen?“
Die Olle: „Na, da muß er mit der Mutter kommen.“

KLATSCH Nr. 2!

„Gute Frau, haben Sie mir nicht zugehört? Die reden nicht mehr mit ihm. Die kommen also garantiert auch nicht mit. Was sollen die denn hier? Er ist 18 und damit volljährig.“
„Ja, aber das geht doch nicht. Das kann man doch nicht machen. Er ist doch noch nicht alt genug für eine Wohnung. Da muss er doch 25 sein.“

3. KLATSCH!

„Warum DAS denn?? Laut Grundgesetz ist er volljährig, voll geschäftsfähig und überhaupt voll da.“
„Nee, für ´ne eigene Wohnung muss er 25 sein. Da gibt´s doch so´n Gesetz.“
Tja. Ich frag sie wohl besser nicht, wo ich das nachlesen kann… und hab auch so gar keinen Bock (mehr), das mit der auszudiskutieren. Die scheint die Intelligenz eh mit nem Sieb zu sich genommen zu haben…
„Ist er aber nicht – und bei mir kann er nicht bleiben. Also machen Sie sich bitte schlau, was dann geht.“
„Ja, aber das geht doch nicht. Da muss die Mutter mitkommen.“
???
„Du deutsch?? Ich wiederhole mich jetzt NICHT!“ Alle hinter mir in der Schlange schon total gespannt und Lauscher auf Vollangriff. Von neben mir kein Wort.
„Ja, aber das geht doch nicht! Kann die Mutter nicht alleine kommen?“
„WOLLEN SIE MICH EIGENTLICH VERARSCHEN?“
Sie holt erschrocken ihre Kollegin vom Nebenschalter dazu… „Ja, was geht denn… was kann man denn… wer weiß denn…?“ und schickt uns ins Team U25. Hatte sie vorher noch nie was von gehört.

Als wir dran sind, wiederhole ich kurz und knapp, was Sache ist.
Sie nickt. Eine junge, attraktive Blondine, 2-Finger-Tipp-System mit ewig langen Glitzernägeln, der ganze Schreibtisch voll mit Nippes. Und fragt dann mein Brüderchen in so´nem Smalltalk-Ton aus.
Der fletzt wie´n Schluck Wasser in der Kurve auf dem Stuhl, zuckt regelmäßig die Schultern, abwechselnd mit „Weiß nich“ – „Kein´Plan“ und „Mir doch egal“
Was er denn jetzt vorhabe – so ohne richtigen [guten] Schulabschluß? -„Weiß nich“- War er denn schon beim A-Amt wegen einer Lehrstelle? -„Nö“- Ob er sich denn schon beim Bund gemeldet habe? -Schulterzucken- Würde er denn im Haushalt helfen? -„Macht doch Mutti“- Sie flippt total aus und macht ihm kurzerhand klar, dass sie alles dafür tun wird, dass ER keine Wohnung kriegt! Mit DER Einstellung …bla bla bla… aber sie hat völlig recht! Sie meint, wir sollen auf den Anruf vom Sozialarbeiter warten. Der gibt ihm den - äh Quatsch - macht den Rest.

Ich frage sie, wo er denn nun so lange bleiben soll, da er ja schlecht weiter bei mir pennen und fressen kann wie ein Mähdrescher. Er hat ja auch keine Kohle.

KLATSCH NR. 4!

Er könnte im Obdachlosenasyl um die Ecke… oder im Männerwohnheim… sie könnte ihm da ein paar Adressen geben… -„mir doch egal“- oder unter der Brücke, wenn er weder bei seiner Schwester noch bei seinen Eltern unterkommt… -Dann penn ich halt unter der Brücke“-

Bisher hat nichts mich so aufgeregt, wie seine Reaktionen! Ich werde ganz ruhig und sage nichts mehr.

Draußen werd ich hysterisch vor Wut! Hab extra die Arbeit sausen lassen für das Arsch! Das hätte er ruhig vorher mal anklingen lassen können! Ich frage ihn, ob ihm das alles wirklich so egal ist. „Ja.“ Ob ihm seine Familie so egal ist. „Ja.“

UND WIEDER: KLATSCH!

Ich versteh meine Eltern jetzt sehr viel besser…

Leider haben die die Inkonsequenz erfunden.
Er wohnt nun im Dachgeschoßzimmerchen.
Mama war bei Atelco und hat ein W-Lan gekauft, damit der arme Kerl da oben nicht so abgeschnitten von der Welt ist – so ohne Internet… Als das nicht funktioniert, hat sie das Dingen wieder umgetauscht und Papa will ihm jetzt Internet durch den Kaminschacht legen…

Meine Mama war vom Umzug sooo geschlaucht, dass sie die neue Wohnung immer noch nicht fertig hat. Die Arme.

Frohes Neues auch.