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Tagebuch Vanny
2005-04-18 18:32
Aladdin und die Wunderlampe
Aladdin und die Wunderlampe


In einer großen Stadt Chinas lebte ein armer Schneider namens Mustafa. - Durch sein Gewerbe verdiente er kaum so viel, dass er mit seiner Frau und seinem Sohne leben konnte. Dieser Sohn, Aladdin mit Namen, war ein Tunichtgut. Der Vater hatte nicht viel Zeit und Geld auf seine Erziehung verwenden können, und der Sohn hatte auch nichts gelernt. Er war vielmehr immer halsstarrig, boshaft und ungehorsam geblieben. Seit seiner Kindheit hatte er am liebsten mit andern Gassenjungen auf den Straßen und Plätzen der Stadt herumgetollt.

Nun wollte ihn der Vater in der eigenen Werkstatt das Schneiderhandwerk lehren. Aber der Sohn war nicht mehr zu bessern. Kaum kehrte der alte Meister seinem Sohn den Rücken, flugs war dieser aus der Stube hinaus. Und er kam den ganzen Tag nicht wieder. Scheltworte und Drohungen nützten nichts. Auch Schläge vermochten den flatterhaften Sinn des Jungen nicht zu ändern. Schließlich musste ihn der Vater zu seinem großen Bedauern dem liederlichen Leben überlassen. Da grämte sich der alte Schneider so sehr, dass er krank wurde und nach einigen Monaten starb.

Aladdins Mutter sah, dass sie von ihrem Sohn keine Hilfe zu erwarten habe. Also schloss sie den Laden und machte das wenige Handwerkszeug des Gatten zu Geld. Davon und vom Ertrag des Baumwollspinnens hoffte sie, mit dem Sohn leben zu können.

Dieser ging jetzt ungehemmt seinen Neigungen nach. Er kümmerte sich nicht im geringsten um die Ermahnungen seiner Mutter. Ja, er stieß sogar Drohungen gegen sie aus. ohne Unterlass spielte er mit Jungen seines Alters. Nach Hause ging er nur mehr zur Essenszeit. Sonst ließ er sich den lieben langen Tag nicht blicken. So trieb er es, bis er fünfzehn Jahre alt geworden war. Und er dachte keinen Augenblick daran, was aus ihm werden sollte.

Während Aladdin eines Tages wie gewohnt mit den Gassenbuben spielte, ging ein Fremder vorüber. Er blieb stehen und sah dem Spiel zu; besonders Aladdin betrachtete er aufmerksam. Der Fremde war ein afrikanischer Zauberer. Er konnte Berge aufeinandertürmen und verstand sich auch auf die Sternkunde. Erst vor zwei Tagen hatte er seine Heimat Afrika verlassen. Nun sah er Aladdin eine Weile genau zu. Dabei erkundigte er sich unauffällig bei einem andern Knaben nach dessen Namen und Familienverhältnissen.

Dann trat er auf Aladdin zu und sagte: ,,Mein Sohn, ist dein Vater nicht der Schneider Mustafa?" ,,Ja, Herr", erwiderte Aladdin, ,,aber er ist schon lange tot." Bei diesen Worten fiel der Fremde dem Jungen um den Hals. Er umarmte und küsste ihn wiederholt. Tränen flossen über seine Wangen. ,,Warum weint Ihr, Herr?" fragte Aladdin. ,,Und woher kennt Ihr meinen Vater?"

Traurig erwiderte der Afrikaner: ,,Wie sollte ich nicht weinen! Dein Vater war ja mein Bruder. Ich bin daher dein Oheim. Einige Jahre schon bin ich auf der Reise. Jetzt, da ich hoffte, ihn wiederzusehen, muss ich erfahren, dass er tot ist. Dies schmerzt mich unendlich. Der einzige Trost ist mir, in deinem Gesicht seine Züge zu erkennen." Dann fragte er Aladdin nach der Wohnung seiner Mutter und drückte dem Jungen einen Beutel voll Kleingeld in die Hand.

Dazu sagte er: ,,Nun geh gleich zu deiner Mutter. Grüße sie von mir. Und sag ihr, ich werde sie morgen besuchen, wenn es meine Zeit erlaubt. Ich möchte das Haus sehen, in dem mein lieber Bruder gelebt hat und wo er gestorben ist." Aladdin, den der Fremde eben zu seinem Neffen gemacht hatte, lief mit dem Geld stracks nach Hause. Er rief seiner Mutter zu: ,,Liebe Mutter, sag mir doch, ob ich einen Oheim habe!"

,,Nein", erwiderte die Mutter, ,,du hast keinen Oheim, weder väterlicherseits noch von meiner Seite." ,,Und doch", meinte Aladdin, ,,hat eben jetzt ein Mann zu mir gesagt, dass er mein Oheim sei. Er weinte über den Tod meines Vaters, der sein Bruder gewesen wäre. Dabei fiel er mir um den Hals und küsste mich. Er hat mir auch dieses Geld gegeben." Nun wies Aladdin die Handvoll Geld vor. ,,Auch hat er versprochen, dass er morgen zu dir kommen werde. Er möchte Vaters Haus und Wohnung sehen. Inzwischen soll ich viele Grüße an dich ausrichten."

,,Mein Sohn", entgegnete die Mutter, ,,es ist wahr, dein Vater hatte einen Bruder. Aber der ist schon lange tot. Und von einem andern Bruder habe ich nie gehört." Damit endete das Gespräch zwischen Mutter und Sohn.

Am andern Tag kam der Zauberer wieder zu den spielenden Knaben. Er trat zu Aladdin und umarmte und küsste ihn wie am Vortag. Dazu gab er ihm zwei Goldstücke mit den Worten: ,,Mein Sohn, bring dieses Geld deiner Mutter. Sag ihr, ich werde am Abend zu ihr kommen; sie soll um das Geld etwas für das Nachtmahl einkaufen. Denn ich möchte bei euch speisen. Zeig mir jetzt das Haus, in dem ihr wohnt. Ich will sicher sein, am Abend hinzufinden"

Der Junge zeigte ihm das Haus, und der Zauberer verließ ihn.

Aladdin lief nach Hause. Er gab seiner Mütter die zwei Goldstücke und richtete die Botschaft des Oheims aus. Die Mutter ging sofort auf den Markt und kaufte allerlei Vorräte. Da es am Nötigsten mangelte, entlieh sie von der Nachbarin das Tischgeschirr. Dann bereitete sie das Abendessen.

Am Abend, als alles fertig war, sagte sie zu dem Jungen: ,,Nun geh und suche den Oheim! Führ ihn her, vielleicht weiß er den Weg nicht!" Aladdin wollte soeben gehen, als es an die Tür klopfte. Er öffnete und erkannte den Fremden. Ein Diener folgte ihm mit Früchten und Weinflaschen; nachdem er diese niedergestellt hatte, entfernte er sich. Der Zauberer begrüßte Aladdins Mutter und sprach: ,,Nun zeig mir die Stelle, wo mein Bruder bei seiner Arbeit saß!" Sie zeigte ihm den Platz. Der Zauberer aber warf sich zu Boden. Er küsste die Steile unter Tränen und rief aus: ,,Mein armer Bruder, wie unglücklich bin ich, dich nicht mehr am Leben zu treffen! Wie gerne möchte ich dich umarmen und dir in die Augen blicken!"

Aladdins Mutter musste nun glauben, dass er wirklich der Bruder ihres Gatten sei. Sie lud ihn ein, sich auf ihres Mannes Platz zu setzen. Aber er lehnte es ab. Er bat, sich gegenüber setzen zu dürfen; so könne er sich wenigstens einbilden, der Bruder sitze noch dort. Da drang sie nicht weiter in ihn und ließ ihn Platz nehmen, wo er wollte.

Nun begann er zu plaudern und sagte: ,,Liebe Schwägerin, wundere dich nicht, dass du mich nie gesehen und nie von mir gehört hast. Es sind jetzt genau vierzig Jahre, seit ich das Land verließ. Ich bin weit in der Welt herumgekommen. Ich habe Indien, Persien und Afrika gesehen. Ich bin in den schönsten Städten dieser Länder gewesen. Lange Jahre habe ich mich auch im Westen aufgehalten. Dann aber erwachte die Sehnsucht nach der Heimat in mir, und sie hat mich nie mehr verlassen. Wo der Mensch geboren ist, dorthin zieht es ihn immer wieder. Ich dachte an meinen Bruder. Da ergriff mich heißes Verlangen, ihn wiederzusehen. Ich sagte mir auch, dass ich reich sei; aber mein Bruder müsse vielleicht in Armut sein Leben fristen, und ich könnte ihm helfen!

Daher machte ich mich auf die weite Reise. Frage nicht, was für Mühen und Beschwerden ich unterwegs ertrug! Nur die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit dem Bruder hielt mich aufrecht. Darum war mein Schmerz unsäglich, als ich von seinem Tod erfuhr. Als ich nun auf der Straße deinen Sohn sah, fiel mir sofort die Ähnlichkeit mit meinem Bruder auf. Mein Herz zog mich zu ihm. Darum sprach ich ihn an. Und ich freute mich, doch wenigstens einen Sohn meines Bruders gefunden zu haben."

Als der Zauberer sah, wie sehr seine Worte Aladdins Mutter ergriffen, lenkte er ab.

Er wandte sich schnell an Aladdin: ,,Mein Sohn, wie heißt du?"

,,Aladdin", sagte dieser.

