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2010-07-03 14:04
Wochenbilanz

Die erste Woche im Dating-Dschungel des Internets habe ich hinter mir. Mit zwei der drei Seiten, auf denen ich mich angemeldet habe, habe ich mich in der Zeit etwas näher befasst, die dritte vorerst vernachlässigt.

Es begann alles recht angenehm. Nettes Willkommen überall. Jetzt überlege ich, ob ich das Projekt weiter verfolgen soll. Ich glaube, so ganz meine Welt ist das doch nicht. Aber dazu später, jetzt erst einmal zu meiner Wochenbilanz.

Von den zwei Seiten, mit denen ich mich diese Woche befasste, ist die erste an ein ganz normales Durchschnittspublikum gerichtet, die zweite ist nur für Mädels. Heißt also, in dieser Woche begegnete ich wohl ganz normalen Männern und ganz normalen Frauen. „Normal“ möchte ich heute als Synonym für „ohne absonderliche, außergewöhnliche oder bizarre Vorlieben und Ansichten“ benutzen. Besonders habe ich in dieser Woche einige interessante Erkenntnisse über mich selbst gewonnen.

Nun denn…Die Woche begann…lebhaft und flaute dann ziemlich ab.

Auf der ersten Seite, auf der mich die Herren der Schöpfung anschrieben, passierte kaum Erwähnenswertes. Einen halbwegs interessanten Kontakt gab es am Montagabend. Interessant deswegen, weil er sich seinen Nickname einem Buch entliehen hatte, das außerhalb meiner Studienfachrichtung nicht vielen bekannt ist. Dass er es kannte, fand ich wiederum interessant.

Ansonsten muss ich sagen, dass die Kontaktaufnahme von Seiten der Männer doch immer  nach dem gleichen Muster ablief. Leicht, sich darauf einzustellen, das Spiel mitzuspielen. „Hey, du gefällst mir, ich will dich kennen lernen.“ Darauf kann man dann entweder mit „Ja“ oder „Nein“ antworten.

Die interessanteren Zuschriften gab es leider von Herren jenseits der 45. Ich gebe es zu, ungern, ich bin tendenziell schon mal ein bisschen „altersdiskriminierend“. Ich halte es für problematisch, wenn zwischen den beiden Personen mehr als zehn Jahre Altersunterschied liegen. Was diejenigen angeht, die jünger sind als ich…man kann und darf das natürlich nicht pauschalisieren, aber auch bei ein, zwei Jahren, die jemand jünger ist als ich, klicke ich sofort weg. Und ein zu großer Altersunterschied…In der Regel befindet man sich dann auch in völlig unterschiedlichen Lebensabschnitten und auf Dauer passt das dann einfach nicht.

Auch da kann man natürlich nicht pauschalisieren. Ich kenne zwei 45jährige Männer, die rein rechnerisch also im ersten Drittel ihrer Teeniezeit zu meinem Vater hätten werden können, mit denen ich absolut auf einer Wellenlänge liege und unter gewissen Umständen hätte ich mir tatsächlich mehr mit ihnen vorstellen können. Aber ich denke, das sind eher Ausnahmen. In diesen zwei Fällen ganz besonders. Der eine von ihnen lebt heute noch einen ähnlichen Lebensstil wie manch ein Kommilitone von mir. Im Geiste der ewige Student. Oder so.

Tja. Wirklich schade, dass die wirklich interessanten Zuschriften von Leuten ab Ende 40 kamen. In zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren könnte das vielleicht noch einmal interessant werden. Man weiß es nicht. Aber dann schreiben die Männer, die dann meinem Alter entsprechen, wahrscheinlich wieder nur die Mädels Ende Zwanzig an.

Am Donnerstagabend bekam ich noch eine Zuschrift von einem ganz eifrigen Herrn. Der hatte sich zusätzlich zu einem recht ausführlichen Profil auf dieser Datingseite noch eine ganze Homepage gebastelt. Randvoll mit Antworten zu den Fragen „Wer bin ich?“ und „Was will ich?“. In der Rubrik „Das erste Date“ sind tatsächlich alles andere als 0815-Vorschläge aufgeführt. Vom Zoobesuch bis hin zu Paintball ist das alles Mögliche dabei. Tatsächlich ganz interessante Sachen. Tatsächlich mal etwas anderes als das übliche Kino-Kaffee-Ding.

