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2010-08-20 08:07
Der weinende Clown - 29
Als er am anderen Morgen erwachte, fühlte er sich frisch und ausgeruht. Seit langer Zeit freute er sich wieder auf den Tag – insbesondere auf den Nachmittag und zwar exakt auf den Zeitpunkt, den Gott ihm genannt hatte: 14 Uhr 38 ... Nachdem er sich angezogen hatte, lief er zum Fenster und sah hinaus in den sonnigen Tag. Es würde ein guter Tag werden ... Pfeifend schaltete er die Kaffeemaschine ein, kochte sich zwei Frühstückseier, holte Butter, Marmelade und Wurst aus dem Kühlschrank, legte zwei Scheiben Weißbrot in den Toaster und war wieder einmal mehr über sich selbst erstaunt. Seit Monaten schon hatte er sich kein richtiges Frühstück mehr gemacht, immer nur schnell zwei Tassen Kaffee in den leeren Magen geschüttet, um dann gelangweilt und griesgrämig über sein ungnädiges Schicksal nachzusinnen. Heute jedoch war alles anders. Lag es daran, dass er die Gewissheit hatte, sie heute wieder zu sehen? Oder war es das erhabene Gefühl des Erfolgs, wieder einmal ein paar Zeilen geschrieben zu haben? Er konnte es nicht sagen. Sicher war für ihn lediglich, dass „dort oben“ ein Freund war – ein Freund, dem er in all den langen Jahren seines Lebens viel zu wenig Beachtung geschenkt hatte. Sein Blick ging kurz nach oben an die Zimmerdecke. „Ich danke dir. Ich danke dir von ganzem Herzen. Für alles“, sagte er laut. Nach dem Frühstück setzte er den Computer in Betrieb, las die Zeilen, die er am Vorabend geschrieben hatte und rieb sich die Stirn. Das habe nicht ich geschrieben!, schoss es ihm durch den Kopf. Das kann nicht sein! Er war kein Geschichtenerzähler, das wusste er – und immer dann, wenn er dennoch im Begriff war, eine ernste Geschichte zu schreiben, wurde sie spätestens nach dem zehnten Satz skurril oder albern. Er wäre vermutlich sogar in der Lage gewesen, aus einer tiefschwarzen Tragödie eine Komödie zu machen. Dann tat er etwas, was er schon lange nicht mehr getan hatte: Er räumte die Wohnung auf, staubte die Möbel ab, reinigte das Bad und ordnete einige längst Sein Blick ging hinüber zur Parkbank – und er traute seinen Augen nicht: Da saß sie, trug eine weiße Bluse und Jeans, hatte die schlanken Beine lässig übereinander geschlagen, die Arme auf die Rückenlehne der Bank gelegt und beobachtete interessiert die Umgebung. Er war nervös. Sein Herz raste im Galopp. Kommentare |
2010-08-20 08:07 |