,,Nun, Aladdin", fuhr der Zauberer fort, ,,hast du ein Handwerk oder eine andere Fertigkeit gelernt?"

Bei dieser Frage wurde Aladdin verlegen. Beschämt senkte er den Kopf.

Seine Mutter aber rief: ,,Nichts hat er gelernt. Er ist ein Taugenichts. Den ganzen Tag strolcht er auf den Gassen herum und verbringt mit seinesgleichen unnütz die Zeit. Sein Vater hat sich alle Mühe gegeben, ihn ein Handwerk lernen zu lassen. Er wollte einen anständigen Menschen aus ihm machen. Aber alle Mühe war vergebens. Er folgte ihm nicht, war eigensinnig und boshaft. Der Kummer um ihn hat meinen Mann unter die Erde gebracht. Ich bringe mich mit Baumwollspinnen mühselig durchs Leben. Er aber streicht trotz meiner Reden und Mahnungen auf den Straßen herum. Er schämt sich nicht, mit fünfzehn Jahren noch mit den Kindern zu spielen. Und was aus ihm werden soll, ist ihm gleichgültig. Ich kann ihn nicht mehr erhalten. Ich bin eine alte Frau, die selbst mit ihrem knappen Verdienst nicht auskommt. Demnächst werde ich ihm die Tür verschließen und ihn nicht mehr hereinlassen. Er soll sehen, wo er unterkommt und wie er sich fortbringt."

Der Zauberer hatte den Jungen während dieser Klagen seiner Mutter unverwandt angeblickt. Als sie geendet hatte, sagte er zu ihm: ,,Was

du treibst, ist nicht gut, mein lieber Neffe. Du solltest schon verständig genug sein, an einen Erwerb zu denken. Deine Mutter kann dich nicht ewig erhalten. Denk nach, ob dir nicht doch ein Gewerbe zusagt. Wenn dir das Handwerk deines Vaters nicht gefällt, dann such dir ein anderes! In dieser Stadt sind sicher viele Handwerker, die dich gerne in die Lehre nähmen. Aber wenn du gar keine Lust zum Handwerk hast, dann will ich dir einen Kaufladen einrichten. Ich will ihn mit den feinsten Stoffen ausstatten, damit du Handel treiben kannst. Auf diese Art wirst du ein genügendes Einkommen finden und ein geachteter Mann werden.

Dieses Anerbieten lockte Aladdin sehr. Er wusste, dass die Kaufläden immer stark besucht waren. Die Aussicht, ein reicher Handelsherr zu werden, schmeichelte seinem Stolz. Daher erklärte er seinem Oheim, dass ihn dieser Beruf freuen würde. Und er dankte ihm für die Wohltat, die er ihm erweisen wolle.

,,Da dir dieses Gewerbe gefällt", sagte der Zauberer, ,,werde ich dich morgen in die Stadt mitnehmen. Ich werde dir feine Kleider kaufen, wie es sich für einen Kaufmann schickt. Und übermorgen wollen wir einen Laden suchen, wie ich dir versprochen habe."

Bisher hatte Aladdins Mutter nicht recht geglaubt, dass der Mann ihr Schwager sei. Nun zweifelte sie nicht mehr daran. Ein fremder Mann würde ihrem Sohn nicht so glänzende Versprechungen machen. Sie ermahnte ihn daher, sich nun alle Torheiten aus dem Kopfe zu schlagen. Er solle sich der Güte des Oheims würdig erweisen. Dann trug sie das Abendessen auf. während des Mahles unterhielten sie sich weiter über den Kaufmannsberuf. Schließlich bemerkte der Zauberer, dass die Nacht schon weit fortgeschritten sei. Er verabschiedete sich von Mutter und Sohn und suchte seine Herberge auf.

Am nächsten Morgen holte der Zauberer den Jungen zum verabredeten Gang in die Stadt ab. Er führte ihn zu einem großen Handelshaus. Dort gab es Kleider aus den besten Stoffen für Personen jeden Alters und Standes.

Der Zauberer verlangte mehrere der schönsten Gewänder zur Auswahl. Dann sagte er zu Aladdin: ,,Lieber Neffe, wähl dir aus, was dir am besten gefällt!"

Aladdin war über die Freigebigkeit des Oheims hocherfreut. Er suchte sich das schönste Gewand aus. Und der Oheim bezahlte den Kaufmann bar, ohne zu handeln.

Nachdem Aladdin von Kopf bis Fuß prächtig gekleidet war, dankte er seinem Oheim, küsste ihm die Hand und bat ihn, sich auch ferner seiner anzunehmen. Der Zauberer versprach, ihm bei seinem Erwerb behilflich zu sein. Er führte ihn zunächst in die Straße, wo sich die reichsten Kaufläden mit den feinsten Stoffen befanden.

Hier sagte er: ,,Auch du wirst bald ein Kaufmann sein. Darum ist es vorteilhaft, dass du diese Kaufleute besuchst. Sie sollen dich kennenlernen."

Der Zauberer zeigte Aladdin auch die schönsten und prächtigsten Moscheen. Schließlich geleitete er ihn durch den Palast des Sultans, soweit man dort freien Zutritt hatte. Nach diesem langen Spaziergang nahm er ihn mit in sein Absteigquartier. Dort machte er ihn mit einigen Kaufleuten bekannt und stellte ihn als seinen Neffen vor. Sie nahmen ein reichliches Mahl ein, und Aladdin sprach den guten Gerichten ausgiebig zu.

Gegen Abend geleitete der Zauberer seinen Neffen zum Hause seiner Mutter zurück. Diese war außer sich vor Staunen, als sie den Sohn so fein gekleidet sah. Sie wünschte den Segen des Himmels über den großzügigen Schwager herab.

,,Lieber Schwager", sagte sie, ,,ich weiß nicht, wie ich dir für deine Großmut danken soll. Mein Sohn wäre ganz nichtswürdig, wenn er sich jetzt nicht deiner Fürsorge würdig erweisen wollte. Ich danke dir von ganzem Herzen. Der Herr möge dich durch ein langes und glückliches Leben belohnen. Ich hoffe, dass auch mein Sohn dankbar deinen Rat und deine Wohltaten anerkennen wird."

Hierauf erwiderte der Zauberer: ,,Aladdin ist ein guter Junge. Er stammt von trefflichen Eltern. Wir werden schon einen tüchtigen Menschen aus ihm machen. Übrigens tut es mir leid, dass ich ihm nicht schon morgen einen Laden kaufen kann. Aber morgen ist Freitag, da werden die Läden geschlossen sein. Die Kaufleute werden die Stadt verlassen und sich in den Gärten aufhalten. Wir müssen daher bis Samstag warten. Doch komme ich morgen trotzdem zu euch. Ich will Aladdin mit mir nehmen und ihm die Gärten und Plätze vor der Stadt zeigen. Dort werden wir auch viele Kaufleute mit ihren Familien antreffen; so kann ich ihn gleich bekannt machen. Er muss ja jetzt auch den Verkehr mit Erwachsenen lernen."

Nach diesen Worten entfernte sich der Zauberer.

Am folgenden Tag stand Aladdin sehr zeitig auf. Vor Freude hatte er nicht mehr schlafen können und sich den Morgen herbeigewünscht. Er zog nun seinen neuen Anzug an. Dann erwartete er ungeduldig den Oheim. Wiederholt öffnete er die Tür und blickte nach ihm aus. Als er ihn von ferne kommen sah, verabschiedete sich Aladdin von seiner Mutter und eilte ihm freudestrahlend entgegen.

Der Zauberer begrüßte ihn freundlich. ,,Da bist du ja, Junge", sagte er. ,,Heute will ich dir Dinge zeigen, die du in deinem ganzen Leben noch nicht gesehen hast."

Sie gingen zusammen vor die Stadt und besahen die prunkvollen Häuser und Gärten. Bei jedem besonders schönen Schloss oder Garten blieb der Zauberer stehen. Und jedes Mal fragte er den Jungen, ob sie ihm gefielen.

Aladdin hatte noch nie so schöne Bauten und Plätze gesehen. Vergnügt gab er zur Antwort: ,,Oheim, alles ist wunderbar. Ich kann mich gar nicht Sattsehen."

So schritten sie immer weiter, bis sie müde wurden. Um ein wenig auszuruhen, betraten sie einen großen, herrlichen Garten und setzten sich nieder. Der Zauberer zog einen Beutel aus der Tasche. Diesem entnahm er Früchte und Esswaren. Sie aßen und plauderten und waren lustig und guter Dinge. Dann setzten sie ihren Weg fort und gingen weiter an den Gärten vorbei ins Freie.

Aladdin hatte noch nie einen so langen Marsch gemacht. Als er sich allmählich müde fühlte, fragte er: ,,Lieber Oheim, wohin gehen wir denn? Wir haben die Gärten schon weit hinter uns. Wenn wir noch länger so fortgehen, weiß ich nicht, ob ich für den Rückweg stark genug sein werde. Ich bin nämlich schon sehr müde."

,,Nur Mut", entgegnete der Oheim. ,,Wir haben nicht mehr weit, mein Junge. Ich will dir nur noch einen Garten zeigen, der alle bisherigen an Pracht übertrifft." So sprach er freundlich auf Aladdin ein. Auch erzählte er ihm Geschichten, um den Weg zu verkürzen.

Endlich kamen sie in ein schmales Tal zwischen zwei nicht allzuhohen Bergen. Das war die Stätte, deretwegen der Zauberer aus Afrika bis hierher gereist war.