Da hat sich also jemand tatsächlich Gedanken gemacht. Ein paar gemeinsame Literatur- und Filmvorlieben hätten wir wohl. Und der bemühte Herr hat, so es denn stimmt, etwas wirklich Interessantes studiert. Es hat also sicher durchaus seine Vorteile, wenn man sich so ausführlich im Internet präsentiert.

Aber mal ganz im Ernst: Was ich von so viel Engagement zu halten habe, weiß ich nicht so recht. Das ist mir irgendwie ein wenig unheimlich. Geht man mal ganz gutgläubig davon aus, dass alles, was da in Bild und Text zu finden ist, auch den Tatsachen entspricht, fragt man sich doch, frage ich mich doch, warum so ein interessanter Mensch so viel Mühe in die Suche nach einem Gegenstück im Internet steckt. Na ja. Mal sehen, was daraus wird und ob etwas daraus wird.

Ansonsten habe ich einmal mehr mit Entsetzen festgestellt: Rechtschreibfehler sind so was von unsexy. Klar, jeder macht mal Fehler und das ist auch ok. Aber was man manchmal so sieht…Da dreht sich einem der Magen beim Lesen um. Ich sage nur „fon“ statt „von“ und der auch sonst wiederholte Gebrauch eines „Fs“ anstelle eines „Vs“… Das ist wirklich grausam und keine niedliche Rechtschreibschwäche mehr.

So viel zu meinen Erfahrungen mit den Herren der Schöpfung in dieser Woche. Die waren im Großen und Ganzen mäßig. Mäßig interessant, mäßig ansprechend.

Wie am Montag bereits in der Kurzmitteilung angedeutet, startete meine Woche auf der Seite nur für Mädels mit wesentlich mehr Resonanz. Und was für Mädels mich da anschrieben... Jede von ihnen so umwerfend attraktiv, dass sie vermutlich andauernd bedauerndes Kopfschütteln von enttäuschten Männern ernten, wenn sie denen erklären, dass sie sich nur von Frauen angezogen fühlen.

Ein interessantes Detail am Rande, was mir dabei auffiel:  Die Mädels hatten ähnliche Wurzeln wie die Typen, die mich auf der Straße anzusprechen pflegen. Eben das, was man so landläufig als südländisch bezeichnet. Fand ich irgendwie ja lustig, dass mich, jedenfalls im Moment, der gleiche Typ Frau wie Mann ansprechend findet.

Den aussichtsreichsten Kontakt der ganzen Woche flaute am Dienstagabend gewaltig ab. Ich dachte ja schon, ich hätte es ganz versiebt. Aber wenigstens habe ich dabei auch eine ganze Menge über mich selbst gelernt. Und nach diesem wunderbaren Lerneffekt war ich dann auch ganz froh, dass die erste kleine Luftblase so schnell und zu einem frühen Zeitpunkt geplatzt war.

Die Sie hinter dem Kontakt erinnerte mich an eine starke, selbstbewusste, sinnliche Amy Acker. Also nichts gegen Amy Acker (Winifred Burkle aus „Angel“), sie ist eine wirklich hübsche Frau, aber in den Rollen, in denen ich sie erlebt habe, mimte sie doch eher das zarte, unsichere, zerbrechliche Reh. Damit man bei den ganzen „sies“ und „ers“ hier nicht den Überblick verliert, werde ich also diese spezielle „Sie“ für den Rest des Textes Amy nennen. Das macht es doch etwas einfacher. Denke ich.

Diese Amy schrieb mich am Samstag an. Relativ bald nach meiner Anmeldung. Relativ bald nach dem Hochladen der Fotos. Und es war nett. Es war interessant. Den Tonfall der Nachrichten, die wir wechselten, würde ich schon von der ersten Minute an doch als „flirty“ bezeichnen. Das dazugehörige Lächeln, wenn ich las, dass ich eine Nachricht von ihr bekommen hatte, stellte sich auch schnell ein.

Ja. Und dann kam der Dienstag. Sie bot an, das Schreiben doch ins MSN zu verlagern. Keine gute Idee. Weil: Keine Zeit mehr zum Nachdenken, bevor man etwas schreibt. Das wurde mir aber erst später klar.

