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Tagebuch Tyche
2006-09-13 20:53
Septemberabend
Wie fast jeden Tag schnappte ich mir heute nach Feierabend meinen Drahtesel, um mich über die Straßen rollen zu lassen.
Heute war ein besonders geeigneter Tag für eine Ausfahrt auf zwei Rädern über den ins Grün gewalzten Asphalt. Ich fuhr gemässigtes Tempo, so dass ich mein Geist von der üblichen Aufgabe, meinem Körper einzureden, es wäre gut für ihn, gequält zu werden, freistellen konnte. So brachte ich mich in die Lage, meine Sinnesorgane öffnen zu können (frei von jeder bewußten Anstrengung, meditativ atmend) für einen in goldenes Abendlicht getauchten samtenen Septemberabend. Der Duft der abgeernteten Felder pulsierte mit jedem Atemzug durch meinen Wahrnehmungsapparat. Ich registrierte wehmütig, dass die tiefstehende Sonne große, spätsommerliche Schatten wachsen ließ, die ihren Hunger stillten, indem sie Felder, Büsche und Bäume fraßen. Die Kühle der Abendluft gebar die Panoramalandschaft weichzeichnende Dunstglocken.
Als die Sonne so tief stand, dass ich ihr ohne zu Blinzeln ins Auge blicken konnte, wusste ich, dass es Zeit war, meinen Drahtesel seine Heimat suchen zu lassen. Vor dem Haupttor meines Domizils angekommen, noch ganz gefangen durch das Naturerlebniss, begrüßte mich sehr freundlich ein etwa zweijähriges Nachbarkind. Es begrüßt mich immer, wenn es mich auf meinem Drahtesel ankommen sieht, mit einem uneingeschränkt freundlichen KinderHalloooo. Ich erwidere den Kindergruß mit einem eingeschränkten ErwachsenenHallooo und schon ist das Gespräch in Gange, während die Oma sich mit irgendeinen anderen Nachbarn über andere Nachbarn aufregt. Heute konnte ich mich mit dem kleinen Nachbarmädchen nicht lange unterhalten, was soviel heisst, dass sich alles auf eine Frage und eine unbefriedigende Antwort reduzierte. Das Mädchen fragte mich: Kann du scho laufe? Während ich perplex eine Antwort suchte, war das Mädchen schon ganz woanders mit seinen Gedanken. Es sagte zu seine Oma, die im Begriff war, in die Wohnung zurückzukehren: Daußen bleiben..... Ich war irgendwie froh nicht mehr antworten zu müssen, denn die gnadenlose Logik des Kindes brachte mich in größte Erklärungsnot.

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leben 

Kommentare

19:52 14.09.2006
Ja, Cläre du hast Recht. Ich mache nur eine Ergänzung: Sie ist jetzt schon die Größte hier in der Nachbarschaft für mich.
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unbekannt
10:14 14.09.2006
Ein wunderschöner Text ist dir wieder entsprungen....und dein nachbarsmädel würde ich mir warm halten...sie scheint existentielle Gedanken über die Welt zu haben...das wird mal eine ganz Große :)

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07:25 14.09.2006
Das Mädchen sieht mich immer nur auf dem Fahrrad und so denkt es, ich kann nur Fahrrad fahren. Das passt zu der Bemerkung eines erwachsenen Nachbarn, der mich fragte, wozu ich denn mein Auto hätte.
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unbekannt
07:01 14.09.2006
*g* und warum kannst du schon laufen? schließlich warst du mit zwei Rädern und nicht mit 2 Beinen unterwegs?
Jaja diese wunderschönen Septemberabende! Ich will auch Radfahren.....hoffen wir, dass der Oktober nicht allzu kalt wird!
LG


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