,,Nun sind wir an Ort und Stelle", sagte er zu Aladdin. ,,Ich werde dir hier wunderbare Dinge zeigen, die noch kein Mensch gesehen hat. Du wirst mir zu höchstem Dank verpflichtet sein. Nun wirst du etwas erblicken, was allen Menschen unbekannt ist. Wenn du dich ausgeruht hast, sammle dürres Holz Wir brauchen auch Reisig, damit wir Feuer machen können."

Als Aladdin das hörte, konnte er seine Neugierde kaum mehr bezähmen. Er sprang im Walde hin und her und sammelte einen großen Haufen von Holz und trockenen Reisern.

Schließlich sagte der Oheim: ,,Nun ist es genug, mein Sohn." Er entzündete den Haufen, und dieser brannte hellauf. Dann warfen Räucherwerk hinein. Dicker Rauch stieg empor. Durch Zauberworte zog der Zauberer den Rauch bald auf diese, bald auf jene Seite.

Plötzlich wurde es finster. Es donnerte und blitzte, und die Erde bebte. Vor Aladdin und dem Zauberer tat sich ein Spalt in der Erde auf, und eine Steinplatte kam zum Vorschein. Diese maß viermal einen Fuß und war etwa halb so dick; daran war ein Messingring befestigt. Aladdin erschrak und machte Miene davonzulaufen. Da wurde der Zauberer zornig. Er packte ihn heftig beim Arm und gab ihm eine Ohrfeige. Der Junge fiel der Länge nach hin und begann heftig zu weinen.

,,Oheim", schluchzte er, ,,was habe ich getan, dass du mich schlägst?"

Da suchte ihn der Zauberer zu beruhigen. Er sagte: ,,Ich vertrete jetzt Vaterstelle an dir und meine es nur gut. Du brauchst dich auch nicht zu fürchten. Aber du musst mir in allem gehorchen, wenn du Nutzen von meinem Tun haben willst."

Aladdin fasste sich und hörte zu weinen auf.

Der Zauberer aber fuhr fort: ,,Du hast gesehen, was ich durch das Räucherwerk und meine Zauberworte bewirkte. Unter dem Stein, den du vor dir siehst, liegt ein verborgener Schatz. Er ist für dich bestimmt und wird dich reicher als den mächtigsten König machen. Aber nur du darfst den Ring an der Platte berühren. Nur du darfst den Stein auf heben. Selbst mir ist es verboten, an den Stein zu rühren. Auch darf ich keinen Fuß in das Schatzgewölbe setzen, wenn es geöffnet ist. Deshalb musst du ausführen, was ich dir sagen werde, du darfst nicht das Geringste versäumen. Achte genau auf meine Weisungen! Es ist für dich und für mich von größter Wichtigkeit!"

Mit Staunen lauschte Aladdin den Worten seines Oheims. Er freute sich nun unbändig, dass er reicher werden sollte als ein König. Schrecken und Schmerz waren vergessen. Und er sagte zum Zauberer: ,,Lieber Oheim, sag mir, was ich tun soll. Ich will alles genau ausführen."

,,Gut, mein Sohn", erwiderte der Zauberer und umarmte ihn. ,,Ich freue mich, dass du vernünftig bist. Jetzt fass diesen Ring und hebe den Stein in die Höhe!"

,,Aber Oheim", entgegnete Aladdin, ,,dieser Stein wird mir zu schwer sein. Ich kann ihn nicht heben. Hilf mir dabei!"

,,Nein", versetzte der Zauberer, ,,das darf ich nicht. Wollte ich dir dabei helfen, wäre alle unsere Mühe vergebens; wir brächten den Stein nicht empor. Fass den Ring nur an! Sprich dazu den Namen deines Vaters und Großvaters und zieh daran! Der Stein wird sich heben, ohne dass du sein Gewicht spürst."

Da tat Aladdin, wie ihn der Zauberer geheißen. Er hob den Stein mühelos in die Höhe und legte ihn beiseite.

Kaum war die Platte gehoben, sah Aladdin Stufen vor sich, die in die Tiefe führten.

,,Lieber Neffe", sagte der Zauberer, ,,nun höre, was ich dir sagen werde! Steig diese Stufen hinunter, bis du auf dem Grunde der Höhle bist! Dort wirst du eine offene Tür finden; sie führt in eine gewölbte Halle. Diese ist in drei aneinanderstoßende Säle geteilt. In jedem Saal wirst du links und rechts vier große, bronzene Vasen finden, die mit Gold und Silber angefüllt sind. Hüte dich, etwas davon zu berühren oder an dich zu nehmen! Hebe dein Kleid in die Höhe und schließ es eng um den Leib, damit du nirgends anstreifst; du müsstest sonst auf der Stelle sterben. Geh ohne stehenzubleiben durch alle drei Räume! Im letzten Saal wirst du eine Tür finden; sie führt in einen schönen, großen Garten mit vielen fruchtbeladenen Bäumen. Wenn du in diesem Garten geradeaus gehst, wirst du auf eine Treppe von fünfzig Stufen stoßen. Auf dieser steig zu einer Terrasse empor, und dort sieh dich um! Du wirst eine Nische finden, in der eine brennende Lampe steht. Diese Lampe nimm, lösch sie aus und schütte das Öl weg! Dann stecke sie in dein Gewand und bring sie zu mir. Das Öl wird auf deinem Kleid keine Flecken hinterlassen. Wenn es dich verlangt, von den Früchten im Garten zu kosten, so iss, soviel dein Herz begehrt. Solange du die Lampe bei dir hast, gehört dies alles dir." Nach diesen Worten steckte der Zauberer seinen Sigelring an Aladdins Finger. Dabei sagte er: ,,Mein Sohn, dieser Ring wird dich vor jeder Not und Gefahr schützen. Steig nun hinab! Aber befolge alles genau, was ich dir gesagt habe! Wenn du zurückkommst, werden wir unser Leben lang reiche Leute sein."

Aladdin sprang leichtfüßig die Stufen hinunter. Vorsichtig durchschritt er die drei Säle. Er schürzte sein Gewand und presste es eng an den Körper; er wollte ja nirgends anstreifen und so in Lebensgefahr kommen. Er fand den Ausgang in den Garten und eilte schließlich die Treppe hinauf auf die Terrasse. Dort sah er die Lampe stehen. Er löschte sie aus und schüttete das Öl weg. Sodann steckte er sie zu sich und machte sich auf den Rückweg. Im Garten bewunderte er die Früchte an den Bäumen; sie leuchteten in den verschiedensten Farben.

Aber alle Früchte waren kostbare Edelsteine. Die weißen waren Perlen. Andere leuchteten hell und durchsichtig wie Kristall; das waren Diamanten. Die dunkelroten Früchte waren Rubine, die grünen Smaragde, die blauen Türkise ; und so ging es fort. Alle waren rein und vollkommen. Kein König konnte solche Kostbarkeiten sein eigen nennen. Aber Aladdin kannte den Wert der Steine nicht; er hielt sie für buntes Glas. Ihm wären wirkliche Trauben und Äpfel lieber gewesen. Doch gefielen ihm die Buntheit und der Glanz der Steine. So pflückte er einige ab und steckte sie in die Taschen seines Gewandes. Auch füllte er zwei Beutel, die er bei sich trug, und legte einige Steine in die Falten seines dicken Seidengürtels. Schließlich steckte er noch mehrere zwischen Kleid und Hemd.

Ohne es zu wissen, hatte sich Aladdin mit Reichtümern beladen. Rasch eilte er nun durch die drei Säle zurück; er wollte den Oheim nicht zu lange warten lassen. Eilig stieg er die Stufen zum Ausgang empor.

Dort erwartete ihn der Zauberer schon mit Ungeduld.

Die letzte Stufe war etwas höher als die übrigen. Darum rief ihm Aladdin zu: ,,Oheim, da bin ich! Hilf mir die letzte Stufe hinauf!"

,,Mein Sohn", sagte der Zauberer, ,,gib mir die Lampe! Sie könnte dir hinderlich sein."

,,Nein", rief der Junge, ,,sie hindert mich nicht! Hilf mir zuerst heraus, dann geb' ich dir die Lampe."

So stritten sie hin und her. Der Zauberer wurde immer ungeduldiger. Aber Aladdin konnte die Lampe nicht erreichen. Sie steckte ja unter den Edelsteinen, die er zwischen Kleid und Hemd verborgen hatte. Nun geriet der Zauberer in fürchterliche Wut. Er meinte nämlich, der Junge wolle die Lampe für sich allein behalten. Murmelnd warf er etwas von dem Räucherwerk ins Feuer. Kaum hatte er zwei Zauberworte gesprochen, schloss sich die Platte über dem Eingang, Erde häufte sich darüber, und alles sah aus wie zuvor.

Der afrikanische Zauberer stammte tatsächlich aus dem femsten Afrika. Vierzig Jahre lang hatte er alle Geheimwissenschaften studiert und sich dabei alle Arten von Zauberei und Beschwörungsformeln an geeignet. Dabei hatte er entdeckt, dass es irgendwo in der Welt eine Wunderlampe gab, die ihren Besitzer zum reichsten und mächtigsten Mann der Erde machen konnte. Er hatte auch herausgebracht, wo sich diese Lampe befand, nämlich an einem unterirdischen Ort in der Nähe von Aladdins Heimatstadt. Darum also war der Zauberer vom äußersten Ende Afrikas bis in diese Stadt gekommen. Aber nicht er selbst durfte diese Lampe holen. Ein anderer musste in das Gewölbe hinabsteigen und ihm die Lampe bringen. Deshalb hatte er sich an Aladdin gewandt. So bald die Lampe in seinem Besitz war, wollte er den armen Jungen in die unterirdische Höhle einschließen. Die Lampe sollte ihm ganz allein gehören.