Es sei an der Stelle noch einmal erwähnt, dass ich mich in meinem Leben schon zu einigen Frauen, zum Teil sehr heftig, hingezogen fühlte, allerdings konnte ich diese Gefühle noch nie in der Praxis austesten. So weit kam es nie, es blieb doch immer bei einer passiven, stillschweigenden Anbetung oder so. Zwar gibt es in meinem weiteren Bekanntenkreis auch ein paar homosexuelle oder bisexuelle Mädels, mit denen ich mich immer gut verstanden habe, aber sie und ich, wir alle agierten miteinander nie auf diesem „Du-Ich-In-Diesem-Moment-Nur-Wir-Beide-Niveau“.

Dieses MSN-Experiment mit Amy war also eine ziemliche Premiere. Der weiteste Vorstoß in Richtung Frauenliebe, den ich bisher gemacht habe. Dementsprechend nervös war ich. Wie sonst vor einem ersten Telefonat. „Was schreibst du jetzt bloß? Was schreibst du jetzt bloß“ Die Frage schwirrte durch meinen Kopf.

Kurz bevor das mit dem Messenger dann klappte, erfuhr ich, dass sie, zwei Jahre älter als ich, schon fast ihr Zweitstudium beendet hat und nebenbei arbeitet. Nicht nur irgendwo jobbt, sondern einem richtig „vernünftigen“ Beruf nachgeht. Nicht gut. Für mich. Denn daneben sehe ich als Langzeitstudentin natürlich echt arm aus.

Das war mir auch noch so im Hinterkopf. Die Grundnervosität. Das „Berufsungleichgewicht“. Die Frage, warum sich so eine hübsche Frau für mich interessiert. Irgendwie lief das Gespräch in eine völlig falsche Richtung. Recht schnell berührten wir Themen, die bei mir Problembelastet sind. Ich schwankte zwischen vagen Aussagen und dem Versuch, mich und meine Ansichten doch irgendwie zu erklären. Auf der einen Seite wollte ich vermeiden, egozentrisch zu wirken, indem ich nur über mich sprach. Auf der anderen Seite gehören die düstersten Seiten und Problematiken nicht direkt im ersten Gespräch auf den Tisch gepackt.

So kamen wir dann aufs Thema „Internetdating“. Dass ich nicht so ganz glücklich damit bin, tatsächlich „so tief gesunken zu sein“, um mich auf so einer Seite anzumelden, erwähnte ich ja bereits im entsprechenden Eintrag von letztem Samstag. Ich weiß, ich bin da auch nicht so einfach. Zwischen meiner Meinung ganz im Allgemeinen und meiner Meinung, wenn ich selbst betroffen bin, können Welten liegen.

Ich kenne einige Leute, die ihre Partner im Internet kennen lernten und glücklich mit diesem Weg sind. Daraus entstanden in meinem näheren und weiteren Bekanntenkreis oft sehr stabile Beziehungen, die schon seit Jahren andauern. Und je nachdem, was man sucht, wird man im Internet leichter fündig als im echten Leben.

Es gibt so ein paar Bereiche, und die Homosexuellenszene gehört da absolut zu, da bleiben einem zur Partnersuche eben nur das Internet und die Szene. Deswegen alle Homosexuellen, die im Internet jemanden suchen, als Versager zu bezeichnen, ist schon mehr als unverschämt und ganz schön krass. Das ist zwar auch eigentlich absolut nicht meiner Meinung entsprechend, aber ich fürchte, genauso hat Amy meine Äußerungen verstanden. Dass ich dann versuchte, mich mit meinem Elternhaus zu rechtfertigen, machte es auch nicht viel besser.

Ihre Bemerkungen dazu sitzen jetzt wie Stacheln in meinem Fleisch.

„In deinem Alter sollte man sich eigentlich von den Eltern gelöst haben und eine eigene Meinung vertreten können.“

„Es ist schade, dass ausgerechnet eine Studentin deiner Fachrichtung so denkt.“

Natürlich hat sie recht. Aber…Was für mich bei anderen absolut ok ist, macht mir in Bezug auf mich selbst unheimliche Probleme.

Sie kennt mich nicht und weiß nichts über meine Vorgeschichte. Hätte sie mehr darüber gewusst, hätte sie vielleicht verstanden, was ich sagen wollte.

Das Problem war einfach, dass ich ihr nun auch nicht in epischer Breite meine kaputte Psyche präsentieren wollte. Das wäre für ein erstes Gespräch eben auch unangebracht gewesen.

