Märchenhaftes Cochem
Donnerstag, 20.06.1991
Ich schwärme nur noch von Cochem. Cochem ist ein so süßes Städtchen an der Mosel, daß es fast unverzeihlich ist, bisher noch nichts darüber gehört zu haben. Wie denn aber auch? Im Osten wohnten wir im „Tal der Ahnungslosen“. Das war der östlichste Teil der DDR, der eben keinen Zugang zum Westfernsehen hatte. Literatur oder Bücher über westliche Sehenswürdigkeiten gab es überhaupt nicht zu kaufen. Waren wir dann mal in einem Betriebs-Ferienheim, z.B. im Westerzgebirge, wo man Westfernsehen gekonnt hätte, dann war der Fernsehapparat so eingestellt, daß nur die beiden Ostprogramme liefen.
Wir genießen als neue Bundesbürger alles, wahrscheinlich intensiver, halten überall wohin wir kommen, Augen und Ohren auf, um die vielen neuen Eindrücke zu verarbeiten. Wahrscheinlich sehen wir alles noch etwas rosarot, aber es ist wirklich wie im Märchen!
In Cochem sahen wir erstmals eine niedliche Panoramabahn, mit der wir dann auch gleich fuhren, um so viel wie möglich vom Ort zu sehen. Zum Abschluß der Fahrt bekamen wir noch einen Gutschein für eine Weinprobe und die kleinen Gläschen durften wir dann behalten. Das Leben pulsierte in den kleinen malerischen Gassen des kleinen Moselstädtchens mit seinen hübschen Fachwerkhäuschen. Wir stöberten in den vielen kleinen Lädchen und fanden auch für alle unsere Lieben ein hübsches Mitbringsel.

Als wir uns die Hochwassermarkierung vom schlimmsten Hochwasser 1926 ansahen, versuchte ein Witzbold von meiner gerade gekauften Semmel abzubeißen. Schnell verschwand ich durchs „Fuchsloch“, einer kleinen Maueröffnung, durch die man nur gebückt gehen konnte und der große dicke Mann hatte das Nachsehen.
Beim abendlichen Wein in der Moselgaststätte schworen wir uns, daß wir gewiß nicht zum letzten Mal in Cochem waren.



Die Reichsburg in Cochem an der Mosel