Aber nun war sein schlauer Plan vereitelt. Aladdin hatte ihm die Lampe nicht ausgefolgt. So fürchtete der Zauberer, ein Fremder könne hinter das Geheimnis kommen. Daher hatte er den Jungen mit der Lampe unter der Erde eingeschlossen.

Er selbst aber kehrte sogleich nach Afrika zurück. Er machte einen Umweg um die Stadt, damit es den Leuten nicht auffalle, dass er ohne Aladdin von seinem Ausflug zurückkam.

Der Zauberer war also fort. Wie erging es nun unserem Aladdin? Zu Tode erschrocken stand er in der Finsternis. Er rief laut nach seinem Oheim und versicherte immer wieder, dass er die Lampe sogleich hergeben wolle. Tränen liefen über seine Wangen. Aber all sein Rufen und Klagen war vergeblich. Nichts rührte sich. Kein Laut drang an sein Ohr. Er tappte umher, ohne eine Tür zu finden. Der Zauberer hatte nämlich durch sein Machtwort auch alle Türen ins Innere der Halle verschlossen. Verzweifelt setzte sich der Junge auf die kalten Stufen nieder. Er hatte keine Hoffnung, je wieder das Tageslicht zu sehen.

Gewiss würde er hier umkommen. Zwei Tage und zwei Nächte saß Aladdin in dieser unheimlichen Finsternis. Er hatte weder Speise noch Trank. Am dritten Tag ergab er sich in den Willen Gottes.

Mit gefalteten Händen betete er zu Allah: ,,Es gibt keine Macht und Kraft als in Dir allein, all mächtiger Gott." So flehte er in seiner Not. Ohne zu denken, rieb er dabei an dem Ring des

Zauberers, der noch immer an seinem Finger steckte. Da stand auf einmal ein Geist von gewaltiger Größe vor ihm. Er ragte mit dem Kopf bis zur Decke des Gewölbes und war furchtbar anzusehen.

Dieser Geist sprach: ,,Ich bin dein Diener. Was verlangst du von mir? Ich bin bereit zu gehorchen. Ich bin der Diener aller, die diesen Ring meines Herrn am Finger tragen. Ich und alle übrigen Diener des Ringes werden dir gehorchen."

Aladdin war sehr erschrocken, aber er fasste sich schnell. Mutig und ohne zu stocken antwortete er: ,,Wer du auch sein magst, bring mich sofort an die Oberfläche der Erde!"

Kaum hatte er den Wunsch aus gesprochen, stand er schon draußen im Freien. Er befand sich gerade dort, wohin ihn der Zauberer geführt hatte. Das helle Tageslicht schien ihm ins Gesicht; er war wie geblendet. Verwundert betrachtete er die Erde. Er konnte sich nicht erklären, wie er herausgekommen war. Schon glaubte er, an einer andern Stelle im Wald zu sein. Aber ganz in der Nähe entdeckte er die Spuren des verbrannten Reisighaufens ; und hinter den Gärten, durch die sie gekommen waren, lag die Stadt. Er erkannte auch den Weg, auf dem er mit dem falschen Oheim hierher gegangen war. Nun dankte er Gott für seine wunderbare Rettung. Dann wanderte er in die Stadt zurück. Am Abend langte er todmüde im Hause seiner Mutter an. Schwäche überfiel ihn, und er sank ohnmächtig zu Boden; er hatte ja drei Tage nichts zu sich genommen. Seine Mutter hatte schon die Hoffnung aufgegeben, ihn wiederzusehen. Nun war sie glücklich, dass er am Leben war. Zwar er schrak sie sehr, als er ohnmächtig wurde, aber scharfe Essenzen brachten ihn bald wieder zu sich und belebten ihn.

Seine ersten Worte waren: ,,Liebe Mutter, gib mir zu essen! Ich habe drei Tage keinen einzigen Bissen genossen.

Rasch brachte die Mutter herbei, was sie vorrätig hatte. Sie sagte:

,,Da, mein lieber Sohn, iss und trink. Aber sei nicht zu hastig und heiß hungrig und sprich jetzt nicht. Später wirst du Zeit genug haben, mir deine Erlebnisse zu schildern."

Aladdin folgte dem Rat der Mutter. Er aß langsam und trank nur in kleinen Schlucken. Als er satt war, lehnte er sich im Diwan zurück. Stockend begann er zu erzählen.

,,Weißt du, liebe Mutter", sagte er, ,,dieser fremde Mann war gar nicht mein Ollelm. Er machte uns zwar große Versprechungen und beschenkte mich reich. Aber er war ein Zauberer, ein Bösewicht und Betrüger. Schließlich wollte er mich sogar ums Leben bringen. Ich wäre jetzt tot, einsam im Finstern verhungert, wenn nicht Allah mich durch ein Wunder gerettet hätte. Höre nur, Mutter, wie er es angefangen hat!"

Und nun erzählte Aladdin alles, was er erlebt hatte. Er sprach von dem einsamen Tal und den Zauberworten über dem Feuer. Er schilderte, wie sich die Erde geöffnet hatte. Und er vergaß auch die Ohrfeige und den Zauberring nicht. Er beschrieb die unterirdischen Säle und die herrlichen Gärten, und wie er die Lampe gefunden und zu sich gesteckt hatte. Dabei holte er die Lampe aus seinem Gewand und zeigte sie der Mutter. Auch die glitzernden Steine zog er hervor. Die Mutter ahnte so wie ihr Sohn nichts von ihrem Wert. Sie legte die Edelsteine beiseite, und Aladdin steckte die zwei vollen Beutel hinter den Polster des Diwans. Dann setzte er die Erzählung fort. Er berichtete, wie er in der Höhle begraben gewesen sei. Die Tränen kamen ihm in die Augen, als er von seiner Verzweiflung sprach. Aber die Güte des Allmächtigen hatte ihn nach dem Drehen des Ringes wieder ans Tageslicht gebracht.

Aladdin schlief bis weit in den nächsten Tag hinein. Schließlich hatte er die ganze Zeit in der Höhle ja kein Auge zugemacht.

Als er erwachte, waren seine ersten Worte: ,,Mutter, ich habe Hunger. Bring mir zu essen!" ,,Mein lieber Sohn", sagte die Mutter, ,,ich habe nicht einmal ein Stückchen Brot im Haus. Was ich hatte, hast du gestern gegessen. Du musst dich gedulden. Ich habe noch Baumwollgarn; das werde ich in der Stadt verkaufen. Dafür kann ich dann Brot und etwas zum Mittagessen besorgen.

,,Liebe Mutter", entgegnete der Sohn, ,,behalte die Baumwolle. Gib mir lieber die Lampe, die ich aus der Höhle mitgebracht habe. Ich werde in die Stadt gehen und sie verkaufen. Ich glaube, wir werden für die Lampe mehr bekommen als für das Garn. Vielleicht können wir dafür außer Frühstück und Mittagmahl auch noch das Abendessen kaufen."

Aladdins Mutter brachte die Lampe herbei und sagte: ,,Da hast du sie! Aber sie ist sehr schmutzig. Ich werde sie vorher blank putzen, damit sie wie neu aussieht."

Sie nahm Wasser und Sand und begann die Lampe zu reiben. Kaum hatte sie begonnen, erschien ein riesiger Geist vor ihr.

Er sprach mit Donnerstimme: ,,Was willst du von mir? Ich bin dein Diener und der Diener aller, die diese Lampe in der Hand haben. Ich und alle übrigen Diener der Lampe werden dir gehorchen."

Darüber erschrak Aladdins Mutter sehr. Sie war nicht imstande, zu reden, so furchtbar war der Geist anzusehen; eine Ohnmacht umfing ihre Sinne. Aladdin aber hatte schon in der Höhle eine ähnliche Erscheinung gehabt. Ohne sich lang zu besinnen, griff er nach der Lampe.

Er rief laut: ,,Diener der Lampe, ich habe Hunger. Bring mir etwas zu essen!"

Der Geist verschwand, erschien aber sofort wieder. Auf einer großen silbernen Tasse brachte er zwölf verdeckte Schüsseln aus Silber; sie waren mit den köstlichsten Speisen gefüllt. Ferner stellte er zwei Flaschen Wein und zwei silberne Becher auf den Tisch. Das Brot war weiß wie Schnee. Nachdem er alles vor Aladdin hingelegt hatte, verschwand er wieder.

Noch immer lag Aladdins Mutter in Ohnmacht. Eben wollte sich der Sohn um die Mutter bemühen, da erwachte sie von selbst durch den Duft der Speisen.
,,Mutter", rief Aladdin, ,,steh auf!. Schau diese köstlichen Speisen an. Wir wollen sie sogleich essen, damit sie nicht kalt werden. Das wird dir wieder Kraft geben und meinen Hunger stillen."

Als die Mutter die gedeckte Tafel sah, rief sie erstaunt: ,,Welcher Wohltäter hat uns denn das gebracht? Sollte vielleicht gar der Sultan von unserer Armut gehört haben?"

,,Liebe Mutter", erwiderte der Sohn, ,,frag nicht lange, sondern iss und stärke dich. Du hast es nötig. Zum Reden haben wir später noch Zeit."

Sie setzten sich an den Tisch und speisten mit bestem Appetit. Beide waren noch nie an einer so wohlgedeckten Tafel gesessen.