Es ist eben so, dass ich ein unheimliches Problem mit der Selbstakzeptanz habe. Ich bin alles andere als ein starker, selbstsicherer und selbstbewusster Mensch. Ich bin zutiefst unsicher und voller Komplexe.  Warum ist das so? Nun, man kennt das ja. Wer ist immer Schuld? Natürlich die Eltern. Natürlich kann auch in dem Fall nicht pauschalisieren. Aber meine beiden Schätzchen zu Hause haben bei mir in ihrer Erziehung auch nicht immer Glanzleistungen vollbracht. 

Sie haben mich nie voll akzeptiert, wie ich bin. Oder vielleicht doch. Wahrscheinlich doch. Aber in ihrer Sorge, dass ich so wie ich bin in der Welt draußen nicht akzeptiert werde, haben sie mir eben das Gefühl vermittelt, immer anders sein zu müssen. Wenn mein Vater wütend auf mich ist, neigt er dazu, mir gegenüber extrem ausfallend und abwertend zu werden.

Und so gab es da einmal, vor acht Jahren, zwischen ihm und mir und dem Internet so eine Situation, die mich bis heute nicht loslässt. Damals warf er mir an den Kopf, dass ich nur so viel vor dem PC hocke, weil ich im echten Leben niemanden abbekomme. Dem war nie so, aber er wiederholte es immer und immer mal wieder in regelmäßigen Abständen. Das ist eines der Dinge, die sich so festgesetzt haben in meinem Hirn. Lerne ich tatsächlich jemanden im Internet kennen, erfülle ich damit, was mein Vater über mich denkt. Im echten Leben habe ich niemanden abbekommen, also habe ich dort gesucht.

Es spielt keine Rolle, wie aufgeschlossen ich sonst Paaren gegenüber bin, die sich im Internet kennen lernten oder für wie notwendig ich diese Form der Partnersuche bei bestimmten Interessen halte. Geht es dabei um mich persönlich, hallt die Stimme meines Vaters durch meinen Kopf.

Eigentlich wollte ich Amy nur sagen, dass es mich auf Grund meiner Vorgeschichte große Überwindung gekostet hat, den Schritt zur Anmeldung auf der Seite zu wagen, weil das für mich persönlich einfach auch sehr viel mit Unsicherheiten und Selbstzweifeln und Versagensängsten zu tun hat. Heraus kam wohl bei der unsicheren und vagen Eierei eher: „Wer im Internet sucht, ist ein Versager.“

Ja. Das Gespräch brach recht abrupt gegen halb elf in der Nacht ab, weil sie noch trainieren wollte. Bis gestern herrschte Funkstille. Dann erkundigte sie sich, ob bei mir alles ok ist. Diese Nacht schrieb ich zurück. Eher unverbindlich. „Alles ok, nur Wohnung zu warm bei dem Wetter.“ Vielleicht hätte ich auch gar nicht antworten sollen. Ja, der Kontakt mit Amy war der aussichtsreiche der ganzen Woche und gestern schlug mein Herz gleich drei Takte schneller, als ich sah, dass sie noch einmal geschrieben hatte. Aber andererseits ist mit in den Tagen des Schweigens auch bewusst geworden, dass sie als Person, als Mensch zu viel Konfliktpotential in mein Leben bringen würde.

Bestätigt hat sich ein lang gehegter Verdacht. Es ist völlig egal, ob ich mein Glück bei einem Mann oder bei einer Frau suche, wenn ich mit den „richtigen“ Dingen getriggert werde, lösen sie in allen Fällen dieselben Ängste und Unsicherheiten aus. Freunde, die mit der SIE vom letzten Jahr zum ersten Mal mitbekamen, dass ich durchaus auch gleichgeschlechtlich interessiert bin, spekulierten damals, ob mein Liebesunglück vielleicht daran lag, dass ich bisher nur bei Männern aktiv nach ihm gesucht hatte und ob nicht vielleicht doch eher Frauen mein Weg sein könnten. Damals habe ich ihnen schon gesagt, dass ich schätze, dass das keinen Unterschied macht. Wenn die „richtigen“ Dinge passieren, so mutmaßte ich damals, würde es mir wohl mir der Damenwelt nicht anders gehen als mit den Herren der Schöpfung.

q.e.d.

