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Tagebuch Tyche
2006-07-25 12:55
Alltag
Wer hier häufiger liest, wird vielleicht die Tendenz bermerken, dass der Schreiber Wörter besser ordnen kann, als seinen Alltag.
Der Plan für heute stand auf einem gelben Haftzettel:
Friseur, Digicam, Umsatzsteuer, ein rotes Kurzarmhemd, Arbeisplan G. durchgeben.
Der Plan ist noch nicht mal zur Hälfte umgesetzt und es war bis hier anstrengender als 100km Drahteselquälerei.
Der Friseurgang gehört zur atmosphärischen Einstimmung auf den bevorstehenden Zuwachs eines Jahres und nur deshalb nahm ich in Kauf mich einem Problem zu stellen, dass sich wie ein roter Faden durch die bereits abgelebten Jahre schlängelt.
Es fing mit der Frage an: "Hinten rasieren?"...., wenn sie meinen, ich weiss nichtt....
"wieviel soll oben ab?" ....öhm, ja das müsste gut sein....
"und die koteletten"...., sind die nicht gut?...."soll ich sie begradigen?"(der Ton wurde unmerklich schärfer) .....oh ja, gute Idee...... "ich rasier dann hinten mal, finde das sieht gut aus"....... ich vertraue ihnen voll und ganz.....
"und wollen sie heute noch baden gehen?" ....., ich weiss nicht, ich hab noch soviel auf dem Plan....

Wir verabschiedeten uns, es gab Eisgeld für die Haarschneiderin und ich war stolz in meinem Rucksack schon Formulare fürs Finanzamt verstaut zu haben ganz zu schweigen von der Erleichterung die Fragen der Haarschneiderin überstanden zu haben.
So hastete ich über den kleinstädtischen Marktplatz, der wie die ganze Stadt übersäht mit Touristen war. Immer wieder hörte ich Stimmen von Müttern, die ihre Kinder suchten, die noch anwesenden Kinder aufforderten ihr Eis zu schlecken, bevor es wegschmilzt. Einige wenige Einheimische saßen in den Straßencafes und warfen mir verstohlenen, wissende Blicke herüber angesichts dieses sich jedes Jahr wiederholenden Gratisopenairschauspiels vagabundierender Touristenschwärme.
Auch die Geschätsleute hatten eine monetäres Lächeln aufgesetzt, welches ich beschloss durch den Erwerb eines roten Kurzamhemdes um eine Nyance zu verstärken. Warum dieses Hemd rot sein müsste, war mir nicht bewußt, aber es muss mit meinem Aniversario zusammenhängen, vielleicht sollte meine neues Lebensjahr rot und auffällig beginnen. Doch auch hier warf ich meinen Plan über den Haufen und ich weiss nicht in welcher meiner zwei Gehirnhälften die Lösung für diese spontanen Planumwerfungen geboren werden, die in diesem Fall zum Kauf zweier Hemden führte, ein rotes und ein klassisch kariertes, dass sicherlich den Fall, es würde mich der Mut verlassen ein rotes zu tragen, absichern sollte.
So versichert perlte die gesammelte hektische Nervosität summender Touristenschwärme an mir ab und ich fand die Kraft mir noch das ein oder andere Paar Schuhe anzuschauen und zu bewundern, konnte den Inhaber des Schuhgeschäfts aufgrund der dann doch wieder durchlagenden Entscheidungsschwäche nicht glücklicher machen.
Das nächste Bekleidungsgeschäft ließ viele Hosen draußen rumhängen, ich drehte an dem Drehständer und fand eine Hose, die mir gefiel. Ein Urlauberpaar hochmittleren Alters gesellte sich zu dem Hosenkarusell, der Mann nahm zwei Hosen, verschwand irgendwo, die Frau blieb an meiner Seite und half mir beim Drehen der Hosen. Dann geschah etwas Schreckliches, meine Auserwälte war nicht perfekt, der Knopf, der mich später drücken sollte, wenn ich zugenommen hatte, war schon fast abgefallen. Wieder brachte mich irgendetwas dazu etwas unüberlegtes zu tun, indem ich die Frau ansah, ihr sagte, dass der Knopf leider bald abfällt und auf irgendeine Reaktion wartete. Die vorübergehend von ihrem Mann verlassene Touristenfrau machte mir den Vorschlag das Knöpchen am besten gleich in die Tasche zu stecken und mit nach hause zu nehmen. Hätte mir diese Frau in diesem Moment ihren Kosmetikspiegel vor meine Antlitzt gehaltenl, hätte ich dort mehrere Hautfalten entdeckt, die empathische Menschen sofort als lebendige Fragezeichen erkannt hättern. Die Frau verlies mich, um zu ihrem Mann zu gehen, der sie verlassen hatte und ich verlies den Drehständer. Den Knopf lies ich an der Hose.
Ich radelte weiter zum nächsten Geschäft, von dem ich wusste, dass es dort günstige Digicams geben könnte, ich schaute mir zwei an, konnte ich aber für keine entscheiden.
Trotz allem hatte ich das Gefühl etwas geschafft zu haben, rollte nach hause und dachte, jetzt würde Ruhe einkehren, packte einige Getränke in den Kühlschrank, öffnete das Tiefkühlfach und entdeckte dort zwei Getränkedosen, die ich dort gestern verliess und die mir zum Dank eiskalt die Hand schüttelten. Ich nahm eine Verlassene heraus und musst mit Entsetzen feststellen, dass sie drohte vor Wut zu platzten. Ihre metallene Außenhaut blähte sich auf und nur liegt sie da auf meine Fensterbank, immer wieder grauenfafte Knackgeräusche von sich gebend und ich hoffe nur, dass sie mir verzeiht.

