Eine folgenschwere Zeit, die wir jetzt durchleben! Mit Bangen liest man täglich die Heeresberichte! Seit dem Mißlingen unserer Offensive bei Reims hat das Kriegsglück uns verlassen! Es ist ein offenes Geheimniß, daß der Verrat eines deutschen Offiziers den Franzosen den Zeitpunkt des geplanten Angriffes preisgab – sie überraschten uns früher, als wir bereit waren und wir mußten weichen! Außerdem war die Entente, namentlich hier in der Rheinprovinz und in Elsaß-Lothringen, seit Wochen schon fieberhaft tätig! Tausende von Flugblättern wurden von Fliegern niedergeworfen, die zum Überlaufen einluden und zum Verrat aufforderten. Französische Spione, in der Kleidung deutscher Offiziere, sogar mit dem EK I, waren überall tätig, um das Volk zu verhetzen, aufzuwiegeln und ängstlich zu machen. – Hier im Saargebiet hat diese Hetzerei ihren Zweck völlig erreicht – nirgends im Reich ist die Flaumacherei, Mießmacherei und Unzufriedenheit größer, als hier! Der leichtsinnige, unbeständige Charakter der Rheinländer hat, vor allen anderen Stämmen versagt!
Das 8. rhein. Armeekorps ist daher schon seit längerer Zeit bekannt dafür, daß die Mannschaften überlaufen oder zurückgehen! Einige Regimenter, darunter die 69er und 29er, bildeten rühmliche Ausnahmen! Die beiden Trierer Regimenter wurden kürzlich im Felde von Hindenburg besucht und belobt, kurz nachdem Rudolf in Gefangenschaft geraten war. -   -
Nun haben wir also, seit gestern, den neuen Reichskanzler, Prinz Max von Baden, und das neue Demokratische Regierungssystem! Zentrum und Sozialdemokraten in lieblicher Vereinigung! – sind die führenden, die „Mehrheitsparteien“!!-
Mit Bangen richten sich unsere Blicke in die Zukunft, möge sie besser werden, als wir es unter diesen Verhältnissen, erwarten!! – Das Friedensangebot, welches die deutsche Regierung gestern an Wilson richtete, giebt so ziemlich alle Erfolge preis, die wir in diesem schrecklichen Ringen so tapfer erkämpft hatten! Der perfide Abfall Bulgariens drängte uns dazu, nochmals Frieden zu suchen. In Rumänien gärt es, Dank der Arbeit der Entente, auch bereits – die Türken unterliegen in den Kämpfen im Orient – so wären wir schließlich ganz allein! Bis jetzt haben wir die Westfront gehalten, wenn wir auch dem Feinde Gebiet überlassen mußten, - Gott gebe, daß der Friede für uns ein nicht erniedrigender werde! –

Die Leiden der Kriegszeit werden immer drückender! Die Ernte soll gut sein, doch werden auch für diesen Winter die Kartoffeln nur gegen Scheine ausgegeben, für jede Person 7 Pfund pro Woche! Wir erhalten von jetzt bis Anfang August nächsten Jahres 10 Ztr. für 3 Personen! Dies ist natürlich zu wenig und muß man für horrenten Preis, sich von den Bauern einige Zentner mehr erbetteln, welche heimlich mit eingebracht werden. – In jedem Monat haben wir jetzt eine fleischlose Woche, das ist eine wahre Kunst, ein nahrhaftes Essen zu liefern, weil auch keine Butter zu haben ist! Die Bauern haben Wucherpreise und geben sogar dafür wenig ab! Ich bezahle für ein Pfund Butter, 15 M!!
Die Lothringer Bauern kommen, um Butter gegen 5 Pfund Zucker, Zichorie oder Tabak zu tauschen, für Geld geben sie dieselbe nicht ab. – Die Not mit Schuhen hat jetzt ihren Höhepunkt erreicht.: Jede Person erhält jährlich nur einen Bezugschein für ein Paar Schuhe! Man geht in altem, geflicktem Schuhwerk, welches man früher längst weggeworfen hätte! Die Kleiderstoffe sind ganz verschwunden, Seide ist noch zu haben aber sehr teuer.-  

In den letzten Wochen hatten wir täglich Flieger, waren nachts oft dreimal aufgestanden und in unseren Unterstand geflüchtet.- Metz wurde aus einem franz. großen Geschütz beschossen! Viele Leute, auch unsere Verwandten, brachten ihre besten Möbel per Bahn fort! – Das Reisen ist jetzt sehr teuer, um 2teKlasse zu fahren, muß man Billet 1. Klasse nehmen und Zuschlag bezahlen. Dazu haben die meisten Züge stundenlange Verspätung,...