Während des ganzen Mahles hörte Aladdins Mutter nicht auf, das prunkvolle Tafelzeug zu bewundern. Sie hatte ebenso wenig eine Ahnung von dem wahren Wert dieser Dinge wie ihr Sohn. Ob sie aus Silber oder aus einem andern Metall seien, wusste sie nicht. So kostbare Sachen hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht gesehen.

Zur Mittagszeit saßen sie noch immer beim Essen. So groß war ihr Appetit und so vorzüglich schmeckten die Speisen, dass sie gleich Frühstück und Mittagessen in einem nahmen. Es blieb noch so viel, dass es für ein Abendessen und für den nächsten Tag ausreichte.

Als sie satt waren, hob die Mutter die übriggebliebenen Speisen auf. Dann setzte sie sich zu ihrem Sohn auf den Diwan. Aladdin erzählte ihr, was sich während ihrer Ohnmacht zugetragen hatte.

Die Mutter wunderte sich sehr über die Erscheinung und sagte:

,,Du sprichst von Geistern. Aber keiner meiner Bekannten hat jemals einen Geist gesehen. Auch mir ist bisher keiner erschienen. Warum hat sich dieser furchtbare Geist gerade an mich gewendet? Warum fragte er nicht dich? Dir ist er doch in der Schatzhöhle schon einmal erschienen."'

,,Liebe Mutter"' erwiderte der Sohn, ,,dieser Geist ist ein anderer als jener, der mir in der Höhle erschienen ist. Sie haben zwar einige Ähnlichkeit miteinander; aber der eine sagte, er sei ein Sklave des Ringes, und der andere nannte sich einen Sklaven der Lampe, die du in der Hand hieltest."

,,Wie", rief die Mutter, ,,diese Lampe ist die Ursache, dass der hässliche Geist sich an mich wandte? Dann nimm sie und schaffe sie mir aus den Augen! Versteck oder verkauf sie oder wirf sie weg! Ich mag sie nicht mehr anrühren. Wenn mir dieser Geist nochmals erschiene, stürbe ich vor Schrecken. Ich bitte dich, gib auch den Zauberring weg! Unterlass überhaupt jeden Verkehr mit den Geistern. Sie sind der Teufel aus der Hölle, wie der Prophet uns gelehrt hat."

,,Nein, Mutter", erwiderte Aladdin, ,,jetzt werde ich die Lampe nicht mehr verkaufen. Siehst du denn nicht, welche Wohltat sie uns erwiesen hat? Sie hat uns zu essen gegeben, als wir hungrig waren. Und sie wird uns in Zukunft immer den Lebensunterhalt verschaffen. Denk nur an den afrikanischen Zauberer! Er hat die weite, beschwerliche Reise hierher unternommen, nur um die Wunderlampe zu gewinnen. Er wollte nichts von dem Gold in den unterirdischen Sälen. Er wusste, dass diese Lampe mehr wert ist als alles Gold und Silber der Welt. Wir kennen nun die geheime Kraft der Wunderlampe. Wir wollen sie sorgsam hüten und aufbewahren. Vor allem werden wir sie so benützen, dass die Nachbarn nichts merken. Sie sollen nicht neidisch und eifersüchtig werden. Ich will dir die Lampe gerne aus den Augen schaffen; du sollst keine Angst vor dem Geist haben. Ich bewahre sie dort auf, wo ich sie gleich zur Hand habe, wenn ich sie brauche. Den Ring aber, Mutter, kann ich auch nicht wegwerfen oder verkaufen. Bedenke, dass er mir in der Schatzhöhle das Leben gerettet hat! Wer weiß, wie oft ich noch in Gefahren kommen werde! Dann kann mich immer dieser Ring befreien."

Das musste auch Aladdins Mutter zugeben. Sie sagte: ,,Mein Sohn, tu was du willst. Ich aber möchte die Lampe nicht mehr sehen und mit Geistern nie mehr zu tun haben."

Am folgenden Tag verzehrten sie die restlichen Speisen. Aladdin aber wollte nicht warten, bis ihn wieder der Hunger bedrängte. Darum nahm er eine silberne Schüssel, um sie auf dem Markt zu verkaufen. Unterwegs begegnete ihm ein Händler. Dem zeigte er die Schüssel. Er fragte ihn, ob er sie kaufen wolle.

Der Händler nahm die Schüssel und untersuchte sie von allen Seiten. Er überzeugte sich davon, dass sie aus reinem Silber war. Nun fragte er den Jungen, was sie kosten solle. Aladdin aber kannte den wahren Wert der Schüssel nicht. Er hatte noch nie mit derlei Waren gehandelt. Darum sagte er, dass er sich ganz auf die Ehrlichkeit verlasse. Dadurch geriet der schlaue Händler einigermaßen in Verlegenheit. Er zögerte mit seinem Angebot; schließlich wusste er ja nicht, ob Aladdin den wirklichen Wert kenne. Endlich holte er aus seiner Tasche ein Goldstück hervor. Das war nicht viel mehr als der fünfzigste Teil des Wertes der Schüssel. Aladdin nahm das Goldstück und ging eilig weg. Verblüfft sah ihm der Händler nach. Nun ärgerte er sich, dass er nicht noch weniger geboten hatte. Der Junge hatte offensichtlich keine Ahnung vom Wert der Schüssel gehabt. Schon wollte er ihm nacheilen und einen Teil des Geldes zurückverlangen. Aber Aladdin lief so schnell, dass er ihn kaum eingeholt hätte.

Aladdin ging geradewegs in einen Bäckerladen. Dort ließ er das Goldstück wechseln und kaufte einen Vorrat an Brot. Brot und Wechselgeld gab er seiner Mutter. Und sie ging auf den Markt und kaufte Lebensmittel für einige Tage.

So lebten sie eine Zeitlang. Sooft der Erlös für eine Schüssel aufgebraucht war, trug Aladdin eine andere zum Händler. Dieser kaufte alle zwölf Schüsseln. Für die erste Schüssel hatte er ein Goldstück gegeben. Nun wagte er nicht, für die folgenden weniger zu bieten. Der Handel war zu vorteilhaft für ihn.

Als das letzte Geld ausgegeben war, griff Aladdin zu der Tasse. Diese war zehnmal so schwer als eine Schüssel. Er wollte sie einem Kaufmann anbieten, aber das Stück war zu schwer; er konnte es nicht wegtragen. Darum holte er den Händler in das Haus seiner Mutter. Dieser prüfte das Gewicht der Tasse und zahlte ihm auf der Stelle zehn Goldstücke. Damit war Aladdin zufrieden.

Solange diese zehn Goldstücke ausreichten, bestritten sie davon die täglichen Ausgaben. Aladdin war den Müßiggang gewohnt. Aber seit dem Abenteuer mit dem Zauberer spielte er nicht mehr mit den Jungen in den Straßen. Er vertrieb sich die Zeit mit Spaziergängen oder unterhielt sich mit Erwachsenen, denen er begegnete. Häufig blieb er auch bei den größeren Kaufläden stehen. Dabei lauschte er den Gesprächen angesehener und erfahrener Männer. Auf diese Weise eignete er sich all mählich eine gewisse Weltkenntnis an.

Als von den zehn Goldstücken nichts mehr übrig war, nahm Aladdin seine Zuflucht zur Lampe. Er rieb sie an der Stelle, wo seine Mutter sie gerieben hatte. Sofort stieg derselbe Geist vor ihm empor.

Da Aladdin die Lampe weniger fest als seine Mutter gerieben hatte, sprach der Geist in milderem Ton: ,,Was willst du von mir? Ich bin dein Diener und der Diener aller, die diese Lampe in der Hand haben. Ich und alle übrigen Diener der Wunderlampe werden dir gehorchen."

Aladdin sagte: ,,Ich habe Hunger. Bring mir etwas zu essen!"

Der Geist verschwand. Nach einigen Augenblicken erschien er wie der mit ähnlichem Tafelzeug wie das erstemal. Die Schüsseln waren voll der köstlichsten Speisen. Der Geist stellte seine Last vor Aladdin hin und verschwand.

Aladdins Mutter hatte dem Geiste nicht begegnen wollen. Darum war sie hinausgegangen, als ihr Sohn nach der Lampe gegriffen hatte. Jetzt kam sie zur Tür herein und war starr vor Staunen. Wieder war der Tisch mit silbernen Schüsseln voll duftender Speisen gedeckt. Sie setzten sich zu Tisch und schmausten. Nach der Mahlzeit war noch genug für die nächsten Tage vorhanden.

Als sie ihre Vorräte aufgezehrt hatten, wollte Aladdin wieder zum Händler gehen. Er nahm eine der silbernen Schüsseln, um sie zu verkaufen. Unterwegs kam er an dem Laden eines ehrlichen Goldschmiedes vorbei. Dieser bemerkte den Jungen und rief ihn in seinen Laden.

,,Mein Sohn", sagte er zu Aladdin, ,,was hast du da? Ich habe dich schon oft mit einer Ware vorübergehen und mit einem Händler verhandeln sehen. Zurück gingst du immer mit leeren Händen. Ich glaube, du hast ihm die Gegenstände verkauft. Wahrscheinlich willst du jetzt wieder etwas loswerden. Nun weißt du vielleicht nicht, dass dieser Händler ein argerer Betrüger ist als alle andern Händler. Niemand, der ihn kennt, will etwas mit ihm zu tun haben. Hast du etwas zu verkaufen, so zeig es mir. Wenn du es hergeben willst, zahle ich dir den Preis, den die Ware wert ist. Ich will dich nicht beschwindeln, so wahr mir Allah gnädig sein soll!"