Das Problem, was mit Amy  war das Ungleichgewicht, was ich von Anfang an zu spüren vermeinte. Der Gedanke „Sie ist so viel besser als ich.“, war schon ziemlich bald latent vorhanden, auch wenn unser Kontakt insgesamt nur vier Tage lang dauerte. Sie so ausgesprochen hübsch. Und ausgesprochen erfolgreich noch dazu, wie ich am Dienstag vor der MSN-Geschichte erfuhr. Dazu beliebt, gesellig, mitten im Leben stehend. Eine moderne, starke, erfolgreiche Frau auf allen Ebenen. So schien es mir zu sein. Auf den ersten Blick. Auch sie ist nicht perfekt. Auch sie wird ihre Leichen im Keller haben. Aber allein schon die wenigen Dinge, die ich in den vier Tagen über sie erfuhr, führten dazu, dass ich sie, mehr oder weniger bewusst, unheimlich aufwertete und mich selbst gleichzeitig daneben unheimlich abwertete.

Deswegen überlege ich, ob es Sinn macht, den Kontakt noch weiter zu verfolgen. Ja, ich bezeichnete ihn als aussichtsreich, weil sich in diesen vier kurzen Tagen tatsächlich so ein gewisses Kribbeln einstellte. Aber andererseits waren es eben auch nur gerade mal vier Tage. Natürlich existiert das Ungleichgewicht zwischen uns nur in meinem Kopf, wäre es real vorhanden, würde sie sich wohl eher nicht für mich interessieren. Aber das es dieses Ungleichgewicht in meinem Kopf gibt, ist ein gewichtiger Grund gegen den Kontakt. Ich kenne mich und ich steigere mich gerne in so etwas hinein. Dumm? Ja. Sicher. Nur abstellen kann ich es nicht. Ich weiß, ich würde im weiteren Verlauf unseres Kontaktes ständig an mir zweifeln, würde mich ständig fragen, womit ich ihr Interesse an mir verdient habe. Wenn überhaupt, dann befinden sie und ich uns gerade mal in der Kennenlernphase. Wenn die schon vorbelastet ist, macht das ja irgendwie wenig Sinn. Ich habe nie behauptet, ein einfacher Mensch zu sein. Ich habe nie behauptet, logisch zu ticken. Ich weiß, wie blöd das eigentlich ist. Aber wenn man genau spürt, dass einem der Kontakt zu einem anderen Menschen nicht gut tun wird, sollte man ihn wohl auch nicht weiter verfolgen. Ganz egal, wie idiotisch die Gründe dafür sind.

Dafür weiß ich nun nach einer Woche Geschreibsel auf Internetportalen doch etwas genauer, wer ich bin und was ich will.

Ich weiß nun, das größte Problem, das ich habe, ist ein gefühltes Ungleichgewicht zu meinen Ungunsten. Schlägt es umgekehrt zu meinen Gunsten aus, fühle ich mich überlegen und langweile mich. Auch nicht Sinn der Sache. Das heißt also, ich suche Kontakt auf Augenhöhe, optisch, intellektuell, beruflich, es muss einfach ein Gleichgewicht auf der „Haben-Seite“ zwischen mir und einem möglichen Gegenstück herrschen. Und zwar nicht nur ein tatsächliches, sondern viel wichtiger noch ein von mir gefühltes, empfundenes Gleichgewicht.

Außerdem habe ich gelernt, dass ich mich zu starken und selbstbewussten Menschen hingezogen fühle. Ich mag es, wenn mich jemand führen kann. Ich mag es, eine gewisse Form von Stärke und Macht in meinem Gegenüber zu spüren.

Jetzt könnte man natürlich sagen, dass das dem ersten Punkt widerspricht. Aber für mich ist es eine Sache, ob es in den Charaktereigenschaften oder in Äußerlichkeiten oder sonstigen Dingen ein Ungleichgewicht gibt. Das ist ein Ungleichgewicht, das mir nicht gut tut. Eine andere Sache ist es, in meinen Augen, wenn es zwischen zwei „gleichwertigen“ Menschen ein gewisses Machtungleichgewicht gibt.

In gewisser Weise passt „Führung“ vielleicht viel besser in diesem Zusammenhang als „Macht“. Ich suche jemanden, der mich in der vollen Entfaltung meiner Persönlichkeit begleitet und mich zum wachsen inspiriert. Und ich glaube nicht, dass das nur eben mal einfach so passiert, weil man einfach Glück gehabt hat, dass man sich ergänzt.

