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Thursday, 18. April 2024
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Tagebuch staunistauni
 1974-11-12 hh:mm
Lebenskrise


In der nächsten Zeit gab es für die Schefflers eigentlich nur Pflichten. Da war die Arbeit, da waren die Kinder, die wahrscheinlich auch durch die vorhandene Missstimmung etwas angeschlagen waren. Besonders Jörg bekam auf Grund seines Alters schon viel mehr mit, als er damals verkraften konnte.

Es gab keine Höhepunkte mehr, das Leben schlich nur noch so dahin, nichts war da, worüber und worauf sich das Ehepaar freute. Arbeit, Haushalt, Verwandtenbesuche und immer wieder das gleiche Thema: „Rausschmiss!“

Obwohl Elvira in ihrem Inneren genau wusste, dass es richtig gewesen ist, so zu handeln, verfolgten sie ständig Gedanken der Schuld, die Karriere ihres Mannes zerstört zu haben.

Seine Unzufriedenheit, die sich immer mehr vertiefte, war durch Elvira und ihre Verwandtschaft hervorgerufen worden.

Wie recht doch ihr Vater gehabt hatte, als er sagte: „Ein Ehepaar sollte auch in der politischen Auffassung übereinstimmen!“

Anfänglich hatten Elvira und Helmut keinerlei Probleme in ihrer total unterschiedlichen Erziehung gesehen. Elvira hatte sich in den letzten Jahren um Gleichklang bemüht, war sogar in die Partei eingetreten. Nun wusste sie, dass sie sich eigentlich selbst belogen hatte. Das ungute Gefühl am Tag der Parteiaufnahme hatte sie also nicht getäuscht.

Nun waren beide wieder am Anfang und hatten momentan noch keine Kraft, sich ein neues Weltbild aufzubauen. Zur Aufarbeitung erzählte Helmut bei jeder Gelegenheit immer und immer wieder „seine Geschichte“. Elvira konnte es einfach nicht mehr hören und fiel immer tiefer in ein seelisches Loch.

Von Tag zu Tag ging es ihr schlechter. Der einst so optimistischen Elvi machte nichts mehr Spaß.

Sie war so verunsichert, dass sobald ihr ein Uniformierter begegnete, eine fürchterliche Wut in ihr aufstieg. Zeitweilig fühlte sie sich sogar von Polizisten verfolgt. Das war daher gekommen, dass die Stasi tatsächlich auf dem Bahnhof stand, als die Hamburger Verwandten zu Besuch kamen. Auch das Wohnhaus der Schwiegereltern von Helmut wurde damals durch die Stasi beobachtet.

Elviras Ängste steigerten sich dermaßen, dass sie kaum noch allein aus der Wohnung ging. Helmut wollte sie unterstützen und erwog den Kauf eines kleinen Autos. Seine Eltern waren bereit, den Kaufpreis vorzuschießen. Schefflers verfolgten die Annoncen in der Zeitung und versuchten, allerdings nur einmal, ihr Glück.

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