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Saturday, 20. April 2024
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 1915-03-18 hh:mm
Wieder eine Woche weiter in di...

Wieder eine Woche weiter in dieser harten, schweren Zeit! Tag und Nacht in Sorge und Aufregung, da die Kämpfe zwischen Metz und Port á Mousson andauern und wir beständig Kanonendonner hören! –

Seit Anfang dieses  Monats lernen wir die Prüfungen der Kriegszeit täglich mehr kennen. Die Brotkarten sind von 4 Pfund auf 3 ½ Pfund herabgesetzt worden, d. h. jede Karte gilt jetzt für ½ Pfund weniger Brod als zuerst. Es ist jetzt wirklich knapp und da Rudolf und das Mädchen einen gesegneten Appetit haben, muß ich fortwährend studieren, damit wir mit unserer Wochenration von 3 ½ Pfund annähernd auskommen. Man muß den ganzen altgewohnten Küchenzettel ändern, um mit sehr wenig Mehl und dieser geringen Brotportion auszukommen. Die Zeitungen veröffentlichen viele Ratschläge, wie man sparen und haushalten solle, aber es sind wenige dabei, die sich praktisch einführen lassen. –

Ich koche jetzt dreimal in der Woche abends zuerst eine gute Suppe, dann eine Kartoffelspeise (Salat oder meist in der Schale gekocht) letztere jetzt „Kriegskartoffel genannt, da man überhaupt nur Pellkartoffeln essen soll, um gar keinen Verlust zu haben. Die Kartoffeln werden jetzt auch rar, man bezahlt für den Ctr. 6,50 M. gegen 3,80 – 4,00 M. früher. Mehl bekommt man nur gegen Mehlkarte, Brödchen nicht mehr zu haben. –

Zuweilen wird es mir doch bange beim Blick in die Zukunft! Was soll werden, wenn wir keine gute Ernte bekommen? Und wer soll die Feldarbeit besorgen, da die Männer alle fort sind? Es ist jetzt eine Mitteilung von Berlin gekommen, daß russische Gefangene zur Feldarbeit in die Rheinprovinz geliefert werden sollen; jedermann kann sich melden und angeben, wie viele russische Arbeiter er für seinen Betrieb braucht, sogar kleine Bauern erhalten 2 – 3 Mann zur Arbeit. –

In Dillingen arbeiten auf d. Hüttenwerk über 300 Russen. Sie sollen freundlich und ruhige Arbeiter sein. – Auf Vorschlag der Regierung soll man Jedes, auch das kleinste Gartenplätzchen bepflanzen. Wir lassen unser Grasplätzchen umgraben u. Kartoffeln darauf pflanzen.

Nie im Leben hat die Sorge um das tägl. Brod uns jemals so beschäftigt, wie heute!

Beständig muß man denken: reichen wir auch mit unseren Vorräten? Vieles Nötigste fehlt! Immer noch kein Petroleum! Die Kaufleute werden fast gestürmt, wenn es sich rundspricht: Dort gibt`s Petroleum“ Wir geben Alles in die Druckerei zum Putzen d. Maschinen im Haushalt helfen wir uns (außer d. Gas) mit sog. Nachtlichtchen. - -

Die große Sorge, wie sich Italien gegen uns verhalten werde, hat sich etwas gehoben. Seitdem die Engländer u. Franzosen vergeblich die Dardanellen zu gewinnen suchten – und Griechenland fest an seiner Neutralität hält, ebenso Rumänien – scheinen die Italiener sich doch langsam vom Dreierband zurückzuziehen und man glaubt, daß Italien doch zuletzt seine Neutralität aufgebe u. auf unsere Seite trete, um später nachdem wir mit Opfern aller Art uns den Sieg erfochten, seinen Anteil an der Siegesbeute zu verlangen.-

Immer noch kommen Waffen- und Munitionssendungen aus Amerika nach England und Frankreich, bis kurz vor Beginn des Seekrieges. Alle von uns erbeuteten Waffen sind amerikanischen Ursprungs! Ein Offizier sagte uns: Hätte Amerika nicht unseren Feinden die Waffen geliefert, so hätte der Krieg nur bis November gedauert. Welch schwere Verantwortung haben  diese elenden Krämerseelen in Amerika auf sich geladen! Wie viel teures deutsches Blut ist geflossen durch diese hinterlistigen Dollarseelen, die scheinheilig vom Frieden reden und hinter den Kulissen eifrig arbeiten, um den Kampf zu fördern! – Doch sie haben bereits den wohlverdienten Lohn, da England in frechem Uebermut amerikanische Dampfer kapert, die Ladungen beschlagnahmt etc., sodaß die Freundschaft wohl nicht mehr lange halten wird. –

Nun fragt man sich von Tag zu Tag: Wann kommt das Ende dieses Völkerringens? Sehnsüchtig blickt Alles nach Osten, von wo wir nur spärliche Nachrichten hören! Aber wer Hindenburgs Kundgebungen mit Aufmerksamkeit verfolgt hat, der weiß: Je knapper seine Mitteilungen, desto näher ein Schlag! Je weniger er schreibt, desto eifriger handelt der große Stratege! Gebe Gott, daß er uns bald wieder ein Aufatmen bereite, damit wir sehen, daß aus diesem Meer von Leid und Tränen nur köstliche Frucht für uns und unser teures Vaterland erwächst. Wie viele unserer braven Soldaten sind schon geopfert! Man sieht über die Hälfte der Bevölkerung in Trauerkleidern gehen, besonders hier an der Grenze.

Von unserem Kaiser hört man, daß er mager geworden sei, aber unermüdlich Tag und Nacht mit seinem Stabe arbeite. Seine Reden an die Truppen sind voll Zuversicht, Gottvertrauen und Mut! –

 

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