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2005-05-10 17:51
Ausflug
Dann ist mir noch etwas aufgefallen, und zwar am Sonntag während eines Ausfluges mit der Familie. Wir wollten zunächst nur in das Heimatmuseum unseres Bezirkes gehen, es ist zwar nichts Weltbewegendes, aber ich war noch nicht dort und E. sagte mir, es wäre ganz interessant und Eintritt würde es auch nicht kosten (bei einer fünfköpfigen Familie ist das ein Argument).

Es war tatsächlich sehr interessant, und es gab eine Sonderausstellung zu der Kindheit in Berlin in den Jahren 1900 bis 1945. Allein die Beschreibung des "Waschtages" versetzte mich in blankes Erstaunen. Dieses Tragen der Wäsche über die Stockwerke, erst runter in den Waschraum, dann rauf unters Dach zum Trocknen, dann wieder runter zum Bügeln und Ablegen. Und das alles dauerte DREI Tage.

Man kann sich das gar nicht mehr vorstellen in Zeiten von Waschmaschine und Co. Auf der anderen Seite war die Beschreibung des Waschtages aus Sicht des Kindes so lebendig, daß ich den Eindruck bekam, daß dieser Tag inklusive der Plakereien etwas Besonderes war.

Nach dem Museumsbesuch sind wir weiter zum Schloss Charlottenburg gegangen, das in unmittelbarer Nähe zu diesem Museum liegt (bzw. das Museum liegt in Schlossnähe). Das Schloss hat einen schönen Park, der in Schlossnähe ein richtiger "Schlossgarten" ist, wie man sich ihn sich vorstellt: gepflegt, mit vielen Gartenanlagen, Springbrunnen, Kieswege. Und das eigentlich Schöne daran ist, daß dieser gepflegte Bereich in einen ungepflegten "wilden" Bereich übergeht, und plötzlich hat man das Gefühl, inmitten unberührter Natur zu stehen. -

Der Himmel zog sich zu, es fing ein wenig an zu regnen. Wir fanden ganz hinten in dem weiträumigen Gelände ein Rondell zum Unterstellen. Und da waren wir dann, E. und ich und die drei Kinder. Und es stellte sich plötzlich ein Frieden und eine Zufriedenheit ein, die ich nicht oft erlebe. Und in Anbetracht dieses Friedens wurde mir erst klar, wie angespannt ich die ganze Zeit war, total angespannt. Das ist für mich offenbar der Normalzustand. Und es hat den ganzen Weg bis zu diesem Pavillon und dieser Pause gebraucht, bis ich überhaupt nur merkte, daß ich angespannt war. Und erst jetzt stellte sich langsam so etwas wie Erholung und Entspannung ein.

Die Kinder waren vollkommen friedlich, sie fanden das alles sehr spannend (und aus Erfahrung klug geworden haben wir auch immer Essen und Trinken dabei, daran soll es nicht scheitern). Und schließlich: nirgendwo mehr ein Wollen, nirgendwo mehr ein Müssen, wir waren einfach alle nur da. Die Landschaft mit ihren Bäumen, Regenwolken durchbrochen von Sonnenstrahlen, Vögel, Sträucher, Wege, das alles sah aus wie gemalt. Es war einfach schön.

MI


[Bild nicht gefunden]


Kommentare

23:14 10.05.2005
Hallo Claudius,
dein Kommentar hat mich sehr gerührt. Alkoholismus ist mir kein Fremdwort.
Und komisch, den ganzen Eintrag über bin ich nicht auf dieses Wort gekommen, das Du so schön genannt hast: Glück. Manchmal muß man es wohl gesagt bekommen.
Danke und lieben Gruß,
MI
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unbekannt
18:10 10.05.2005
Hi MI!
Deine Art zu schreiben gefällt mir! Außerdem: Berlin grüßt Berlin!
Die von Dir beschriebene innere Zufriedenheit habe ich als trockener Alkoholiker mir erst erarbeiten müssen, weil ich mein bisheriges Leben ein vom eigenen Ehrgeiz Getriebener war! Du entdeckst diesen Zustand schon jetzt! Man nennt ihn Glück - und erkennt das meist erst im Nachhinein! LG


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2005-05-10 17:51