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leben 

Kommentare

00:23 26.07.2006
Jetzt, wo du es erwähnst, ja ich glaube gehört zu haben, dass die Farbe des Blutes zu dieser frühen Namensgebung führte. Bei mir hängt es wohl er mit dem roten Faden zusammen, der mich mein Leben lang begleitet. Rot bedeutet dann ständig überfragt zu sein und nicht nur beim Friseur.
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unbekannt
17:51 25.07.2006
Das mit den Fehlern kenne ich...

Wann ist denn der große Tag, ein neues Jahr zu starten...rot eine mutige farbe....wusstest du, dass rot in den meisten sprachen die erste farbe ist, die ein eigenes wort bekommen hat???

Vielleicht ist morgen ein entscheidungsfreudiger Tag für dich!


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15:09 25.07.2006
Liebe cläre, ja wir lesen immer wieder neu, je nachdem in welcher Lebensituation wir uns befinden und die Freunde sind eben diejenigen, die wir auch nach 10 Jahren noch lesen können, die uns in jeder Situation etwas zu sagen haben.
Mich zu begleiten, würde wohl nur einem ausgebildeten SEK-Beamten gelingen, aber am Hosenkarusell hättest du mir sicherlich besser helfen können als die Touristenfrau.
Liebe Grüße Tyche
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unbekannt
14:51 25.07.2006
Welch ein Tag.....manchmal würde ich dich gern begleiten....und irgendwie tue ich es ja auch...dank deiner Texte :)
Zu deinem letzten Freunde-Text kann ich nur sagen; ja, so geht es mir auch...und bei einigen Textfreunden mußte ich feststellen, dass ich mich weiterentwickelt habe, sie sich nicht...erst war ich entäuscht, aber ich kann es ihnen nicht vorwerfen....dennoch bestärkt es mich, mir mehr Autorenfreund zu halten als Textfreunde, den Autoren entwickeln sich eher weiter....allerdings habe ich auch so manchen Textfreund, der mich heute noch genauso bezaubert und entführt, wie er es beim ersten Mal schaffte


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14:45 25.07.2006
Ich entdecke schon wieder viele Schreibfehler. Verzeiht es mir, aber meine Finger stolpern meinen auf den Bildschirm drängenden Gedanken immer hinterher.
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2006-07-25 12:55