Nun zeigte Aladdin dem Goldschmied die Schüssel. Er gestand ihm auch, dass er dem Händler schon zwölf solcher Schüsseln verkauft habe. ,,Für jede habe ich ein Goldstück erhalten."

Da rief der Goldschmied: ,,Der Spitzbub hat dich betrogen! Diese Schüssel hier ist aus reinem Silber." Dann nahm er die Waage, um die Schüssel abzuwiegen. Er sagte, dass sie fünfzig Goldstücke wert sei. Diesen Preis bot er auch und zahlte ihn bar auf die Hand. Aladdin nahm das Geld und dankte dem Goldschmied für seinen guten Rat.

Sooft Aladdin nun eine Schüssel verkaufen wollte, wandte er sich an den Goldschmied. Er brachte ihm auch die Tasse und erhielt jedes Mal den vollen Wert.

Aladdin und seine Mutter waren jetzt wohlhabende Leute, denn sie hatten ja an der Lampe eine nie versiegende Geldquelle. Dennoch trieben sie keinen Auf wand und blieben mäßig und bescheiden. Die Mutter beschäftigte sich immer noch mit Baumwollspinnen; von dem Ertrag kaufte sie ihre Kleider. Bei dieser einfachen Lebensweise reichte das Geld jedes Mal für lange Zeit.

Während dieser Zeit verkehrte Aladdin im Kreise angesehener Kaufleute. Sie handelten mit Kleidern, feinen Stoffen und Juwelen. Und er unterhielt sich mit ihnen über Waren und Preise. Auf diese Weise erweiterten sich seine kaufmännischen Kenntnisse. Allmählich wurde er gewandt im Umgang mit besseren Leuten. Bei den Goldschmieden lernte er alle Edelsteine kennen und ihren Wert schätzen. So kam er zu der Einsicht, dass seine bunten Früchte aus dem unterirdischen Garten kostbare Juwelen waren. Aber nirgends bemerkte er Steine, die den seinen an Größe und Reinheit gleichkamen. Bald begriff er, dass die beiden Beutel hinter dem Diwanpolster einen unvergleichlichen Schatz bargen. Aladdin war klug genug, niemandem etwas davon zu sagen. Auch seine Mutter weihte er nicht ein. Diesem Stillschweigen verdankte er sein Glück.

Eines Tages befand er sich auf dem Weg zum Basar der Goldschmiede. Da hörte er einen Befehl des Sultans ausrufen. Es hieß, jedermann solle seinen Laden und sein Haus verschließen. Niemand dürfe sich bei Todesstrafe im Freien blicken lassen. Prinzessin Badrulbudur, die Tochter des Sultans, wolle sich ins Bad begeben.

Als Aladdin diesen Befehl hörte, überkam ihn das verlangen, die Prinzessin unverschleiert zu sehen. Aladdin hatte gehört, dass sie von unvergleichlicher Schönheit sei. Er versteckte sich also hinter der Tür des Bades. Dort musste er sie sehen können, ohne selbst gesehen zu werden.

Er brauchte nicht lange zu warten. Bald erschien die Prinzessin in Begleitung vieler Frauen und Dienerinnen. Er betrachtete sie durch eine Ritze in der Tür. Beim Eingang des Bades nahm sie den Schleier ab. Aladdin konnte ihr gerade ins Gesicht blicken. Ihr Antlitz war jugendlich frisch und von strahlender Schönheit.

Aladdin hatte bisher keine Frau außer seiner Mutter unverschleiert gesehen; und sie war nicht mehr jung und von Sorgen verhärmt. Wohl hatte er gehört, dass es Frauen von hervorragender Schönheit gäbe. Aber es ist ein Unterschied, von Schönheit zu hören oder sie selber zu schauen.

Nachdem Aladdin die Prinzessin gesehen hatte, verwirrten sich seine Gedanken und Gefühle. Verzaubert starrte er ihr nach. Sein Herz war erfüllt von Liebe und Verlangen nach dem reizenden Mädchen.

Endlich kam er wieder zur Besinnung und beschloss, nach Hause zu gehen. Daheim angelangt, konnte er seine Unruhe und Verwirrung nicht verbergen. Schließlich fragte ihn seine Mutter erstaunt, ob ihm etwas Unangenehmes zugestoßen oder ob er krank sei. Aber Aladdin gab keine Antwort. Er warf sich auf den Diwan, und seine Gedanken kreisten unablässig um die Prinzessin.

Die Mutter bereitete unterdessen das Abendessen. Schweigend setzte sich Aladdin zu Tisch, genoss aber nur wenig. Da setzte sich die Mutter neben ihn und versuchte, ihn auszufragen. Aber sie konnte ihm kein einziges Wort entlocken.

Aladdin verbrachte eine unruhige Nacht. Am nächsten Morgen brach er endlich das Stillschweigen und sagte: ,,Du hast wohl gemeint, ich sei krank, Mutter, und das hat dir Kummer gemacht. Ich war aber nicht krank und bin es auch jetzt nicht. Ich kann dir nicht sagen, was ich empfinde; vielleicht ist mein Zustand noch schlimmer als eine Krankheit. Aber ich werde dir erzählen, was gestern geschah; dann kannst du mir vielleicht einen Rat geben. Du wirst nicht davon gehört haben, dass sich die Prinzessin Badrulbudur gestern ins Bad begeben hat. Ich hörte es von den Ausrufern, als ich in der Stadt spazierenging. Man verkündete nämlich, alle Leute sollten die Läden schließen; und bei Todesstrafe dürfe keiner auf der Straße verweilen, damit die Prinzessin freien Durchgang zum Bad habe. Da packte mich die Neugier. Ich wollte die Prinzessin mit unverschleiertem Gesicht sehen. Darum versteckte ich mich hinter der Tür zum Bade. Und wirklich: an der Tür nahm sie den Schleier ab. Ich hatte das Glück, ihr Antlitz zu sehen. Das ist der Grund meiner Unruhe und meines Schweigens. Als ich ihr Gesicht und ihre herrliche Gestalt sah, ergriff mich heiße Liebe zu ihr. Meine Sehnsucht nach ihr wird immer größer. Ich finde keine Ruhe mehr, wenn ich die Prinzessin nicht für mich gewinne. Darum bin ich fest entschlossen, sie vom Sultan zur Frau zu erbitten."

Aladdins Mutter hatte aufmerksam zugehört. Aber als ihr Sohn von seinen Heiratsabsichten sprach, musste sie laut auflachen. Er wollte fort fahren, aber sie ließ ihn gar nicht zu Wort kommen und sagte: ,,Mein Lieber, was fällt dir ein? Bist du wahnsinnig geworden, dass du solche Reden führst?"

,,Nein, Mutter", entgegnete Aladdin, ,,mein Verstand war nie so hell wie jetzt. Ich habe deine Einwürfe vorausgesehen. Aber alle deine Worte werden meinen Entschluss nicht ändern. Ich sage dir nochmals, dass ich um die Hand der schönen Prinzessin anhalten werde."

,,Ach, mein Sohn", sagte die Mutter, ,,ich bitte dich, rede nicht solchen Unsinn! Selbst wenn du deinen Entschluss ausführen wolltest, wer sollte denn deine Bitte dem Sultan vortragen? Wer sollte denn für dich um die Prinzessin anhalten?"

,,Kein anderer als du", entgegnete Aladdin. ,,Ich wünsche, liebe Mutter, dass du meine Werbung vorbringst."

,,Ich?" rief die Mutter. ,,Ich werde mich hüten, so etwas zu unternehmen. Wie kannst du überhaupt an die Tochter des Sultans denken? Vergiss doch nicht, dass du nur der Sohn eines armen Schneiders bist! Ihr Vater gibt sie nicht einmal Prinzen oder Sultanssöhnen zur Ehe. Wie kannst dann du es wagen, die Tochter des Sultans als Frau zu begehren!"

,,Liebe Mutter", antwortete Aladdin, ,,ich sagte dir schon, dass ich alle diese Vorstellungen vorausgeahnt habe. Ich weiß auch, was du noch einwenden wirst. Das alles habe ich bedacht. Trotzdem werden deine Reden meinen Entschluss nicht zum Wanken bringen. Ich flehe dich an, tu mir den Gefallen! Wenn du mich lieb hast, geh zum Sultan und wirb für mich. Du wirst mir dadurch zum zweitenmal das Leben schenken. , Wird die Prinzessin nicht meine Frau, so will ich nicht länger leben."

Aladdins Mutter geriet durch diese Hartnäckigkeit ihres Sohnes in größte Verlegenheit. Sie wollte ihm ja gern seinen Wunsch erfüllen; aber diesen Plan hielt sie für närrisch und undurchführbar.

