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Tagebuch Vanny
2005-04-18 18:44
Don Quichotte - Wasserburg und Wellenbad
Wasserburg und Wellenbad

Einige Zeit ging alles gut. Don Quichotte blieb zu Hause, ließ sich mästen, schlief viel und kam langsam wieder zu Kräften. Sancho Pansa besuchte ihn täglich. Sie steckten die Köpfe zusammen, tuschelten miteinander, zwinkerten sich zu - und eines schönen Tages waren sie wieder verschwunden!

Diesmal wollten sie nach Saragossa. Weil sie gehört hatten, daß dort, am Tage des heiligen Georg, ein großes Turnier stattfinden werde. Daran wollte Don Quichotte selbstverständlich teilnehmen und als Sieger gekrönt werden. Deshalb hatte er sich auch geschworen, unterwegs keinerlei Abenteuer zu suchen. Denn er wollte pünktlich in Saragossa eintreffen. Doch die Abenteuer liefen ihm nach. Er suchte sie nicht. Aber sie fanden ihn. Und er brachte es nicht fertig, ihnen auszuweichen.

So begegneten sie zum Beispiel drei Löwen, die der General von Oran dem spanischen König als Geschenk schickte. Die Löwen lagen in Käfigen, und der Ritter hätte vorüberreiten können. Doch das ließ sein Mut nicht zu. Er zwang die Soldaten, den Käfig des größten Löwen zu öffnen. Weil er sie mit seiner Lanze bedrohte, gehorchten sie, liefen zitternd ins Feld und erwarteten Schreckliches. »Komm heraus, König der Wüste!« rief Don Quichotte und kitzelte den großen Löwen mit der Lanze. »Laß sehen, wer stärker ist!« Aber der Löwe wandte nur den mächtigen Kopf, blinzelte ein wenig, gähnte und schlief weiter. Er war zu müde, um sich zu ärgern. Und weil der Ritter wenig Zeit hatte, zog er mit Sancho Pansa unverrichtetersache weiter.

Tags darauf stieg er angeseilt in die Höhle des Montesinos hinunter, wo vor ihm noch kein Mensch gewesen war, und als er nach Stunden wieder herauskam, erzählte er erstaunliche Dinge, die ihm unter der Erde zugestoßen seien. Sancho Pansa tat das Klügste, was er tun konnte: er glaubte jedes Wort. - Und am Abend, als sie ein wanderndes Marionettentheater besuchten, griff Don Quichotte mit gezogenem Schwert in die Schlacht ein, die auf der Bühne stattfand! Er schlug alles kurz und klein: die Puppen, die Dekorationen und den Samtvorhang! Die Zuschauer liefen vor Schreck davon, und der Theaterdirektor brachte eine lange, lange Rechnung, die Sancho Pansa zähneknirschend bezahlte. Sonst, sagte der Direktor, werde er die Polizei holen. Und auf Polizisten waren der dürre Ritter und der kleine dicke Stallmeister ganz und gar nicht neugierig.

Im Verlauf ihrer Reise nach Saragossa erreichten sie schließlich den Fluß Ebro und fanden am Ufer ein einsames Fischerboot. »Siehst du die Barke?« fragte der Ritter. - »Nein«, antwortete Sancho Pansa, »ich sehe ein Fischerboot, nichts weiter.« - »Die Barke schickt uns ein Zauberer, damit wir sie besteigen und einen gefangenen König oder eine Prinzessin befreien!« Dem kleinen Dicken half kein Sträuben. Sie banden Pferd und Esel an eine Weide, kletterten in das Boot und trieben auf den Fluß hinaus. Und der Esel am Ufer brüllte kläglich.

Da sie keine Ruder bei sich hatten, machte die Strömung mit dem Boot, was sie wollte. Und weil in der Nähe eine Wassermühle mit ihren Schaufelrädern arbeitete, geriet das Boot unaufhaltsam in den Sog des Mühlwassers. Don Quichotte rief: »Siehst du die Wasserburg?«, sprang auf, daß das Boot fast gekentert wäre, und zog sein Schwert. - »Es ist eine Mühle«, sagte S ancho Pansa, »und wir werden unter die Räder kommen! « Inzwischen waren die Müller mit langen Stangen und Rudern vor die Mühle gelaufen, um das Boot, wenn es den Schaufelrädern zu nahe käme, zurückzustoßen. Die Müller hatten vom Mehl weiße Gesichter und sahen wie Gespenster aus. Don Quichotte fuchtelte mit dem Schwert und rief: »Gebt eure Gefangenen frei! Den König oder die Prinzessin oder wer es sonst ist!« Und schon schlug er wie ein Besessener auf die Ruder und Stangen los, mit denen die Müller das Boot vor dem reißenden Strudel bewahren wollten. Dabei kenterte das Boot. Der Ritter und der kleine Dicke fielen ins Wasser. Und sie wären wie die Mäuse ertrunken, wenn nicht ein paar Fischer gekommen wären, die das gestohlene Boot suchten. Sie zogen die zwei Schiffbrüchigen aus dem Wasser und mußten zusehen, wie Don Quichottes Barke unter die Schaufelräder der Mühle geriet und zu Kleinholz verarbeitet wurde. Wieder mußte Sancho Pansa die Reisekasse zücken. Die Fischer ließen sich das Boot teuer bezahlen. Erst dann brachten sie das seltsame Paar ans Ufer zurück, wo Pferd und Esel geduldig an der Weide warteten.

»Ich schäme mich«, sagte der Ritter, »denn wir haben den König oder die Prinzessin oder wer es sonst war, nicht befreien können.« »Ich schäme mich auch«, sagte Sancho, »denn wir haben Ihr schönes Geld zum Fenster hinausgeworfen.« Dann legten sie ihre Kleider, den Harnisch und sich selber zum Trocknen in die Nachmittagssonne. Sancho Pansa schlief ein und träumte, er habe seinen Herrn verlassen und reite eiligst nach Hause. Man träumt mitunter, was man tun möchte, aber in Wirklichkeit nie täte.

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