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Friday, 26. April 2024
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Tagebuch Vielliebchen
 1895-04-01 hh:mm
(Bismarcks 80. Geburtstag) Mit...
(Bismarcks 80. Geburtstag) Mit Bismarck zugleich hatte Herr Brückel, mein früherer Turnlehrer, sein 25jähr. Jubiläum gefeiert. Ich wollte um 11 Uhr hin u. gratulieren, das kam mir sehr gelegen, denn sonst hätte ich nicht aus dem Hause gekonnt. Ich ging erst in den Schloßgarten, St. war schon anwesend u. kam zu mir. Wir gingen in dem unteren Schloßgarten auf u. ab. Er sagte, eigentlich sei er in anderer Absicht hierher gekommen, er hätte mir „lebe wohl“ sagen wollen, aber wenn er mich sähe, dann könne er es nicht. Ich sagte, dann würde ich gehen, weitere Bitten würde ich nicht an ihn verschwenden. Na, er war wieder ganz verliebt, endlich gegen 12 Uhr wollte ich fort, er bat mich, ich solle od. vielmehr müsse das Versprechen zurücknehmen, das that ich aber natürlich nicht. Da sagte er, das wäre wieder die alte Geschichte, wenn er das gewußt hätte, wäre er mir nicht wieder gut geworden. Er begleitete mich noch durch die Bahnhofstr. u. nahm dann den Rückzug an. Vorher sagte er noch, ich nehme jetzt gar keine Notiz von dem Versprechen, ich thue es einfach. Ich sagte, dann würde ich sehr auf meiner Hut sein u. nie mehr mit ihm allein gehen. –
Ich ging dann weiter zu Herrn Brückel, gratulierte ihm, er war natürlich hocherfreut über meinen Besuch. Den Mittag war ich mit meinen Schwestern spazieren. Stedman ging mit uns. Im Ahäuserweg und Löhnberger holten wir Kätzchen. Voriges Jahr um diese Zeit war er auch mit mir u. den beiden Kindern dort um Kätzchen zu holen. Er sagte, ich solle ihm doch schreiben, ich schlug es ihm aber ab. Er will am 1. heil. Ostertag u. am 19ten schreiben. Am 19ten April vor 2 Jahren haben wir uns in Freienfels kenn gelernt. Ich sagte, ich wolle ihm dann auch auf diesen Tag ein leeres Couvert schicken. Ich schreibe ihm aber vielleich ein Gedicht u. lege ein Blümchen hinein.
Vor der Stadt trennten wir uns. Zum Thee waren wir in Paulus eingeladen. Es war ganz nett. Gegen 9 Uhr mußte ich meine Noten holen. Frl. Paulus ging mit mir. Unten auf der Straße wandelte zu unsrem Erstaunen St., er schloß sich uns an. Unterwegs drückte er mir verstohlen die Hand. Wir liefen nun hinauf die Noten zu holen u. gingen dann wieder (unlesbar) bis an Paulus Haus zusammen. Die beiden guckten in die Fenster der Traube, wer der Gymnasiasten Commers abgehalten wurde u. hörten gerade wie Männe sagte „ich hatte auch mal einen Schatz gehabt, der hieß Luise.“ Sie kamen lachend zu mir u. erzählten es. Zum Abschied gaben wir uns die Hand. Um ½ 12 Uhr kamen wir nicht nach Hause. Ich hatte eine namenlose Sehnsucht nach Stedman, die ich mir nie zugetraut hätte. Frl. Paulus u. ich sangen abwechselnd, wie es schien gefiel den Damen meine Stimme ganz gut. –

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