Daher sprach sie zu ihm: ,,Mein Sohn, ich bin deine Mutter und liebe dich von Herzen. Soweit ich es vermag, will ich dir jeden vernünftigen Wunsch erfüllen. Wenn du es wünschst, werde ich dir eine Frau aus unserem Stande suchen. Ich würde auch um die Tochter eines unserer Nachbarn anhalten. Freilich müsstest du auch da etwas Vermögen und Einkommen besitzen oder ein Gewerbe erlernt haben. Jedermann fragt zuerst, wie der Freier seine Frau und später seine Familie erhalten werde. Du aber hast nichts und bist nichts. Wie kannst du es dann wagen, deine Augen zur Tochter des Sultans zu erheben! Überlege dir das! Wie kommst du auf den Gedanken, ich solle beim Sultan für dich freien? Selbst wenn ich so unverschämt wäre, wie bekäme ich Zutritt? An wen sollte ich mich wenden, dass er mich vorstellt? Und wollte ich den Zweck meiner Vorsprache angeben, würde man mich für eine Närrin halten und verjagen! Und gelänge es mir wirklich, bis zum Sultan zu kommen, was sollte ich dann sagen? Hast du dich um dein Land verdient gemacht? Bist du der Gnade des Sultans überhaupt würdig? Wie also kann ich mit einem solchen Ansinnen vor ihm erscheinen? Der Anblick seiner Macht und der königliche Prunk allein würden mir schon die Rede verschlagen. Ich zitterte bereits, wenn ich von deinem Vater etwas erbitten musste. Wie könnte ich nun gar vor diesem hohen Herrn etwas vorbringen? Dann fällt mir noch etwas ein: Wer den Sultan um eine Gnade bitten will, der muss ein Geschenk mitbringen. Aber was für ein Geschenk hast du ihm anzubieten? Wenn du nun gar seine Tochter zur Frau verlangst, welches Geschenk könnte diese Bitte unterstützen?"

Aladdin hörte alle Einwände seiner Mutter ruhig an. Er überlegte Punkt für Punkt. Dann sagte er: ,,Liebe Mutter, du hast recht. Ich hätte alles das bedenken sollen. Mein Verlangen war verwegen und unbesonnen. Ich hätte vorher daran denken müssen, dir Zutritt und günstige Aufnahme beim Sultan zu verschaffen. Verzeih mir! Die Liebe zur Prinzessin hat meine Gedanken verwirrt. Aber ich liebe sie so sehr, dass ich sie unbedingt heiraten werde. Ich danke dir, dass du mich an das Geschenk erinnert hast. Du hast daran gezweifelt, dass ich ein würdiges Geschenk für diesen Anlass besitze. Allein ich habe eines, das wert ist, dem Sultan überreicht zu werden; es ist ein Geschenk, um das ihn Fürsten und Könige beneiden werden. Du weißt, Mutter, ich habe aus dem unterirdischen Garten buntfarbige Steine mitgebracht. Wir meinten, diese Steine seien aus Glas. Es sind aber kostbare Edelsteine von höchster Schönheit; ihresgleichen gibt es in keinem Lande der Welt. In den Läden der Goldschmiede habe ich viele herrliche Edelsteine gesehen; aber sie alle halten den Vergleich mit meinen Steinen nicht aus. Und doch werden sie zu unbeschreiblich hohen Preisen verkauft. Wie hoch muss dann erst der Wert meiner Steine sein! Du hast eine hohe Porzellanvase, Mutter. Gib sie mir, wir wollen sie mit Edelsteinen füllen. Dann magst du die strahlende Pracht bewundern. Ich glaube, auch der Sultan hat so etwas noch nie gesehen."

Die Mutter brachte die Vase herbei. Aladdin nahm die Steine aus den Beuteln und legte sie schön geordnet hinein. Da strahlte und blitzte es aus der Vase, dass Mutter und Sohn geblendet die Augen schließen mussten. Solchen Glanz und solches Feuer hatten sie noch nie an den Steinen bemerkt; freilich hatten sie diese bisher nur bei Lampenlicht gesehen. Nun aber lockte der helle Sonnenschein sprühende Funken hervor.

Nachdem sie die Schönheit des Geschenkes eine Weile bewundert hatten, sagte Aladdin: ,,Glaubst du nun, Mutter, dass dies ein passendes Geschenk für den Sultan ist? Jetzt kannst du den Gang zu Hofe wagen. Mit diesem Geschenk wirst du sicher gnädig empfangen werden."

Aladdins Mutter war von dem Wert des Geschenkes nicht so überzeugt wie ihr Sohn. Trotzdem hoffte sie, es werde wohl Gnade finden. Aber als sie der Bitte ihres Sohnes gedachte, wurde sie abermals unsicher. Er und die Prinzessin!

,,Lieber Sohn", sagte sie, ,,dieses Geschenk ist prächtig und wert voll. Es wird seine Wirkung tun und mir gnädige Aufnahme beim Sultan verschaffen. Aber ich werde nicht den Mut haben, deine Werbung um des Sultans Tochter vorzubringen; da wird mein Mund stumm bleiben. So wird nicht nur mein Gang vergeblich sein, sondern auch das Geschenk; und ich werde dir bestürzt verkünden müssen, dass deine Hoffnung vergeblich war. Sollte ich aber doch imstande sein, deinen Wunsch auszusprechen, wird uns der Sultan für Narren halten und mich mit Schimpf und Schande davonjagen oder uns beide bestrafen."

Aladdins Mutter führte noch mehr Gründe an, die gegen einen Empfang beim Sultan sprachen. Aber das Bild der Prinzessin war zu tief in seinem Herzen verankert. Er wollte seinen Plan, sie zu seiner Frau zu machen, nicht aufgeben. Darum drängte und bat er seine Mutter, bis sie aus Furcht vor seiner Unbesonnenheit nachgab.

An diesem Tag aber war es für die Anmeldung beim Sultan zu spät. So wurde die Sache auf den nächsten Tag verschoben. Bis dahin sprachen Mutter und Sohn nur vom morgigen Gang zu Hofe. Aladdin schärfte ihr neuerlich ein, was sie tun und sagen solle.

Die Mutter aber fragte ihn noch: ,,Mein Sohn, wenn mich der Sultan wirklich anhört, was soll ich sagen, wenn er nach deinem Besitz und Vermögen fragt?"

,,Liebe Mutter", erwiderte Aladdin, ,,wenn es zum Äußersten kommt, muss uns die Lampe helfen. Sie sorgt seit einigen Jahren für unsern Unterhalt. Ich hoffe, dass sie mich auch in dieser Not nicht im Stich lassen wird."

Hierauf wusste Aladdins Mutter nichts zu entgegnen. Sie dachte, die Lampe habe wirklich bisher Wunder vollbracht; nun könne man auch noch Größeres von ihr erhoffen.

Aladdin erriet die Gedanken seiner Mutter. Er sagte zu ihr: ,,Liebe Mutter, sprecht zu keinem Menschen von der Lampe! Sie ist unser größter Schatz. Der glückliche Ausgang unseres Beginnens wird ganz von ihr abhängen."

Erst tief in der Nacht suchten sie ihr Lager auf. Aber schon vor Tagesanbruch weckte Aladdin die Mutter wieder. Er bestürmte sie, sich rasch anzukleiden und zum Tor des Palastes zu eilen. Dann könne sie zugleich mit dem Großwesir und den übrigen Großen des Reiches den Palast betreten und ihnen in die Ratsversammlung folgen. Dieser pflegte der Sultan stets beizuwohnen.

Aladdins Mutter tat alles, was ihr Sohn wünschte. Sie hüllte die Porzellanvase in feines, weißes Linnen. Darüber band sie ein gröberes Tuch, um das leichter forttragen zu können. Endlich machte sie sich zur großen Freude Aladdins auf den Weg zum Palast des Sultans.

Soeben betrat der Großwesir mit allen Würdenträgern des Hofes den Palast. Eine große Menge von Bittstellern schloss sich ihnen an. Die Mutter folgte dem Zuge und gelangte so in den großen Prunksaal; dort hielt der Sultan die Versammlung ab. Sie stellte sich gerade dem Thron des Sultans gegenüber au£ Die Großen des Reiches waren rechts und links von ihm versammelt. Dann wurden dem Sultan die Rechtsfälle vor getragen. Man rief die Parteien in der Reihenfolge, in der sie ihre Gesuche eingebracht hatten. Viele Angelegenheiten wurden verlesen, beraten und entschieden, bis die Versammlung wieder geschlossen wurde. Schließlich erhob sich der Sultan und ging in seine Gemächer zurück. Der Großwesir und alle übrigen Mitglieder des Staatsrates entfernten sich. Auch die Parteien, die Gesuche vorgelegt hatten, gingen nach Hause. Manche waren vergnügt über den Ausgang ihres Rechtsfalles, andere wieder unzufrieden über das gefällte Urteil. Einige hofften, ein andermal mit ihrer Sache vorzukommen.

Als Aladdins Mutter sah, dass sich der Sultan zurückzog, ging sie gleichfalls nach Hause. Als ihr Sohn sie mit dem Geschenk zurückkom men sah, erschrak er; er konnte sich nicht erklären, was das bedeuten solle. Er fürchtete, seine Sendung sei misslungen, und er getraute sich gar nicht, die Mutter zu fragen.

Die Mutter, die noch niemals bei einer Ratsversammlung gewesen war, begann treuherzig zu erzählen: ,,Gott sei Dank, dass ich heute im Sultanspalast war. Wenn ich auch heute noch nicht mit dem Sultan gesprochen habe, so hoffe ich doch, morgen mit ihm zu reden. Heute habe ich den Sultan gesehen. Ich stand ihm gerade gegenüber. Ich bin überzeugt, dass er auch mich bemerkt hat. Aber er war sehr beschäftigt mit den Leuten, die rechts und links von ihm saßen. Er tat mir leid, als ich sah, mit wie viel Mühe und Geduld er sie anhörte. Das dauerte sehr lange. Zuletzt mag es ihm schon langweilig geworden sein, weil er auf einmal aufstand und wegging. Es waren zwar noch viele Leute da, die mit ihm sprechen wollten. Aber ich war sehr froh darüber, denn auch mir wurde die Sache schon langweilig. Außerdem war ich sehr müde vom langen Stehen. Es ist also nichts verloren. Ich werde dir zuliebe morgen wieder hingehen. Vielleicht hat der Sultan dann mehr Zeit."

