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Tagebuch staunistauni
 1989-10-16 hh:mm
Auch Jörg darf in den Westen

 

Am Mittwoch, dem 11.10.1989 erhielt Dr. Hermann Hansen endlich das heiß ersehnte Telegramm von Jörg Scheffler. Darin stand:

Abfahrt ab Dresden Donnerstag 20.31 Uhr,

die vier Schefflers!“

 

Gott sei Dank!“

Der erste Stein war von den Herzen der übrigen Familie gefallen. Nun wurden alle etwas ruhiger, obwohl ja immer noch eine Hürde zu nehmen war. Doch, obwohl die offizielle Ausreise der Familie Scheffler, jun. auf die Nacht zum

Freitag, den 13. Oktober

fiel, lief alles glatt. Jörg hatte am 8.10.89 die Ausreisepapiere erhalten und ihm wurde gesagt, dass er bis zum 12.10. mit seiner Familie die DDR zu verlassen hat. In diesen wenigen Tagen mussten sehr viele staatliche Stellen abgelaufen werden, die dazu noch begrenzte Sprechzeiten hatten, so dass er alles zeitlich gerade so schaffen konnte.

Das Verschicken des „Umzugsgutes“ war in die Wege geleitet. Nun standen die Vier am Donnerstag mit elf Koffern und einem Kinderwagen auf dem Bahnhof.

Vorher hatten sie sich noch von Martinas Mutti verabschiedet. Es war für die Oma so schlimm, dass sie nicht mit auf den Bahnhof wollte. Sie ging in die Knie, weinte und hielt ihre beiden Enkelkinder fest und sagt: „Wer weiß, ob und wann ich Euch alle wiedersehen werde?“

Martinas Vater, die beiden Brüder und ein paar Freunde verabschiedeten die „Ausreißer“ mit Sekt und traurigem Herzen auf dem Bahnsteig. Dann rollte der Zug auch für Jörg und seine Familie in eine ungewisse Zukunft.

 

Die Vier hatten ihre ersten „westlichen“ Erlebnisse auf dem Bahnhof Frankfurt am Main. Von hier aus ging es weiter zum Auffanglager Gießen. Sie wurden in einem großen Bettensaal untergebracht und waren total überrascht von der guten Organisation und Betreuung. Martina ließ sich erst mal zeigen, wie man die westlichen Windeln befestigt. Für den kleinen Daniel gab es ausreichend Babynahrung und für beide Kinder Bekleidung zum Aussuchen.

Als die Eltern dann in Bayern den herbeigesehnten Anruf aus Gießen bekamen, fielen ihnen mehrere Felsbrocken vom Herzen.

Bis dahin hatten sie immer Angst gehabt, dass man Jörg, wegen der Flucht des Bruders und seiner Eltern einen Strich durch die Rechnung machen würde. Zum Glück wurde keiner, der im Zuge befindlichen DDR-Flüchtlinge kontrolliert. Sicherlich hätte es Ärger gegeben, wenn der Zoll die gesamten beigelegten Unterlagen seiner Eltern in einer Mappe im Kinderwagen gefunden hätte.

 

 

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1989-10-16 hh:mm