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Tagebuch Sommer
2014-08-23 19:40
Das Wir gewinnt

Genau das könnte das Motto der letzten Betriebsversammlung sein, denn man ist fest davon überzeugt, daß man aus den roten Zahlen wieder raus kommt. Man will so wenig Leute wie möglich entlassen, wenn man einen gewissen Umsatz erreicht. Sollte das nicht der Fall sein, wird man sich doch anders entscheiden. Es ist von 170 Leuten die Rede. Bis jetzt ist man bei den Leuten, die in Altersteilzeit gehen oder kurz vor der Rente stehen. Irgendwie ist das verständlich. Ich lasse mich echt überraschen. Ich mache mir keine Gedanken mehr darüber, weil es ja doch keinen Sinn hat. Vor allem dann nicht, wenn man noch Aufträge bis 2017 hat. Für einige ist es früher vorbei, wenn der Umsatz nicht stimmt. Wenn es unsere Abteilung nicht betrifft, dann soll mir das egal sein. Ich weiß, daß man das nicht sagt, aber jeder denkt nun mal an sich und ich bin da keine Ausnahme. Ich habe keine Lust, zum Amt zu gehen. Ich bin in einem Alter, in dem es mit einem Job nicht mehr so rosig aussieht. Wer nimmt einen denn noch mit 40? Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich keine Lust, im Einzelhandel zu arbeiten. Nichts gegen den Einzelhandel, aber ich kann mich in der Branche nicht vorstellen. Ich bin nicht der Typ, der in der Woche frei hat und am Samstag arbeiten gehen muß. Dieses Thema führe ich gar nicht weiter aus, denn sonst ist mein ganzes Wochenende kaputt. Na ja, ich lasse mich überraschen. Eine andere Wahl habe ich ja doch nicht. Irgendwie geht es schon weiter.

Meine Woche war unspektakulär. Ich habe es geschafft, meinen Chef aus dem Konzept zu bringen. Ich war nämlich so frei, einem Kollegen zu sagen, daß er meinem Chef was auf den Tisch legen soll. Wer den ganzen Tag durch die Gegend laufen und im Internet surfen kann, der kann auch ein wenig arbeiten. Auch wenn momentan wenig zu tun ist, heißt das nicht, daß ich alles mache. Mit dieser Meinung stehe ich alleine da. Gestern habe ich für meine Kollegin Vertretung gemacht. Für meinen Chef war das ein Zeichen, er hat erst um 10.30 Uhr mit der Arbeit angefangen. Im nächsten Leben werde auch ich ein Mann. Wenn es ein nächstes Leben gibt. Aber jetzt mal ernsthaft: eigentlich bin ich mit meinem Leben ganz zufrieden. So lange ich gesund bin und noch arbeiten gehen kann, ist alles in bester Ordnung. Im Moment könnte ich mich zwar verkriechen, weil ich meine Kopfschmerzen nicht los kriege und mein Auge noch immer tränt, aber sonst ist alles gut. In solchen Situationen möchte ich mich ganz einfach ins Bett legen und eine ganze Woche schlafen. Was ich auch machen würde, wenn mich das Pflichtbewußtsein nicht immer rufen würde. Aber bald habe ich ja Urlaub und dann können mich meine Mitmenschen 14 Tage lang gern haben. Ich weiß aber auch, daß ein Kollege per SMS wissen will, wie mein Urlaub denn ist. Das mag ja ganz nett sein, doch das kann man auch erzählen, wenn man wieder in der Firma ist. Aber der Typ kann nicht warten.

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2014-08-23 19:40