Aladdin hat die Entscheidung ungeduldig erwartet. Aber gegen die Entschuldigung seiner Mutter konnte er nichts vorbringen; er musste sich bis zum nächsten Tag gedulden. Das eine hatte er wenigstens schon erreicht, dass die Mutter den gefürchteten Gang angetreten und den Anblick des Sultans ertragen hatte, ohne vor Angst von Sinnen zu kommen. Er hoffte, dass sie morgen in einem günstigen Augenblick ihr Anliegen vorbringen werde.

Am nächsten Morgen eilte sie mit ihrem Geschenk wieder zeitlich zum Palast des Sultans. Das Tor aber war verschlossen. Von andern Leuten erfuhr sie, dass nur jeden zweiten Tag Ratssitzung sei. Also ging sie wieder heim und brachte ihrem Sohn diese Nachricht. Aladdin musste sich wieder mit Geduld wappnen.

Sechsmal ging die Mutter in die Ratsversammlung. Jedes Mal stellte sie sich dem Sultan gegenüber auf. Aber nie fand sie den Mut, vor zu treten oder ein Wort zu sagen. Sie wäre wahrscheinlich noch hundertmal vergebens hingegangen, wenn nicht der Sultan selbst auf sie aufmerksam geworden wäre.

Als er nach der Sitzung in seine Gemächer zurückgekehrt war, sagte er zu seinem Großwesir: ,,Wesir, seit einiger Zeit fällt mir bei jeder Sitzung eine Frau auf. Immer steht sie mir gerade gegenüber. Sie trägt etwas in der Hand, das in Leinwand gehüllt ist. Vom Anfang bis zum Ende der Sitzung bleibt sie dort stehen. Aber sie sagt nie ein Wort. Weißt du, was für ein Anliegen sie hat?"

Der Großwesir wusste sowenig davon wie der Sultan. Er wollte aber seinem Herrn nicht die Antwort schuldig bleiben; darum sagte er:

,,Herr, die Frauen beschweren sich doch oft über die geringfügigsten Dinge. Vielleicht will diese über ihren Mann oder einen ihrer Verwandten Klage führen. Vielleicht aber hat man ihr schlechtes Mehl verkauft oder sonst ein kleines Unrecht zugefügt."

Der Sultan gab sich mit dieser Antwort des Großwesirs nicht zufrieden. Er befahl ihm, die Frau bei der nächsten Sitzung rufen zu lassen. Er wolle sie anhören. Der Großwesir küsste die Hand des Sultans und legte sie auf seinen Kopf. Das bedeutete, dass er bereit sei, sich den Kopf abschlagen zu lassen, wenn er diesen Befehl nicht ausführe.

Am nächsten Sitzungstag ging Aladdins Mutter wieder in die Ratsversammlung. Sie war es ja schon gewohnt. Zwar war bisher jeder Gang vergeblich gewesen; doch aus Liebe zu ihrem Sohn wollte sie alles tun, um endlich zu einem Erfolg zu gelangen. Sie stellte sich wieder dem Sultan gegenüber auf.

Als dieser sie erblickte, war er gerührt über ihre Geduld und Ausdauer. Er sagte zum Großwesir: ,,Wesir, da steht ja die Frau, von der ich neulich gesprochen habe. Lass sie hierher kommen. Wir wollen sie anhören, damit wir ihr Anliegen erfahren und ihre Sache entscheiden."

Sofort ging der Großwesir und gab der Frau ein Zeichen, näher zutreten. Sie folgte ihm bis an die Stufen des Thrones. Dort tat sie, wie sie es bei andern gesehen hatte: Sie berührte mit ihrer Stirn die Stufen des Thrones.

In dieser Stellung verharrte sie, bis der Sultan zu ihr sprach: ,,Gute Frau, ich sehe dich schon lange in den Ratssaal kommen. Du bleibst vom Anfang bis zum Ende der Sitzung am Eingang stehen, ohne dass du ein Wort sagst. Nun verrate mir, welche Angelegenheit dich hierher führt!" Wieder warf sich Aladdins Mutter zu Boden. Sie küsste die Stufen des Thrones und flehte den Segen des Himmels über den Sultan herab. Dann stand sie auf und sagte: ,,Erhabener Herrscher, ich habe ein Anliegen. Aber bevor ich es Euch unterbreite, bitte ich, mir die unglaubliche Kühnheit zu verzeihen. Mein Ansuchen ist so ungewöhnlich, dass ich zittere und bebe. Ich habe große Scheu, Herr, es Euch vorzutragen."

Um ihr Sicherheit und Freiheit im Reden zu geben, befahl der Sultan, ihn mit der Frau und dem Großwesir allein zu lassen. Dann sagte er, sie könne ohne Furcht sprechen.

Aladdins Mutter aber war noch nicht ganz zufrieden. Sie wollte sich auch vor seinem Zorne sicherstellen, den sie bei ihrem seltsamen Antrag befürchten musste.

,,Herr", fuhr sie fort, ,,ich bitte Euch untertänigst, gewährt mir im voraus gütigst Eure Gnade und Verzeihung. Vielleicht werdet Ihr mein Anliegen töricht oder beleidigend finden." ,,Was es auch sein mag", erwiderte der Sultan, ,,ich werde dir verzeihen. Nicht die geringste Strafe soll dich treffen. Sprich ohne Scheu!"

Nun erzählte sie ihm treuherzig, wie ihr Sohn die Prinzessin Badrulbudur gesehen und sich in sie verliebt habe. Sie sprach von den Plänen und Wünschen Aladdins. Sie erwähnte aber auch die Bedenken, die sie dagegen erhoben hatte.

,,Aber", fuhr sie fort, ,,statt auf mich zu hören, bestand er nur um so nachdrücklicher auf seinem Wunsch. Er drohte sogar, sich ein Leid anzutun, wenn ich mich weigerte, für ihn zu werben. Trotzdem hat es mich die größte Überwindung gekostet, Euch mit dieser Sache zu be lästigen. Ich bitte Euch vielmals, verzeiht mir mein verwegenes Unternehmen. Verzeiht auch meinem Sohne die Dreistigkeit, an eine so er habene Verbindung zu denken."

Der Sultan hatte die Rede der Mutter voll Güte angehört. Er äußerte nicht den mindesten Zorn oder Unwillen. Auch schien er die ganze Angelegenheit gar nicht lächerlich zu finden. Bevor er aber eine Antwort erteilte, fragte er sie lächelnd nach ihrem leinenen Bündel. Aladdins Mutter sah nun, dass der Sultan nicht unwillig war, ja sogar lächelte. Da warf sie sich nieder, enthüllte die Vase und überreichte sie dem Sultan.

Geblendet blickte der Sultan auf die Edelsteine. Zuerst war er vor Überraschung keines Wortes mächtig. Er hatte noch nie so viele kostbare Steine beisammen gesehen. Auch waren sie von einer Größe, wie sie ihm bisher noch nie vor Augen gekommen.

Begeistert nahm er die Vase aus den Händen der Frau in Empfang und riefaus: ,,Wie schön und einzigartig, wie kostbar sind diese Edelsteine!" Er nahm einen Stein nach dem andern in die Hand und pries ihr Feuer und ihre Reinheit.

Dann wandte er sich an den Großwesir, zeigte ihm die Vase und sagte: ,,Sieh dir diese Steine an! Du wirst gestehen müssen, dass man auf der ganzen Welt nichts Herrlicheres und Vollkommeneres finden kann!" Der Großwesir stimmte in begeisterten Worten zu. Der Sultan aber fuhr fort: ,,Ja, wer mir solche kostbare Juwelen schenken kann, ist wert, der Gatte meiner Tochter zu werden."

Diese Worte des Sultans versetzten den Großwesir in eine peinliche Unruhe. Erst kürzlich hatte ihm sein Herr angedeutet, dass er die Prinzessin mit seinem Sohn vermählen wolle. Dieses prachtvolle Geschenk kam ihm ungelegen. Nun fürchtete er nicht ohne Grund, der Sultan werde sich anders besinnen. Er flüsterte ihm daher ins Ohr, er möge mit seiner Entscheidung gnädigst noch drei Monate zuwarten. Schließlich habe der Sultan seinem Sohn die Prinzessin früher versprochen. Und bis dahin werde er ein noch weit kostbareres Geschenk darbringen. Der Sultan war zwar überzeugt, dass das unmöglich sei. Aber er geruhte, den Aufschub von drei Monaten zu gewähren.

Er wandte sich also an Aladdins Mutter und sagte zu ihr: ,,Geh nach Hause, gute Frau! Sag deinem Sohne, dass ich seinen Antrag genehmige!

"Doch muss er sich noch drei Monate gedulden. Es müssen große Vorbereitungen für die Hochzeit getroffen werden. Nach drei Monaten aber magst du wiederkommen."

Strahlend bedankte sich Aladdins Mutter beim Sultan und eilte nach Hause. Ihre Freude war groß. Hatte sie doch gefürchtet, der Sultan werde sie gar nicht anhören. Nun brachte sie ihrem Sohn die günstige Botschaft. Er sah die Mutter früher als sonst und oh

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Vanny Offline

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2005-04-18 18:32