Im Grunde geht es auch hier wieder um Gleichgewicht. Die richtige Balance zwischen Fremdbestimmung und Freiheit. Macht und Unterwerfung. Quasi zur Freiheit geleitet, geführt. Oder so.

Es lässt sich so schwer beschreiben, aber ich weiß, was ich meine. Das ist vielleicht die Hauptsache. Ich habe es erlebt, gespürt bereits. Damals mit S. S konnte führen und lenken. Nur mit S gab es andere Störfaktoren. Mein Problem ist, dass ich nie die richtige Mischung aus allem, was ich will, in einer Person vereint gefunden habe.

Der ER der letzten Woche…Bei ihm gab es das Grundgleichgewicht in unseren individuellen Voraussetzungen, was mich ansprach. Auch er löste durchaus Positives in mir aus, regte mich durch unseren Kontakt zu Entwicklung an. Aber bei ihm fehlte die Kraft zu führen, das alles gezielt zu steuern. Es gibt viele Gründe, warum es eigentlich gut ist, dass ER heute mit IHR zusammen ist. Einer davon ist, dass es zwischen ihm und mir wohl zu viel Gleichgewicht gegeben hätte. So schätze ich es jedenfalls im Nachhinein ein.

Ich habe in dieser Woche über mich gelernt, dass ich durch und durch „Weibchen“ bin. Mir liegt es nicht,  zu erobern, zu werben. Ich lasse mich lieber erobern. Ich lasse mich gerne bewundern. Ich bin gerne die Umworbene. Ich gebe diesen Platz nicht gerne auf, fühle mich unwohl auf der anderen Seite oder gar zwischen den Stühlen.

Vielleicht kann man mich und meine Suche ganz einfach umschreiben:

FRAU sucht mann

In den Geistes- und Sozialwissenschaften unterscheidet man zwischen „sex“ und „gender (identity/role)“.

Sex ist das körperliche, das biologische Geschlecht einer Person.

Gender identity/Geschlechtsidentität ist das Bewusstsein darüber, dass man einem der beiden Geschlechter angehört.

Und die gender role/Geschlechtsrolle ist eben das äußerliche Verhalten, die Rolle, die man besonders im Umgang mit anderen Menschen an den Tag legt.

Bei mir persönlich sind sex, gender identity und gender role identisch.  Ich bin biologisch eine Frau, fühle mich als Frau und lege das Verhalten einer Frau an den Tag. Bei einem möglichen Partner sind die ersten zwei Punkte für mich nebensächlich, vernachlässigbar, solange er/sie in seiner/ihrer Geschlechtsrolle eindeutig männlich ist.

So. Jetzt habe ich zum Schluss noch mal so richtig schön wichtigtuerisch geklugscheißert. Zusammenfassend kann man über meine erste Woche im Dating-Dschungel des Internets sagen, dass ich auf jeden Fall jede Menge Selbsterkenntnis gewonnen habe. So viel, wie schon lange nicht mehr. Alleine dafür hat sie sich gelohnt, diese erste Woche. Ich denke, ich werde dieses Projekt noch ein wenig weiter verfolgen. Vielleicht lerne ich noch mehr. Vielleicht lerne ich ja doch noch jemanden kennen. Man weiß es nicht. Schauen wir mal, was es dann nächste Woche zu erzählen gibt.

 

Kommentare

18:12 07.07.2010
ja....manchmal viel zu heftigst....
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12:48 07.07.2010
ich fand deinen text sehr interessant zu lesen. mann, du reflektierst ja heftigst.
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14:57 05.07.2010
Was für eine Weisheit hast du denn in meinem Endlostext gefunden?
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14:16 04.07.2010
heftig .. ich hab das wirklich alles gelesen jetzt *puh

du machst dir ähnlich schräge gedanken wie ich was diesen dating-krampf angeht. du machst dir ähnlich bescheuerte gedanken was das, was andere denken könnten angeht.

eine tolle weisheit hab ich gefunden in deinem text. aber ist die so weise ? wo du doch auch so wirres zeug denkst anstatt vorwärts zu kommen ...... ? hm ... ich kopiers mir mal und denke später nochmal drüber nach.
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2010-07-03 14:04