Nun eilt dieses Unglücksjahr seinem...
Nun eilt dieses Unglücksjahr seinem Ende zu! Was wir im letzten Halbjahr erlebt, läßt sich nicht beschreiben! Die Ereignisse der verschiedensten Art überstürzten sich, es blieb mir keine Zeit, meine kl. Erinnerungen niederzuschreiben! Und vielleicht ist es gut so! Wenn auch die großen Erlebnisse nie aus unserem Gedächtniß verschwinden werden --- viele kleine Kümmernisse versinken im Strom der Zeit und man vergißt sie! Oft, oft in diesen Monaten hatte ich das Gefühl, als könnte ich die mannigfache Sorgenlast nicht mehr ertragen, und müßte zusammenbrechen. Seit 19 Monaten bin ich ohne Dienstmädchen und zuweilen wochenlang ohne Stundenfrau. Ich stehe morgen um ½ 7 Uhr auf, zünde in 3 Oefen Feuer an, putze Flur, Büro u. Küche, hacke Holz, trage Kohlen etc. Es ist ein trauriges Alter und ich ersehne die Ruhe!

Unser l. Sohn hat nun den Entschluß gefaßt, Apotheker zu werden u. nebenher Chemie zu studieren! Gott gebe, daß diese Berufswahl ihm zum Segen gereiche. Bis jetzt hat er noch keine Lehrstelle gefunden und tritt am 1.1.20 in der hies. Apotheke als Eleve ein. ---
Vor einigen Tagen trat hier eine G.m.b.H. zusammen, welche unser Geschäft kaufen will; der Kaufakt soll nächste Woche getätigt werden. --- So treten wir mit einer gr. Aenderung unseres Lebens in das neue Jahr! Wäre nur m. Mann nicht so sehr nervös, sein aufgeregter Zustand macht uns viele trübe Stunden. Möge das Jahr 1920, in welches ich mit wenig Hoffnung eintrete, für uns Alle ein gesegnetes Jahr sein! Gott helfe weiter.